TobyMac über Donald Trump und Glaubenskrisen

Der siebenfache Grammy-Gewinner TobyMac ist einer der erfolgreichsten christlichen Künstler aller Zeiten. Im Interview mit pro spricht er über Mainstream-Lobpreis, Flüchtlinge, und erklärt, warum Amerikaner von Donald Trump fasziniert sind.
Von PRO
TobyMac ist im Mai beim Himmelfahrtfestival in Ludwigsburg aufgetreten

pro: Toby, Sie sind seit 1990 im Musikbusiness. Fühlen Sie sich ein bisschen wie der Opa der christlichen Rap-Musik?

TobyMac: (lacht) Einigen wir uns doch auf Vater.

Vater der christlichen Rap-Musik?

Ja, aber ich sehe mich eigentlich gar nicht als Rap-Künstler. Ich nutze eine große Bandbreite an stimmlichen Ausdrucksformen. Manchmal rappe ich, manchmal singe ich, manchmal sind es eher gesprochene Texte. Ich war früh in der christlichen Rapszene dabei und wenn jüngere Künstler wie Lecrae sagen, ich sei da ein Pionier, ist das für mich eine große Ehre. Ich denke, ich bin mit meiner Musik immer authentisch geblieben. Und das ermöglicht es mir, besonders leidenschaftlich herüberzubringen, was ich sagen will.

Warum sind Gemeinden heutzutage so stark auf Mainstream-Lobpreis wie Hillsong fokussiert? Wo bleibt da die Abwechslung?

Man könnte sagen, sie kopieren das, weil es einfach funktioniert. Aber vielleicht ist es mehr, dass wir alle von denselben Sachen bewegt sind. So wie ich es liebe, Hörner in meine Musik einzubauen – obwohl das Justin Timberlake oder Bruno Mars schon genauso gemacht haben.

Sie sind seit vielen Jahren Christ. Trotzdem sagen Sie, dass Sie geistlich gesehen immer wieder am Kämpfen sind. Haben Sie einen Tipp, wie man im Glauben reif werden kann?

Reif zu werden, bedeutet für mich, sich nach Fehlern schneller wieder Gott zuzuwenden. Wir alle machen Fehler und kommen vom Weg ab. Aber die Frage ist doch, wie weit wir weitergehen, bis wir wieder umkehren. Ein gesunder Weg ist nicht einer, auf dem man nicht fällt, sondern einer, der einen schnell wieder zurück zu Gott bringt. Wenn wir Leute um uns haben, die uns ehrlich mit unseren Fehlern konfrontieren und wir uns Gottes Wort wie einen Spiegel vorhalten, merken wir sehr schnell, dass wir ohne seine Hilfe nicht weit kommen.

Zweifel, Kampf und Leid sind keine besonders gefragten Themen im Lobpreis heutzutage. Wenn wir dagegen die Psalmen – das Liederbuch der Bibel – anschauen, finden wir dort eine Menge davon – bis hin zur Anklage. Haben wir diese Aspekte von Gebet verloren und sollten wir sie wiederbeleben?

C. S. Lewis hat einmal gesagt: Schmerzen sind Gottes Megafon, wenn er unsere Aufmerksamkeit gewinnen möchte. Ich habe immer eine Lanze dafür gebrochen, über den eigenen Schmerz zu sprechen. Auch Christen müssen viel durchmachen. Und wenn wir christliche Künstler darüber singen, können andere von unseren Fehlern lernen und durch die Barmherzigkeit, die wir erlangt haben, an Gottes Gnade erinnert werden. Speziell in der Lobpreismusik geht es meiner Ansicht nach aber vor allem darum, Gott zu erkennen und ihn anzubeten, nicht sich mit seinen eigenen Fehlern zu beschäftigen. Aber beides ist wertvoll und Gott gebraucht das eine wie das andere.

Wie hat es Ihren Glauben beeinflusst, dass Ihr 14-jähriger Sohn an Muskeldystrophie – einer genetisch verursachten Muskelschwäche – leidet?

Es hat mich dazu gezwungen, viel mehr über die Ewigkeit nachzudenken. Moses sitzt seit sechs Jahren im Rollstuhl. Und ich stelle mir oft vor, wie er eines Tages wieder rennen wird. Es hat die Ewigkeit für mich viel realer gemacht – genauso wie der Tod meines Vaters vergangenes Jahr.

Haben Sie Angst davor, dass sich Ihre Kinder einmal vom Glauben abwenden könnten?

