„Nachrichtenmanipulation“? Streit über Nahost-Berichte von ARD und ZDF

H a m b u r g (PRO) - Die Chefredakteure von ARD und ZDF haben am Montag die Kritik des Vizepräsident des Zentralrats der Juden, Salomon Korn, an der Berichterstattung ihrer Sender über den gegenwärtigen Konflikt zwischen Israel und der Hisbollah zurückgewiesen. Korn sagte dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel", in den Fernsehbildern seien Israelis meist nur die Täter und die Libanesen nur die Opfer.
Von PRO

ARD und ZDF warf der Zentralrats-Vize Einseitigkeit in der Berichterstattung über den aktuellen Nahostkonflikt vor. „Es wird so getan, als hätte der Konflikt mit der Entführung der zwei israelischen Soldaten begonnen. Dabei gibt es den Beschuss Israels durch Raketen aus dem Libanon schon seit vielen Jahren. Aber das wird nicht erwähnt, und so erscheinen die israelischen Angriffe dann als Überreaktionen“, sagte Korn. Zudem werde „nirgends“ erwähnt, „dass die Hisbollah eine Terrororganisation ist und dass sie einen demokratischen Staat angegriffen hat. Beide werden in den Nachrichten unzulässigerweise auf eine Stufe gestellt.“

„Kritik nicht gerechtfertigt“

Thomas Baumann, Chefredakteur der ARD, und ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender weisen die Kritik in einer am Montag veröffentlichten gemeinsamen Stellungnahme zurück. „Der Vorwurf einseitiger Berichterstattung ist nicht gerechtfertigt. ARD und ZDF gehen in ihren Nachrichtensendungen stets auf beide Seiten ein. Unsere Korrespondenten erwähnen und zeigen die Opfer auf beiden Seiten. Der Eindruck von Herrn Korn, Israel werde vor allem als Angreifer gezeigt, könnte daran liegen, dass es sich bei diesem Krieg um einen asymmetrischen Konflikt handelt. Eine reguläre Armee steht einer bewaffneten Miliz gegenüber“, schreiben die Chefredakteure.

Die israelische Armee lade zudem Berichterstatter ein, über ihre Angriffe zu berichten. „Von den Raketen-Angriffen der Hisbollah gibt es nur Bilder über die Einschläge und die Opfer im Norden Israels. Die aber nehmen in unserer Berichterstattung, anders als von Herrn Korn kritisiert, einen breiten Raum ein. Ebenso zeigen wir natürlich die Bilder von Opfern israelischer Angriffe in Beirut und im Südlibanon.“

Es könne nicht Aufgabe von ARD und ZDF sein, wegen der „Asymmetrie dieses Krieges“ Bilder, über die sie verfügten, bewusst zurückzuhalten. „Das wäre Nachrichtenmanipulation“, so Baumann und Brender weiter.

In Sondersendungen habe zudem die Argumentation der israelischen Regierung einen breiten Raum eingenommen, immer wieder seien alle Facetten des Konflikts beleuchtet worden. „Gerade weil wir die Hintergründe und die Opfer auf beiden Seiten immer wieder zeigen, hat z. B. der Vorsitzende der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen, Michael Fürst, in dieser Woche ausdrücklich die ausgewogene Berichterstattung der öffentlich-rechtlichen Sender in einem NDR-Interview gelobt“, heißt es in der ARD/ZDF-Stellungnahme.

Nach Kritik bereits „ausgewogenere“ Berichte?

Laut einem Bericht der Online-Ausgabe der „Bild“-Zeitung habe sich die Berichterstattung von ARD und ZDF inzwischen verändert. Unter Berufung auf neue Zahlen von des Forschungsinstitutes „Media Tenor“ berichtet „Bild Online“: „‚Obwohl sich die Ereignislage nicht dramatisch verändert hat, wurde über die Angriffe der Hisbollah und deren israelische Opfer ausgiebiger berichtet als zuvor'“, so Christian Kolmer, Studienleiter bei Media Tenor. In der Tagesschau etwa habe sich der Anteil von Bildern israelischer Opfer auf 16 Prozent erhöht. In den beiden vorangegangenen Wochen waren es laut Studie noch 5,5 Prozent.“

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