Viele finden es unfassbar, dass Großbritannien für den Brexit gestimmt hat. Die Hysterie ist aber fehl am Platz. Sie übergeht, zu welchen Irrwegen die EU fähig ist. Das zeigt ein antisemitischer Vorfall im EU-Parlament am Tag des Votums. Ein Kommentar von Daniel Frick
Von PRO
Foto: freestocks.org
Auch wenn nach dem Brexit-Votum ein Stern am EU-Himmel fehlt, ist Hysterie fehl am Platz
Als am Tag der Abstimmung über den Brexit alle Augen auf London gerichtet waren, hätten wir alle gut daran getan, auch einen Blick nach Brüssel zu riskieren. Bei aller Aufregung um den Brexit ist untergegangen, dass an jenem Donnerstag Palästinenserpräsident Mahmud Abbas vor dem EU-Parlament gegen Juden hetzte – und am Ende Applaus, ja sogar stehende Ovationen der Abgeordneten erhielt. Rabbis in Israel hätten dazu aufgerufen, Brunnen der Palästinenser zu vergiften, behauptete er. Dieser Vorwurf erinnert nicht nur an antijüdische Legenden aus dem Mittelalter. Es war auch zum Zeitpunkt der Rede längst bekannt, dass der Vorwurf haltlos ist.
Nicht einmal der Präsident des EU-Parlaments, Martin Schulz, wagte ein Widerwort. Im Gegenteil: Der SPD-Politiker applaudierte ebenfalls, genauso wie die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini, nur um die Rede dann „inspirierend“ zu nennen. Wütend wurde Schulz kurz darauf dennoch, wie zu lesen war. Doch nicht etwa wegen antisemitischer und antiisraelischer Parolen auf großer EU-Bühne, sondern weil Großbritannien den Brexit seiner Meinung nach nicht schnell genug umsetzt.
Die EU ist auch zu Übeln in der Lage
Zur Fußnote ist es dann geraten, dass Abbas seine Worte am Samstag zurücknahm, „nachdem sich herausgestellt hat, dass sie grundlos waren“. So heißt es in einem Papier von Abbas an Journalisten. Interessiert hatte das kaum jemanden. Auch das ist ein Zeichen dafür, dass Antisemitismus in EU-Institutionen salonfähig ist.
Die Geschichte mit Abbas beweist, was vielen längst klar ist: Die EU ist als politische Einrichtung nicht nur fehlbar, sondern auch zu Übeln in der Lage, wenn niemand aufpasst. Dieser Gedanke fehlt in der EU-Seligkeit, die viele nach dem Brexit an den Tag legten, und die sich umgekehrt als Hysterie angesichts des Austritts zeigte. Als ob die EU die allein seligmachende Einrichtung ist, außerhalb derer es kein Heil gibt. Glaubt denn jemand im Ernst, dass sich das Vereinigte Königreich nun „abschottet“ und „isoliert“, und darüber hinaus nicht in der Lage ist, irgendwelche Menschenrechte umzusetzen – weil das eigentlich nur die EU kann?
Christen dürfen sich bei all dem die Aufforderung in Erinnerung rufen, politisch nüchtern zu bleiben, ob es nun um einen Staatenverbund oder eine Nation geht. Zu lernen ist das etwa im ersten Thessalonicherbrief, wo Paulus den Wahlspruch des Römischen Reiches „Friede und Sicherheit“ relativiert. Und als der Jünger Thomas den auferstandenen Jesus „mein Herr und mein Gott“ nannte, dann war das auch eine Spitze gegen den Kaiser, der damals so genannt werden wollte und dies unter Androhung von Tod durchsetzte. Thomas hingegen wusste, wo er sein Lebensheil findet.
Die große Mehrheit der Stimmen in der Medienöffentlichkeit sagt, nach dem Votum der Briten komme nun eine Phase der Unsicherheit in Europa, vor allem im Bereich der Wirtschaft. Wenn Christen für (EU-)Politiker beten, dann auch dafür, dass diese den Umbruch weise angehen. Für Christen gilt es nach wie vor, wachsam und nüchtern zu bleiben. (pro)
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