Muslime sollen interreligiösem Ethik-Kodex für Mission zustimmen
Die Theologen Thomas Schirrmacher und Christian Troll werben für einen interreligiösen Ethik-Kodex für Mission. Dazu haben sie einen offenen Brief an den Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, gerichtet.
Von PRO
Foto: pro/Anna Lutz
Warnt die Kirchen vor „aggressiver“ Mission: Aiman Mazyek vom Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD)
Der evangelische Theologe Thomas Schirrmacher und sein katholischer Kollege Christian Troll haben sich am Montag mit einem offenen Brief an den Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD), Aiman Mazyek, gewandt. Sie werben darin für einen interreligiösen Ethik-Kodex für Mission.
Anlass für das Schreiben sind nach Angaben der Verfasser Äußerungen Mazyeks, in denen er die Kirchen vor „aggressiver“ Mission warnt. In ihrem Brief an Mazyek berufen sich die beiden Theologen auf das grundrechlich verbriefte Recht der Glaubensfreiheit, das für alle Religionen gelte. Schirrmacher und Troll bekennen sich aber auch zur Mission, wenn die „friedlich, respektvoll, unter Beachtung aller anderen Menschenrechte und ohne Ausnutzung von Abhängigkeiten“ stattfinde. Von Mazyek wollen die beiden christlichen Theologen wissen, was er genau unter „aggressiver“ Mission verstehe.
Schirrmacher und Troll verweisen in ihrem Schreiben auf den Ethikkodex „Christliches Zeugnis in einer multireligiösen Welt“ aus dem Jahr 2011, das aggressive Mission eindeutig verwerfe und 2014 von allen Kirchen in Deutschland angenommen worden sei. Mazyek hatte das Grundrecht auf Glaubensfreiheit gegenüber der Nachrichtenagentur Anadolu bestätigt. Gleichzeitig forderte er aber von den Kirchen, zu unterlassen, „Flüchtlinge in dieser Richtung zu beeinflussen“ und erwartete, „dass sie von aggressiver Missionsarbeit absehen, so wie wir das auch von den Muslimen erwarten“.
Vorbild ist ein Dokument aus Norwegen
Schirrmacher und Troll appellieren in ihrem Schreiben an Mazyek dafür, dass sich alle Religionen und Weltanschauungen auf einen gemeinsamen Kodex für friedliche Mission verständigen. „Wir würden sehr begrüßen, wenn auch für Deutschland ein solches Dokument auf den Weg gebracht würde“, schreiben die beiden an den Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime.
Dazu führen sie Norwegen als Beispiel an. In der sogenannten „Oslo-Koalition“ hatten 2009 Vertreter verschiedener Religionen und Weltanschauungen einen gemeinsamen Text erarbeitet, der Grundregeln für missionarische Aktivitäten empfiehlt. Länder, die ihren Bürgern massiv vorschrieben, was sie zu glauben hätten, und Gewalt zum Schutz einer Religion einsetzten, seien „im Regelfall sehr unfreie Länder, in denen es gerade nicht Ruhe und Frieden an der ‚Religionsfront‘ gibt, sondern große Spannungen“, schreiben die beiden Theologen. Sie ergänzen: „Und es sind nicht zufällig diese Länder, die auch die gewaltbereiten terroristischen Bewegungen hervorbringen, die die Mission als Begründung instrumentalisieren.“
Hartmut Steeb, der Generalsekretär der Deutschen Evangelischen Allianz, begrüßte auf Anfrage von pro die Grundidee der Einigung auf einen gemeinsamen Ethikkodex der Religionen im Umgang miteinander.
„Über Einzelheiten muss man während der Entwicklung eines solchen Kodex weiter nachdenken und diskutieren“, erklärte Steeb, der darauf Wert legt, „dass nach einem Religionswechsel keine Diskriminierung des Konvertiten durch die bisherige Religionsgesellschaft geschieht“. Dies sei gerade im Fall sich anbahnender Konversionen und nach Konversionen zum christlichen Glauben häufig zu beobachten. (pro)
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