Das Wichtigste für mich ist, dass meine Frau und ich ihnen Wurzeln geben. Es geht nicht um ein lupenreines religiöses Idealbild. Wir zeigen ihnen vielmehr, wie Gott ist und dass er lebt; dass unsere Leben nicht perfekt sind, wir uns aber auf unseren himmlischen Vater verlassen können. Besonders meine Frau lebt ihren Glauben als eine fantastische Reise. Natürlich mache ich mir Sorgen – besonders über meinen 17-jährigen Sohn Truett. Er trifft jeden Tag Entscheidungen, die ihn auch in falsche Richtungen führen können. Aber ich vertraue Gott, dass er ihn fest in seiner Hand hält und dass er ihn mit den richtigen Dingen konfrontiert.

Ist Ihr Erfolg eher eine Bereicherung oder eine Bürde für Ihre Familie?

Das ist eine wirklich gute Frage. Aufgrund dessen, wie wir als Familie auf das schauen, was ich tue, ist es ein Segen, denke ich. Es könnte leicht zu einer Bürde werden, wenn wir uns vom Erfolg einlullen lassen würden. Aber wenn ich zu Hause bin, interessiert uns die Musikkarriere nicht sonderlich. Dann bin ich ein Vater, der seine Kinder dazu animiert, die Bibel zu lesen und der mit ihnen Football-Spiele besucht.

US-Präsident Barack Obama hat Angela Merkel für Ihr Handeln im Hinblick auf die weltweite Flüchtlingssituation gelobt. Wie sollten die USA auf diese Herausforderung reagieren?

Ich kenne die politischen Entscheidungen und Interessen im Hintergrund nicht so gut. Aber ich würde sagen: Du wirst es nie bereuen, Menschen von Herzen zu lieben. Wann wirst du jemals sagen: Ich hätte demjenigen meine Hand nicht reichen sollen; ich hätte nicht so gutmütig handeln sollen; ich hätte nicht so viel guten Willen zeigen sollen. Im Gegenteil: Du wirst immer glücklich sein, das getan zu haben – selbst wenn es ein bisschen eng oder unbequem wird.

Viele Deutsche können die Faszination der Amerikaner für Donald Trump nicht nachvollziehen. Können Sie uns dabei helfen?

Eine Vielzahl von Amerikanern ist sehr politikmüde. Donald Trump nennt die Dinge einfach beim Namen und spielt nicht das politische Spiel mit. Er kommt aus der Wirtschaft, deshalb ist er aggressiv, ein Tyrann. Er schießt einfach aus der Hüfte und sagt, was ihm auf der Seele liegt. Das ist nicht immer politisch korrekt, aber damit zieht er viele Leute in seinen Bann. Für mich ist es schwierig, ihn zu unterstützen, denn er verhält sich oft unfreundlich. Er könnte unserem Land schaden, denn er spricht manchmal, bevor er denkt. Aber genau das, was uns in Schwierigkeiten bringen könnte, ist gleichzeitig das Erfrischende an ihm.

Werden Sie ihn wählen?

Ich wünschte, es gäbe einen Präsidentschaftskandidaten, dessen Ansichten mehr mit meinen übereinstimmen. Bei keinem ist das der Fall. Darum weiß ich noch nicht, wer meine Stimme bekommen wird. Ich werde noch einige Zeit im Gebet darüber verbringen müssen und mich noch mehr informieren.

In den vergangenen Wochen haben Gerüchte um ein Comeback von DC Talk die Runde gemacht. Können wir damit in absehbarer Zeit rechnen?

Im Juli nächsten Jahres werden wir auf Kreuzfahrt gehen und auf dem Schiff auch zum ersten Mal seit 16 oder 17 Jahren wieder zusammen spielen. Manche Leute haben diese Ankündigung so interpretiert, dass es eine Reunion geben wird, und erwarten jetzt eine Tour oder ein neues DC Talk-Album. Aber das haben wir nicht geplant. Die Kreuzfahrt ist für uns der bestmögliche erste Schritt – auch wenn uns bewusst ist, dass das für viele Leute etwas enttäuschend ist, weil sie nicht dabei sein können.

Vielen Dank für das Gespräch.

Die Fragen stellte Simon Jahn. (pro)
https://www.pro-medienmagazin.de/kultur/musik/detailansicht/aktuell/mit-michael-w-smith-durch-das-alphabet-92061/
https://www.pro-medienmagazin.de/kultur/musik/detailansicht/aktuell/grammys-fuer-christliche-kuenstler-80454/
https://www.pro-medienmagazin.de/kultur/musik/detailansicht/aktuell/michael-w-smith-ich-bin-ein-wunder-gottes-88168/
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