Nachwuchssorgen bei den „Bräuten Christi“

Eine Auszeit im Kloster zu nehmen, liegt im Trend. Doch nur wenige Gläubige treten dauerhaft in einen Orden ein. Der SWR hat Gäste eines Klosters begleitet – und eine junge Frau, die eine „Braut Christi“ wird. Eine Rezension von Jonathan Steinert
Von PRO
Susanne (li., mit Schwester Scholastika) geht für eine Woche ins Kloster, um Gott besser kennenzulernen
Susanne und Daniela möchten eine Auszeit nehmen. Eine Woche leben und arbeiten sie bei den Ordensschwestern im Benediktinerkloster St. Lioba in Freiburg. Sie nehmen auch an den täglichen Exerzitien und Gebeten teil. Eine Zeit der Besinnung, der neuen Orientierung für den weiteren Lebensweg, der Entschleunigung. Der SWR begleitet in der Reportage „Auszeit im Kloster – Balsam für die Seele“ die zwei Frauen bei ihrem einwöchigem Aufenthalt im Kloster. „Ich liebe Gott. Und ich möchte einfach wissen, wie kann ich ihm näherkommen, wie kann ich ihn besser kennenlernen“, sagt Susanne. Das Kloster als Ort der Besinnung und der vorübergehenden Auszeit wird immer beliebter. Mehr und mehr Klöster öffnen ihre Türen, damit andere Menschen eine Zeit lang dort leben können. „Es scheint, dass Klöster vom Abseits zu einem Zentrum der geistlichen und körperlichen Regeneration werden“, heißt es in dem Beitrag. Jedoch entscheiden sich nur wenige Menschen dafür, dauerhaft in eine Ordensgemeinschaft einzutreten und im Kloster zu leben. Klöster haben ein Nachwuchsproblem, konstatiert der Beitrag. Gott ernsthaft zu suchen ist das einzige Kriterium, um in den Orden aufgenommen zu werden, erklärt eine der Schwestern. Die 36-jährige Barbara geht diesen Schritt. Sie heirate im Grunde den lieben Gott, habe ihr eine ältere Schwester gesagt. Der Film zeigt die Zeremonie, bei der sie als Novizin eingekleidet wird. Mit schwarzem Gewand und weißer Haube beginnt sie ein neues Leben als „Braut Christi“ und bekommt einen neuen Namen. Sie heißt nun Schwester Maria Lucia. Was ihre genaue Motivation ist und welche geistlichen Inhalte ihr wichtig sind, wird im Beitrag nicht deutlich. Doch sie wisse, im Kloster den richtigen Platz für ihr Leben gefunden zu haben. Kinobesuche und Kneipentouren hätten sie nicht erfüllt. Dass sie in der Gemeinschaft mit den alten Schwestern Erfüllung finde, wundere sie manchmal selbst. Aber ein anderes Leben könne sie sich nicht mehr vorstellen.

„Kirche bemüht sich um Vertrauen“

Der Beitrag zeigt noch weitere Angebote der Klostergemeinschaft, die offen sind für Besucher. So können Gäste in einem Seminar an den Feierlichkeiten zwischen Gründonnerstag und Ostern teilnehmen. Sie zünden Kerzen an, flechten Kreuze aus Zweigen und Blumen, nehmen an Gottesdiensten teil und arbeiten Anliegen aus dem Alltag auf. Andere kommen regelmäßig zu einem Kurs für spirituelles Tanzen hierher. Die persönlichen Gespräche zwischen den Besuchern und den Ordensschwestern sind bei diesen Angeboten wesentlich. „Statt Abgeschiedenheit Austausch und Kommunikation“, stellt der Beitrag fest. Darin sehen die Autoren das Bemühen der Katholischen Kirche, Vertrauen wiederzugewinnen, das sie durch Skandale wie die Missbrauchsfälle und teure Bauvorhaben verloren habe. Als „spirituelles Wellness-Hotel“ will die Priorin, Schwester Scholastika, das Kloster nicht verstehen. Wer hierher kommt, sei oft auf der Suche nach dem „Mehr“, das das Leben ausmacht. Die Menschen von heute seien häufig getrieben vom Alltag. Das schränke die persönliche Freiheit ein. Viele spürten, dass ihnen etwas fehle, dass es etwas undefinierbares Bleibendes geben müsste. Diesen Sehnsüchten möchte die Priorin Raum geben. Der Beitrag zeigt: Die Tage der Gäste mit den Schwestern können „zu einer intensiven Selbsterfahrung“ werden, weil sie sich mit Fragen konfrontieren, auf die es keine einfachen Antworten gibt – wie der Umgang mit Leid, das Lieben und Verzeihen, wie Jesus es tat.

Wo Gott normal ist

Der SWR-Beitrag setzt sich respektvoll mit dem Klosterleben und den Sehnsüchten der Menschen, die hierher kommen, auseinander. Der Zuschauer hört den zittrigen Gesang der Schwestern während der Exerzitien und das etwas träge Orgelspiel, nimmt teil am 87. Geburtstag einer der Schwestern. Er sieht, mit welchem Elan die Frauen mit grauem Haar und Ordenstracht die Texte des Heiligen Benedikt auslegen und wie Gäste hier einen Ort finden, an dem sie innerliche Kraft schöpfen. Der Zuschauer erfährt auch, dass das Klosterleben nicht nur „Entsagung und Kasteiung“ bedeutet, sondern dass Feste und die Gemeinschaft eine wichtige Rolle spielen. „Das geistliche Leben ist auf ein Miteinander angelegt“, erklärt Schwester Felicitas. „Für euch ist Gott normal“, habe einmal eine Besucherin festgestellt. Dass im Kloster nicht zwischen Arbeit, Kirche und Familie getrennt wird, sei für viele eine neue Erfahrung. Hier erlebten die Gäste: „Gott ist da, wo ich selber bin.“ Dass Klöster ein Ort der Ruhe und Besinnung sind, wird auch an der Filmsprache deutlich. Mit langen Einstellungen, gedeckten Farben und sparsamen Bewegungen im Bild transportiert der Film die Klosteratmosphäre zum Zuschauer. (pro)
https://www.pro-medienmagazin.de/fernsehen/detailansicht/aktuell/die-singende-nonne-und-die-medien-88321/
https://www.pro-medienmagazin.de/film/detailansicht/aktuell/warum-geht-jemand-ins-kloster-86856/
https://www.pro-medienmagazin.de/journalismus/detailansicht/aktuell/zwoelf-priester-auf-zwoelf-seiten-80333/
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