„Mutter Teresa von Dresden“ stirbt mit 83 Jahren

Die Evangelistin Sabine Ball ist in der vergangenen Nacht gestorben. Das gab ihr Verein "Stoffwechsel" am heutigen Dienstag bekannt. Vor allem ihr ungewöhnlicher Lebensweg hat viele bewegt. Sabine Ball war alles: Millionärin, Hippie, Evangelistin und schließlich die "Mutter Teresa von Dresden".
Von PRO

„Die Hoffnungslosigkeit in dieser Welt und oft auch in unserem Leben nimmt zu. Wir lassen uns mit dem ‚Strom‘ treiben. Doch Veränderung beginnt bei uns selbst! Jesus kann nur dort wirken, wo Glaube lebendig wird.“ Es scheint, als hätte Sabine Ball diese Worte vor allem deshalb gesagt, weil sie ihr eigenes Leben so gut beschreiben. Was Veränderung bedeutet, hat die Evangelistin gewusst. In der Nacht zum heutigen Dienstag ist die 83-Jährige verstorben. In Erinnerung bleibt ihr wohltätiges Engagement für die Ärmsten und ihr außergewöhnlicher Lebenswandel.

Sabine Ball wurde am 9. September 1925 als Sabine Koritke in Ostpreußen geboren. Sie erlebte den Zweiten Weltkrieg, floh mit ihrem Bruder Hans nach schweren Luftangriffen aus der Stadt und 1949 nach Amerika. In New York arbeitete sie als Kindermädchen und machte eine Lehre zur Hotelfachfrau, bis es die damals 25-Jährige weiter trieb – und zwar nach Miami. Dort arbeitete sie im „Quaterdeck-Club“. Später wurde sie zur Managerin. Die Arbeit brachte zahlreiche interessante und so manche schicksalshafte Begegnung mit sich. Sie lernte den ehemaligen US-Präsidenten Richard Nixon kennen und – viel wichtiger – ihren zukünftigen Ehemann, den Millionär Clifford Ball.

Fasziniert von der Hippie-Bewegung

1953 heiratete das Paar. Die beiden bekamen zwei Söhne, bevor sie sich 1963 scheiden ließen. Sabine Ball zog daraufhin nach Santa Barbara. Die Zeit der Hippies, der freien Liebe und des Vietnam-Krieges war angebrochen – und sie wirkte faszinierend auf die Anfang Vierzigjährige. Angesteckt von der Freiheit und Unabhängigkeit der Hippies reiste sie nach San Francisco und hatte dort eine Vision: Sie wollte die Hippies frei von Drogen machen. Dazu kaufte sie ein Grundstück und beherbergte Menschen in Not. Auch Christen suchten ihr Land auf und standen in engem Kontakt zu den Hippies, der eigentlichen Zielgruppe Sabine Balls. Doch der christliche Einfluss tat sein übriges – viele der ehemals Drogenabhängigen bekehrten sich und das, obwohl Sabine Ball selbst nicht an Jesus Christus glaubte.

Doch auch die ehemalige Millionärsgattin war auf der Suche, und so begab sie sich 1971 auf eine Reise, um den „Sinn des Lebens“ zu finden. Sie verbrachte drei Monate in einem Kloster in Katmandu und meditierte viel. Doch erst ein Jahr später – zurück in ihrer Heimat Amerika – verlief ihre Suche erfolgreich. Ein sechunszwanzigjähriger Bekannter erzählte ihr von der Bibel und dem Christentum. Sabine Ball war berührt wie nie zuvor und bekehrte sich. Ihr Land taufte sie in „The Lord’s Land“ um, Gottes Land also.

Ihre wohltätige Arbeit baute sie daraufhin noch aus. 1974 gründete sie ein evangelistisches Projekt für Junkies und Straßenkinder in Brooklyn. Zwei Jahre später eröffnete sie ein Schwesternhaus für misshandelte Frauen in Kalifornien. 1977 begann sie eine dreijährige Hospizarbeit. Doch Sabine Ball zog es zurück in die Heimat. Sie spendete den Rest ihres Vermögens für wohltätige Zwecke und verließ 1980 ihr amerikanisches Domizil und ging nach München. Sie lernte die DDR kennen und wünschte sich nichts sehnlicher, als dort zu arbeiten.

Mit zwei Koffern in Dresden

1993 war es soweit. Mit zwei Koffern und 1.500 Dollar erreichte sie Dresden und begann die Arbeit, für die sie in Deutschland bekannt wurde. Sie mietete zunächst die Geschäftsräume eines alten Schnapsladens, um ihre Idee für ein Café und einen Secondhand-Laden zu verwirklichen. Ihr Plan trug Früchte. Täglich kamen Jugendliche, die dort mitarbeiteten und Zeit mit ihr verbrachten. Am 24. April 1993 öffnete das Café „Stoffwechsel“ zum ersten Mal seine Pforten. „Wir wollen sie alle in Liebe empfangen“, soll Sabine Ball einst gesagt haben – genau das tat sie. Punks, Obdachlose, Skins, aber vor allem Kinder kamen ins Café „Stoffwechsel“. Dort bekommen sie bis heute Kaffe, Kuchen, belegte Brötchen und Second-Hand-Klamotten. Im Jahr 1996 wurde ihr auf Vorschlag des sächsischen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf das Bundesverdienstkreuz angeboten. Sie lehnte ab, weil ihrer Meinung nach „allein Gott das Verdienst zukommt“ und die „Kinder und Jugendlichen der Neustadt diese Auszeichnung nicht verstanden hätten“ und sie ihrer Arbeit so hätte schaden können.

Sabine Ball gründete zudem eine nach ihr benannte Stiftung, die die „Förderung von sozial benachteiligten Kindern und Jugendlichen“ zum Ziel hat. „Dabei besteht das vorrangigste Ziel darin, dass die Kinder und Jugendlichen Jesus Christus persönlich kennenlernen und zu einem praktischen Leben mit Gott ermutigt und angeleitet werden“, heißt es auf der Homepage der Organisation.

Sabine Ball selbst scheint dieses praktische Leben mit Gott verwirklicht zu haben. Noch kurz vor ihrem Tod wirkte sie alles andere als müde. Vor einem Monat war sie in der Sendung „Menschen bei Maischberger“ zu Gast und hatte Zeugnis von ihrem Leben im Glauben gegeben. Über ihre Arbeit mit Benachteiligten sagte sie damals: „Ich liebe diese Menschen, weil Gott sie liebt, und weil er ihnen vergeben will.“ (PRO)

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