Nach Newtown-Attentat: Die Frage nach dem Warum

Nach dem erschütternden Attentat an einer Grundschule im US-Bundesstaat Connecticut am Freitag stellen sich viele Menschen verzweifelt die Frage nach dem Grund. Zahlreiche Geistliche versuchen nach dem Attentat Trost zu spenden.
Von PRO

Der 20-Jährige Adam Lanza tötete am vergangenen Freitag in der Sandy-Hook-Grundschule in Newtown zwölf Mädchen und acht Jungen zwischen sechs und sieben Jahren. Bei den getöteten Erwachsenen handelt es sich ausschließlich um Frauen. Newtown ist eine Kleinstadt mit rund 27.000 Einwohnern. Der Täter wird beschrieben als intelligent und sehr zurückgezogen. Manche Experten vermuten, dass er am Asperger-Syndrom gelitten haben könnte, einer schwachen Form des Autismus.

US-Präsident Barack Obama will am heutigen Sonntag zu einem Gottesdienst nach Newtown kommen.  Noch am Freitag sagte er in einer Ansprache: "Unsere Herzen sind heute zerbrochen. Wir haben in den vergangenen Jahren zu viele solcher Tragödien erleben müssen." Er zitierte zudem Psalm 147,3: "Er heilt, die zerbrochenen Herzens sind, und verbindet ihre Wunden."

Der Vater des Todesschützen, Peter Lanza, veröffentlichte am Samstag eine Stellungnahme, in der es heißt: "Unsere Herzen fühlen mit den Familien und den Freunden, die geliebte Personen verloren haben und mit all jenen, die verletzt wurden." Er fügte hinzu: "Unsere Familie trauert mit allen, die von dieser großen Tragödie beeinflusst wurden. Wir versuchen, Antworten zu finden. Auch wir fragen uns: Warum?"

Wer ist schuld: Die Waffengesetze oder das Böse?

"Es ist einer der schrecklichsten Alpträume, den sich Eltern überhaupt vorstellen können: Sie stehen vor der Grundschule, um ihre Söhne und Töchter abzuholen. Heraus kommt die Polizei, die erklärt, dass ihr Kind tot sei. Erschossen, von einem Attentäter", heißt es in einem Kommentar zum Attentat in der "Süddeutschen Zeitung". Die Zeitung berichtet, dass der Gouverneur von Connecticut, Dan Malloy, sagte: "Das Böse hat heute unsere Gemeinde heimgesucht." Die Tageszeitung "Die Welt" zitiert eine Mutter und Schulbusfahrerin, die ausdrückt, was viele denken, mit den Worten: "Wie konnte das passieren? Die Welt ist nicht sicher, nirgends ist man sicher. Das Böse ist überall."

Die Präsidentin des Nationalen Kirchenrates der USA, Kathryn Lohre, sagte laut einer Meldung des "Evangelischen Pressedienstes" (epd), es sei für Theologen und Pastoren unmöglich, Tragödien wie die in der Sandy-Hook-Grundschule zu erklären. Doch Christen suchten Trost in ihrem Glauben, dass "unser Gott ein Gott der Liebe ist, und dass auch das Herz von Gott gebrochen ist". Lohre verwies zugleich auf erfolglose kirchliche Bemühungen, die US-amerikanischen Schusswaffengesetze zu verschärfen. Auch der Dekan der Washingtoner Nationalkathedrale, Gary Hall, beklagte, das in den Vereinigten Staaten vorherrschende "politische Klima" habe Maßnahmen gegen Schusswaffengewalt bisher verhindert. Die Verfassung garantiert US-Bürgern fast uneingeschränkt das Recht, solche Waffen zu besitzen.

Papst Benedikt XVI. hat den Amoklauf in einer US- Grundschule als "sinnlose Tragödie" bezeichnet. Er übermittelte in einem Telegramm an das Bistum Bridgeport in Connecticut seine tiefe Trauer, wie der Vatikan am Samstag mitteilte. Er bitte Gott, die Trauernden zu trösten. Wie die "Catholic News Agency" berichtet, sagte Brian Wallace, Chef der Presseabteilung der Diözese, Priester der St. Rose-Gemeinde seien derzeit sehr aktiv, um den Hinterbliebenen zu helfen. "Wenige Minuten nach dem Attentat war Pastor Bob Weiss vor Ort, um den Familien zu helfen. Die Geistlichen der Gemeinde besuchten Verletzte in den Krankenhäusern. Er informierte sofort andere Pastoren der Gemeinde, die ihm halfen." Das Attentat habe auch sie zutiefst verstört. Monsignore Jerald A. Doyle von der Diözese versprach, dass die Gemeindemitglieder für die Hinterbliebenen beteten.

Gottes Sohn ebenfalls umgebracht

In der Online-Zeitung "Huffington Post" schrieb der Jura-Professor von der Universität St. Thomas, Mark Osler, in einem Kommentar: "Wie konnte das passieren? Manche werden das Böse verantwortlich machen, das in dem Todesschützen steckte. Und sie haben natürlich Recht. Andere werden die Waffen dafür verantwortlich machen. Und auch sie haben Recht." Doch die amerikanische Gesellschaft sei vernarrt in die Idee der Rache, so Osler. Die Unterhaltungsindustrie nutze immer wieder dieses Element. "Wie viele Filme zeigen, wie der Held zurückschlägt? Was glauben wir wohl, was passiert, wenn eine psychisch kranke Person lernt, dass es das Beste für einen Mann ist, diejenigen zu erschießen, die ihn schlecht behandelt haben?" Das Attentat von Newtown sei die Frucht dieser Kultur der Rache. Diese stehe aber im Gegensatz zu Religion. Die religiösen Führer hätten versagt, Vergebung zu lehren. "In unserem Bemühen, Homosexuelle oder Immigranten, Konservative oder Liberale anzuklagen, haben wir es versäumt, eine Nation des Glaubens zu den Werten des Glaubens zu führen." Weiter schreibt  Osler: "Wir haben ein Vakuum hinterlassen, und das haben Filmemacher, das Fernsehen und eine giftige politische Kultur gefüllt."

Der katholische Pastor James Martin veröffentlichte in der "Huffington Post" ein Gebet mit dem Namen "Wo warst Du, Gott?" Darin heißt es: "Wir ertragen es nicht, wenn so viele Menschen getötet werden. Wir ertragen es nicht, wenn Kinder getötet wetrden. Warum ist die Welt so?" Weiter heißt es: "Aber wir wissen, dass Du, Gott, weißt, wie das ist, wenn das eigene Kind stirbt. Denn Dein Sohn starb einen grausamen Tod. Wir wissen, dass Dein Sohn Schmerz kennt. Und wir wissen, dass Dein Sohn Lazarus von den Toten auferweckt hat. Und dass Du Deinen ermordeten Sohn vom Tode erweckt hast, als Zeichen für das ewige Leben, das Du für uns vorgesehen hast." (pro)

Helfen Sie PRO mit einer Spende
Bei PRO sind alle Artikel frei zugänglich und kostenlos - und das soll auch so bleiben. PRO finanziert sich durch freiwillige Spenden. Unterstützen Sie jetzt PRO mit Ihrer Spende.

Ihre Nachricht an die Redaktion

Sie haben Fragen, Kritik, Lob oder Anregungen? Dann schreiben Sie gerne eine Nachricht direkt an die PRO-Redaktion.

Offline, Inhalt evtl. nicht aktuell

PRO-App installieren
und nichts mehr verpassen

So geht's:

1.  Auf „Teilen“ tippen
2. „Zum Home-Bildschirm“ wählen