Katholiken attackieren Evangelikale: Sektenähnliche Strukturen

Der Leiter des Fachbereichs Sekten- und Weltanschauungsfragen der Erzdiözese München und Freising, Axel Seegers, hat evangelikalen Christen und Gemeinden sektenähnliche Strukturen unterstellt. "Ich kann aus einer solch engen Gemeinschaft nicht einfach austreten - ich muss aussteigen", so der Katholik in der "Süddeutschen Zeitung".
Von PRO

In einem Bericht der Münchener Tageszeitung widmet sich Autorin Laura Weißmüller in der aktuellen Ausgabe den Evangelikalen. „Viele Jugendliche suchen ihr Heil in evangelikalen Gruppen. Hinter der betont lockeren Hülle der Alternativkirchen steckt jedoch oft ein fundamentalistischer Kern“, meint die „SZ“-Autorin.

„Ich muss aussteigen“

Gerade „klare Orientierungshilfen“ seien für manche Jugendliche heute verlockend, wird Seegers in der „SZ“ zitiert: „Es gibt Leute, für die wird die Freiheit zur Belastung und sie entscheiden sich deswegen für die Flucht in solche Gemeinschaften, die ihnen Sicherheit und einfache Strukturen bieten.“ Unter evangelikalen Jugendlichen und Gruppen sei ein „ganz normaler gruppendynamischer Prozess“ zu erkennen. „Gefährlich werde es erst, wenn man sich von seinem früheren Umfeld abspalte. Dann kann es in Krisenzeiten wie etwa einer ungewollten Schwangerschaft passieren, dass man plötzlich ganz auf sich alleine gestellt ist, erklärt Seegers: ‚Ich kann aus einer solch engen Gemeinschaft nicht einfach austreten – ich muss aussteigen.’“

Der katholische Hochschulpfarrer an der TU München pflichtet dem Sektenbeauftragten bei. „Sie besitzen ein voraufklärerisches, dualistisches Weltbild“, erklärt Michael Seitlinger, der die Seelsorge an der TUM betreut, und kritisiert bei Evangelikalen ein „strenges Regelwerk mit den holzschnittartigen Maßstäben: ‚Die Erlösten und die Nichterlösten sind bei ihnen klar definiert. Ebenso, was man machen muss, um zu den Erlösten zu gehören, steht genau fest.’“

Kirchen in Not: Jugendliche suchen woanders

Dabei sind die Äußerungen des katholischen Sektenbeauftragten Seegers und des Hochschulpfarrers über evangelikale Christen nur ein kleiner Aspekt in einem Artikel, der konservative Glaubensüberzeugungen und junge, moderne Menschen nicht recht in Einklang bringen kann. Bei Jugendgruppen und modernen Gottesdiensten evangelikaler Christen „trügt“ der erste Eindruck, so „SZ“-Autorin Weißmüller. „Mögen Homepages mit Videoclips in MTV-Ästhetik, Ansagen wie ‚Online mit Gott’ oder Predigten als Podcasts zum Herunterladen eine moderne Form des Glaubens suggerieren, die hier vertretenen Inhalte sind meist umso konservativer, zum Teil sogar fundamentalistisch. Denn wer die Bibel wörtlich nimmt, hat für Abtreibung oder Homosexualität kein Verständnis. Das zeigte etwa das geplante Kursangebot des evangelikalen Jungchristenkongresses ‚Christival“’: Dort standen die Seminare ‚Sex ist Gottes Idee – Abtreibung auch?’ und ‚Homosexualität verstehen – Chancen zur Veränderung’ auf dem Programm. Nur aufgrund massiver Proteste fand das Seminar über Homosexualität nicht statt.“

Bei allem „Fundamentalismus“ – evangelikale Gemeinden wachsen, stellt Weißmüller fest. Denn Jugendliche hätten laut der „Sinus-Milieustudie U27“ eine große Sehnsucht nach Spiritualität und ihre Suche nach dem Sinn im Leben sei stärker denn je. Doch die Studie offenbare noch mehr: Dass sich Jugendliche im Alter von 14 bis 27 Jahren dabei von den großen Kirchen nicht angesprochen fühlten.

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