Der Zorn entlädt sich auch in den sozialen Netzwerken wie "Facebook". Wie die Tageszeitung "taz" meldet, hat die Nutzerin Birte Müller dort ein Foto von sich und ihrem kleinen Sohn, der unter dem Downsyndrom leidet, eingestellt. Darunter hat sie den Eintrag verfasst: "Du bist so viel klüger als diese doofe Otriven-Werbung." Das Pharmaunternehmen hatte die Werbung mit dem englischen Originaltitel "You look dumber with your mouth open" auch auf "Facebook" angekündigt.
Geschmacklos und diskriminierend
In beiden kritisierten Werbespots sind Menschen zu sehen, die sichtlich mit einer verstopften Nase zu kämpfen haben. Ein Mann an einer Bushaltestelle, dem die Kinnlade nach unten hängt, bekommt seinen offenen Schnürsenkel von einer Frau gebunden, die ihn sichtlich irritiert anschaut. Ein weiterer Spot zeigt, wie eine Grundschullehrerin Bastelscheren verteilt. Bis auf das kleine Mädchen, mit offenem Mund, das mit einer Plastikschere vorlieb nehmen muss, bekommen alle eine "richtige" Schere.
Beide Einblendungen enden mit dem Spruch: "Mit Mund auf siehst du dümmer aus." Als Rückschluss bedeutet dies: Entweder bekommt man aufgrund seines Aussehens nur eine kleine Schere oder eben die Schuhe von jemandem gebunden. Die "Facebook"-Gemeinde sieht darin eine deutliche Diskriminierung von Behinderten. Insbesondere Menschen mit Down-Syndrom hätten durch die genetische Disposition Probleme mit dem Mundschluss. Auf der "Facebook"-Seite des Unternehmens sind Kommentare wie "Würdelos. Unbedacht. Pietätlos" und "hochgradig verletzend" zu lesen.
Preisgekrönter Spot
Der Hersteller entschuldigte sich und nahm die Clips von seiner eigenen Seite. Im Internet kursieren die Videos freilich noch immer. Der Spot solle "mit einem Augenzwinkern auf die befreiende Wirkung von Otriven aufmerksam machen", heißt es auf der Internetseite von "Werben & Verkaufen". Der Filmclip stelle eine Situation dar, die jedem, der einmal Schnupfen hatte, vertraut sei. Die Diskriminierung von Menschen mit Downsyndrom sei nie beabsichtigt gewesen. Zwar haben sie niemanden beleidigen wollen, so das Unternehmen, jedoch nehme man sich die Kritik zu Herzen und lösche die Filme.
Besonders makaber ist, dass der Werbespot und die dazugehörige Kampagne der Schweizer Agentur Saatchi & Saatchi beim Werbefestival in Cannes im vergangenen Juni mit einem Goldenen Löwen ausgezeichnet wurde. (pro)