18 Autoren beschäftigen sich mit dem Islam, mit fundamentalistischen Tendenzen und ihren Folgen. Das neue Buch „Wer hat Angst vor dem Islam?“ wurde von dem Journalisten und Geschäftsführer des Christlichen Medienverbundes KEP, Christoph Irion, im SCM-Verlag herausgegeben. Es bietet einen weiten Horizont an Meinungen, Anknüpfungspunkten und Ideen, wie man mit dem Islam umgehen kann. Genau diese Weite macht das Buch aus. Gegliedert in vier Abschnitte zeigt das Buch gesellschaftspolitische Perspektiven auf. Es erklärt, wie man den Islam verstehen kann, wie Begegnungen mit Muslimen aussehen können und warum eine Rückbesinnung auf den christlichen Glauben so wichtig ist. Die Mischung an Autoren macht das Buch sehr heterogen. Manche von ihnen beschreiben die Ängste der Christen vor dem Islam, andere haben absolut keine Berührungsängste und schöpfen Kraft aus der Begegnung und dem Dialog.
Medien verzerren Wahrnehmung des Islam
Die kurzen Essays verdeutlichen, dass der Islam in den Medien oft verzerrt wiedergegeben wird. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Frank Heinrich macht sich Gedanken, wie Muslime und Christen zusammenleben können, obwohl theologische Positionen nicht miteinander vereinbar sind. Er plädiert dafür, zu den Unterschieden zu stehen, einander die Wahrheit zu bezeugen und gemeinsam die Wirklichkeit zu gestalten. Für die Journalistin Verena Birchler sind Wut und Angst schlechte Ratgeber. Christen müssten ganz normal mit ihrem eigenen Glauben umgehen, wünscht sie sich. Ein wirklich christliches Land habe auch Platz für Andersgläubige. Für den Islamwissenschaftler Thomas Schirrmacher ist es wichtig, friedliche Muslime zu schützen und gegen gewaltbereite Islamisten vorzugehen. Evangelikale mit Islamisten zu vergleichen sei absolut haltlos und absurd, da es weder evangelikale Terroristen noch Selbstmordattentäter gebe.Ein Blick hinter den Schleier
Einen Blick hinter den Schleier werfen im zweiten Kapitel Islam-Experten wie der Theologe Eberhard Troeger. Er erläutert die Grundidee des Islam und warum sich Politik und Religion im Islam in unterschiedliche Richtungen entwickelten. Er hält es für bedenklich, dass bis heute keine kritischen Anfragen an Mohammed in der islamischen Welt erlaubt sind und dass Muslime in Europa auf ein geistliches Vakuum stoßen. Die Islamwissenschaftlerin Miriam Holmer findet, dass Europäer Muslimen häufig überheblich begegneten und sie öfter nach deren Selbstverständnis fragen müssten. Das Zusammenleben von Christen und Muslimen fordere immer mehr Menschen heraus, meint Paul Murdoch. Er betont, dass es keinen gemeinsamen Nenner innerhalb der beiden Glaubensgebäude gibt, auch sei die islamische Scharia nicht kompatibel mit dem Grundgesetz. Für eine gute Nachbarschaft sei Klarheit vonnöten und die „konsequente Trennung von verfasster Religion und Staat“ müsse unerschütterlich dastehen. Der Apis-Vorsitzende Steffen Kern lädt zu einem Dialog ein, um die Chancen zu entdecken. Dieser Dialog frage nach der Wahrheit. Gemeinsames Beten sei allerdings nicht möglich. Es gehe darum, Unterschiede zu benennen und Signale zu setzen: Frieden und Vertrauen sind das Ziel aller Bemühungen für Kern. Auf der Basis des christlichen Glaubens ein respektvolles und friedliches Nebeneinander gestalten, möchte auch der Theologe und ehemalige Jugendpfarrer des Essener Weigle-Hauses Herbert Großarth. Es könne ja erst zu einer Verständigung kommen, wenn man verstanden hat. Die Begegnung mit Muslimen führe zwar meistens nicht zu Bekehrungen oder Taufen, aber „da passiert mehr, als offiziell nach außen dringt“.Manchmal ist weniger Mehr
Reinhard Holmer sieht in der derzeitigen Situation Deutschlands eine Chance und missionarische Herausforderung. Die Fehlentwicklungen bereits dort anzugehen, wo sie entstehen, fordert der im Frühjahr verstorbene freikirchliche Theologe Carsten Schmelzer. Eine Islamisierung des eigenen Landes sei dann zu fürchten, wenn die innere Struktur unseres Landes zerrüttet sei. Nicht der starke Islam, sondern das schwache Christentum sei das Problem. Wie das praktisch werden kann, empfiehlt Monika Deitenbeck-Goseberg. „Den anderen anstrahlen. Im Namen Jesu.“ Gerade die Begegnungen mit den Fremden seien von unschätzbarer Bedeutung. Die 18 Autoren werfen in ihren kurzen Essays jeweils viele weitere Fragen zum Weiterdenken auf. Vielleicht wäre hier weniger Mehr für den Leser gewesen. Dabei lässt es sich auch nicht vermeiden, dass immer wieder dieselben Themen, wie der Satz von Christian Wulff „Der Islam gehört zu Deutschland“ oder der Terroranschlag auf Charlie Hebdo, gestreift werden. Eines macht das Buch, das einiges an Hintergrundwissen zum Islam liefert, deutlich: Nur Dialog und wertschätzender Umgang können zum Nach- und Umdenken anregen. (pro)Christoph Irion (Hg.): „Wer hat Angst vor dem Islam: Beiträge zu einer aktuellen Debatte“, SCM Medien, 14,95 Euro, 208 Seiten