„Das Paradies, die Sintflut, Sodom und Gomorrha… gibt es das wirklich?“, fragt das Titelbild der April-Ausgabe von „National Geographic Deutschland“. Es ist das Magazin der National Geographic Society, einer der größten gemeinnützigen Wissenschaftsorganisationen weltweit. Nach eigener Angabe erreicht das deutschsprachige Magazin pro Monat rund 1,2 Millionen Leser.
Der Buchautor und Journalist Christian Schüle berichtet über die wichtigsten Theorien über den Garten Eden. Schüle, der Philosophie und Theologie studiert hat, begab sich dafür selbst auf die Spuren der biblischen Geschichte vom Garten Eden in den Nahen Osten und sprach mit Archäologen und Bibelwissenschaftlern. „Ob wir die Bibel nun mögen oder nicht – unsere ‚Leitkultur‘ hat dort ihre Basis“, schreibt Chefredakteur Klaus Liedtke im Vorwort.
„Neue Erkenntnisse“ verspricht das Magazin. Gab es das Paradies? Gibt es den Ort noch? Wenn ja, wo?, fragt sich Schüle. Er schildert etwa die Geschichte des englischen Archäologen David Rohl, der vor zehn Jahren verkündete, das ehemalige Paradies im heutigen Iran gefunden zu haben. Eher skeptisch behandelt Schüle den Anspruch der Bibel, die Wahrheit verkünden zu wollen.
Assyriologe: die Bibel hat nur abgeschrieben
Der Journalist schenkt dem deutschen Assyriologen Friedrich Delitzsch mehr Glauben, der 1902 die Theorie aufstellte, dass die Bibel im Grunde nur Erzählungen wiederverwerte, die viel älter als sie selbst seien, wie etwa den Gilgamesch-Epos. Der „National Geographic“-Autor schreibt: „Vieles spricht dafür.“ Und nachdem eine Textstelle aus dem Gilgamesch-Epos als Beispiel herangezogen wird, die dem biblischen Bericht vom Paradies nicht unähnlich ist, stellt der Autor fest: „Friedrich Delitzsch hatte recht.“
Norbert Buchner, ehemaliger Professor für Verfahrenstechnik, lag nach Meinung des Autors noch näher dran: sein Paradies liegt in der Bucht von Bandar Abbas, im Süden des Iran. „Buchner ist kein Abenteurer wie David Rohl“, schreibt Schüle. Vom Wahrheitsgehalt der alttestamentarischen Geschichten hielt auch Buchner nicht viel. „Die ersten Menschen müssten wirklich dämlich gewesen sein, wenn sie vor etwa 50.000 Jahren aus Ostafrika kommend an diesem idealen Refugium vorbeigelaufen wären“, schrieb der Professor.
„Schöpfungsbericht ausschließlich kulturell gelesen“
Auch Bibelarchäologe Wolfgang Zwickel von der Universität Mainz liest den Schöpfungsbericht „ausschließlich kulturell“. Der Begriff Eden ist seiner Ansicht nach nicht eine Stadt, ein Tal oder ein Ort, sondern vielmehr die Bezeichnung für einen landschaftlichen Großraum, den es an verschiedenen Orten gab.
„Das Wort Paradies stammt aus dem Altpersischen und bedeutet frei übersetzt ‚ein gefriedeter Garten'“, lernt der Leser. Erklärt wird auch, wie der Apfel in die Geschichte vom Sündenfall kam. Dort wird nämlich eigentlich nur von einer „Frucht“ gesprochen. Das lateinische Wort „malum“ kann aber zum einen „das Böse “ heißen, zum anderen aber auch „der Apfel“. Ein Übersetzungsfehler im 4. Jahrhundert ist wohl schuld daran, dass wir allgemein die verbotene Frucht von Adam und Eva mit einem Apfel gleichsetzen.
„National Geographic Deutschland“ stellt in der kommenden Magazin-Ausgabe die Theorien über die Sintflut vor. Es folgen die Themen „Sodom und Gomorrha“, „Babylon – Das Tor Gottes“, „Der Auszug aus Ägypten“, „Die Schlacht von Jericho“, „David gegen Goliath“ und „Die Bundeslade“. (PRO)