Update

Nach EKD-Missbrauchsstudie: Castellucci kritisiert Familienministerin

Der SPD-Kirchenpolitiker Lars Castellucci wirft Familienministerin Lisa Paus Untätigkeit in Sachen Missbrauchsaufarbeitung vor. Anlass ist die Veröffentlichung einer Studie zu derlei Verbrechen innerhalb der evangelischen Kirche.
Von Anna Lutz
Lars Castellucci

Der kirchenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion übt harte Kritik an Familienministerin Lisa Paus (Grüne). Anders als bei Regierungsantritt angekündigt kümmere sie sich nicht ausreichend um die Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs. Das geht aus einem Schreiben Castelluccis an die Ministerin hervor, über das die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) am Dienstag berichtete.

„Wir haben uns im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, dem Thema mehr Aufmerksamkeit zu schenken und die staatlichen Institutionen zu stärken“, zitiert die Zeitung aus dem Brief. Und weiter: „Bis heute warten wir auf eine Initiative aus Ihrem Haus.“ Damit spricht Castellucci, der auch Vorsitzender des Innenausschusses im Bundestag ist, die geplante Einführung eines Unabhängigen Beauftragten der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs sowie eines individuellen Rechts auf Aufarbeitung an. Ein Entwurf dazu befinde sich erst noch in Abstimmung zwischen den Ressorts. Und das, obwohl die Zeit laut Castellucci drängt: „Betroffene und Täter versterben, Taten verjähren, Akten verschwinden.“

„Es reicht nicht, Betroffenheit zu äußern“

Anlass für Castelluccis Kritik ist offenbar die jüngste Veröffentlichung der Evangelischen Kirche in Deutschland zu Missbrauchsfällen in den eigenen Reihen. Es mangele an methodischen, inhaltlichen und zeitlichen Standards, die Aufklärung dauere zu lange, ebenso wie die Anerkennung des erlittenen Leides und die Entschädigungszahlungen. „Es reicht nicht, wenn Politik bei jeder neuen Veröffentlichung nur die immer gleiche Betroffenheit äußert, es braucht entschlosseneres Handeln“, so Castellucci.

Konkret schlägt er vor, eine bisher ehrenamtlich arbeitende Unabhängige Aufarbeitungskommission müsse zusammen mit einem Missbrauchsbeauftragten gesetzlich verankert und deutlich gestärkt werden. Letzterem müsse eine regelmäßigen Berichtspflicht gegenüber dem Bundestag obliegen, inklusive einer Debatte im Plenum und einer Überweisung in die Ausschüsse. Auch eine Gedenkveranstaltung im Bundestag möchte er installieren.

Am Mittwoch reagierte Paus auf die Kritik: Gegenüber der Zeitung „Die Welt“ erklärte sie, entsprechende Gesetzesvorhaben befänden sich bereits in der Ressortabstimmung der Bundesregierung. „Mag sein, dass Herr Castellucci das noch nicht mitbekommen hat, aber das ist derzeit der Stand der Dinge.“

Helfen Sie PRO mit einer Spende
Bei PRO sind alle Artikel frei zugänglich und kostenlos - und das soll auch so bleiben. PRO finanziert sich durch freiwillige Spenden. Unterstützen Sie jetzt PRO mit Ihrer Spende.

Ihre Nachricht an die Redaktion

Sie haben Fragen, Kritik, Lob oder Anregungen? Dann schreiben Sie gerne eine Nachricht direkt an die PRO-Redaktion.

Offline, Inhalt evtl. nicht aktuell

PRO-App installieren
und nichts mehr verpassen

So geht's:

1.  Auf „Teilen“ tippen
2. „Zum Home-Bildschirm“ wählen