Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) und Facebook haben sich auf eine Strategie zum schnelleren Löschen von „Hassbotschaften“ verständigt. Kritiker sehen durch diese Maßnahmen die Meinungsfreiheit gefährdet.
Von PRO
Foto: Screenshot pro/SPD Saarland
Justizminister Heiko Maas (SPD) sieht Facebook in der Pflicht, Inhalte schneller zu löschen, die von Nutzern als fremdenfeindlich eingestuft werden
Bundesjustizminister Heiko Maas traf sich am Montag in Berlin mit Vertretern von Facebook, um zu klären, wie rassistische Kommentare und „Hassbotschaften“ sowie andere strafrechtlich relevante Inhalte schneller und konsequenter aus dem sozialen Netzwerk gelöscht werden können. Ergebnis der Gespräche ist die Gründung einer Arbeitsgruppe, der sowohl Internetanbieter als auch zivilgesellschaftliche Organisationen angehören sollen. Ein Vertreter der Firmenleitung von Facebook in Europa, Richard Allen, erklärte laut der Deutschen Presse-Agentur (dpa), Debatten auf Facebook müssten „innerhalb vernünftiger Grenzen“ verlaufen.
Facebook hatte bereits eigene Maßnahmen angekündigt, um die Verbreitung sogenannter Hassbotschaften hauptsächlich im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise einzudämmen. Der amerikanische Internetkonzern stand in den vergangenen Wochen immer wieder in der Kritik, weil von Nutzern als anstößig gemeldete Einträge mit Verweis auf die Meinungsfreiheit nicht oder nicht schnell genug gelöscht worden waren. Nun will Facebook mit Hilfe internationaler Experten eine Kampagne für „Gegenargumentation zu Rassismus und Fremdenfeindlichkeit“ fördern. Außerdem sei eine Kooperation mit der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia (FSM) geplant. Weiterhin angewiesen ist Facebook auf Nutzer, die Inhalte, die sie für anstößig halten, melden.
Das Netzwerk beschäftigt nach eigenen Angaben deutsche Muttersprachler an seinen Standorten in Irland oder Indien, die gemeldete Beiträge prüfen. In der Vergangenheit wurden viele von anderen Nutzern gemeldete Beiträge nicht gelöscht. In den Richtlinien von Facebook heißt es laut dpa: „Wir entfernen explizite Inhalte, wenn sie zum sadistischen Vergnügen oder zum Verehren oder Verherrlichen von Gewalt geteilt werden.“ Außerdem lösche Facebook „sämtliche Hassbotschaften“. Damit seien Inhalte gemeint, durch die Menschen aufgrund ihrer Rasse, Herkunft, Religionszugehörigkeit oder sexuellen Orientierung direkt angegriffen werden.
Linke Gruppen sollen Facebook beraten
Facebook blieb nach einem Bericht von Zeit Online bei seinen Zusagen hinter Maas’ Forderungen zurück. So hatte der Bundesjustizminister vorgeschlagen, problematische Einträge binnen 24 Stunden zu entfernen. Außerdem solle der US-Konzern ein deutschsprachiges Moderatoren-Team innerhalb Deutschlands aufbauen, um Beschwerden deutscher Nutzer schnell bearbeiten zu können. „Die Gemeinschaftsstandards von Facebook verbieten bereits Hassrede gegen geschützte Gruppen und die Aufforderung zu Gewalt gegen andere”, teilte das Unternehmen laut bild.de mit.
Zu den zivilgesellschaftlichen Organisationen, mit denen Facebook zusammenarbeiten will, gehört nach Medienberichten etwa das gemeinnützige Bündnis „Netz gegen Nazis“. Hinter dem Aktionsbündnis steht die linke „Amadeu Antonio Stiftung“. Die Stiftung setzt sich zum einen gegen Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus ein, zum anderen auch gegen „Homo- und Transphobie“ und beklagt, dass die „Demos für alle“ und die „Initiative Familienschutz“ nicht vom Verfassungsschutz beobachtet werden.
Journalistin: „Verfassung wird umgangen“
Die Journalistin Bettina Röhl kritisierte im Online-Magazin Tichys Einblick, mit den von Maas und Facebook beschlossenen Maßnahmen würden die Grundrechte der Verfassung umgangen. „Plötzlich entscheiden nicht mehr Gerichte darüber, ob eine Äußerung überhaupt rechtswidrig, strafbar ist, sondern private Sicherheitsdienste“, kommentierte sie. Röhl sprach sich dafür aus, strafbare Kommentare und Beleidigungen schnell zu löschen, dabei müsste allerdings auch in die linksradikale und die islamistische Richtung geblickt werden.
Röhl befürchtet die Einführung eines Denunziantenrechts, bei dem nicht vernünftig zwischen problematischen Aussagen differenziert werden könne. Sowohl die Aussage „Deutschland muss sterben“ als auch „Ausländer raus“ seien in der Vergangenheit vom Bundesverfassungsgericht der zulässigen Meinungsfreiheit zugeordnet worden. „Den Terminus ‚Hass-Kommentar‘, eines der vielen verdächtigen Modewörter, kennt weder das Grundgesetz noch das Strafgesetzbuch“, analysierte Röhl. „Hass, Angst, Wut und Sorge sind per se weder verbietbar noch verboten.“
Grüne wollen Facebook-Überwachung durch Europol
Die Grünen im Europaparlament fordern indes die Einrichtung einer Abteilung in der europäischen Polizeibehörde Europol, die Foren und soziale Netzwerke wie Facebook systematisch durchsucht. Der innenpolitische Sprecher der Grünen im Europaparlament, Jan-Philipp Albrecht, forderte in diesem Zusammenhang eine wirksame Strafverfolgung auch über Grenzen hinweg.
EU-Digitalkommissar Günther Oettinger (CDU) will Internetkonzerne für ihre Inhalte haftbar machen. Für Fernsehsender gebe es bereits derartige Regeln, sagte er der Zeitung Handelsblatt. „Wir müssen nun überlegen, ob einige Vorschriften auf neue Dienste und Plattformen im Internet ausgeweitet werden können.“ Entsprechende Vorschriften wolle er in die in Kürze zu überarbeitende Richtlinie für audiovisuelle Medien einfügen. (pro)
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