Mumford & Sons: „Eine bewusst spirituelle Sache”

Die Folk-Band „Mumford & Sons” wird von der Presse wahlweise als Pop-Phänomen gelobt oder als christlicher Jungenchor verlacht. Doch was hat es mit dem Glauben der vier Briten auf sich? pro hat sich beim Berlin-Konzert der Gruppe auf die Suche begeben.

Von PRO

Er glaubt immer noch. Obwohl es Risse und Kratzer in seinem Leben gibt, wie bei einem alten Auto. Der Glaube hört nicht auf. „But I‘ll still believe, though there‘s cracks you‘ll see, when I‘m on my knees I‘ll still believe”, singt Marcus Mumford im Berliner Velodrom. 12.000 Menschen passen in die Halle. Die Tickets waren schon lange vor dem Konzert im April ausverkauft. „Mumford & Sons” sind die derzeit wohl hippste Band des Planeten. Ihr Album „Babel” wurde jüngst mit einem Grammy geehrt, es stand 16 Wochen auf dem ersten Platz der amerikanischen Charts und führte weitere 21 Wochen die britischen an. Egal, wo auf der Welt man derzeit das Radio einschaltet, innerhalb von ein oder zwei Stunden dürfte mindestens ein Hit der vier Briten zu hören sein. Ein Lied wie zum Beispiel „Holland Road”, das sie an diesem Abend auch in der Bundeshauptstadt singen. Als es in einem Songtext um den Glauben geht, reckt eine Frau im Publikum die Hände in die Höhe, schließt die Augen und wiegt den Oberkörper leicht hin und her. Es sieht aus, als bete sie mit.

„Als blätterte man durch das Liederbuch eines christlichen Jugendchors”

Die Lobpreis-Affinität vieler Konzertbesucher kommt nicht von ungefähr. Viele der Lieder der Band, die als Begründer des Neo-Folk gilt, handeln vom Glauben, vom Lieben, von der Suche nach etwas, das über das schlichte Leben hinausgeht. Im schon etwas älteren „After the Storm” etwa singt Marcus Mumford: „Nach dem Sturm laufe und laufe ich, als der Regen einsetzt. Und ich schaue nach oben, ich schaue nach oben, kniend und glücklos, schaue ich nach oben.” Es folgt eine Textpassage mit biblischen Anleihen: „Es wird eine Zeit kommen, du wirst sehen, ohne Tränen. Und die Liebe wird dir nicht das Herz brechen, sondern deine Ängste fortschicken. Steig über den Berg und sieh, was du dort finden wirst. Mit Gnade im Herzen und Blumen in deinen Haaren.” Anlässlich solch kitschiger Texte höhnte die Berliner tageszeitung (taz) jüngst: „Die Songinhalte der Band Mumford & Sons sind rein wie die eines christlichen Knabenchors. Es ist Musik für die weiße, konservative, heterosexuelle Mittelschicht. Liest man sich nämlich ihre Lyrics durch, so kommt man sich vor, als blätterte man durch das Liederbuch eines christlichen Jugendchors. Besungen werden traditionelle Werte wie Hoffnung, Glaube, Reue, Schicksal, Selbstfindung, Schmerz, Ursprung und natürlich die erlösende Liebe.”

Zumindest Letzteres ist eindeutig wahr. Im Stück „Awake my soul” heißt es zum Beispiel: „Du bist dazu gemacht, deinem Schöpfer zu begegnen”, in „Below my feet” vom neuesten Album mit dem Titel „Babel” geht der Text so: „Mir wurde von Jesus gesagt, dass alles gut ist, also muss alles gut sein”. „Babel, das klingt schon sehr nach einer Metapher aus dem Jugendgottesdienst. Wollen Mumford & Sons die neuen U2 werden?”, fragte die Wochenzeitung Die Zeit kürzlich. Die 2007 gegründete Band selbst hat darauf bislang keine Antwort gegeben.

„Der Glaube ist etwas Wunderschönes”

Sänger Marcus Mumford kommt aus einem christlichen Elternhaus. Seine Eltern John und Eleanor Mumford sind die Leiter der Vinyard-Bewegung in Großbritannien und Irland. Wie die Huffington Post berichtete, hat der 26-Jährige im vergangenen Jahr die britische Schauspielerin Carey Mulligan geheiratet, die er in einem christlichen Jugendcamp getroffen haben soll. Mulligan war kürzlich im Film „Der große Gatsby” neben Leonardo DiCaprio zu sehen. Das Magazin Christianity Today berichtete über die Hochzeit. Es habe eine religiöse Zeremonie gegeben, die Marcus’ Vater durchgeführt habe. Laut der Zeitung US Weekly sangen Braut und Bräutigam gemeinsam mit der Band am Ende des Abends das Lied „Amazing Grace”. Winston Marshall, der Banjo-Spieler bei „Mumford & Sons”, soll darüber hinaus einst mit Marcus Mumford in einer Lobpreisband gespielt haben.

Doch was sagt der Sänger eines der laut Süddeutscher Zeitung „größten Pop-Phänomene der vergangenen Jahre” selbst zu seinem Glauben? Dem Rolling Stone antwortete er auf die Frage, ob er Christ sei: „Ich mag das Wort nicht. Es kommt mit so viel Gewicht daher. Also nein, ich würde mich nicht als Christen bezeichnen. Ich glaube, das Wort beschwört all diese religiösen Bilder herauf, die ich nicht wirklich mag. Ich habe meine persönlichen Ansichten über die Person Jesus und wer er war … ich habe mich irgendwie von der Kultur des Christseins entfernt.” Weiter erklärt er, seine spirituelle Reise sei „in Arbeit”. An der Existenz Gottes habe er aber nie gezweifelt.

Was es mit den christlich anmutenden Texten, dem Albumtitel „Babel” und dem gleichnamigen Titellied auf sich hat, erklärte Bassist Ted Dwane einst eher schleierhaft: „Babel” spreche über menschliche Unzufriedenheit. Marcus Mumford sagte dem britischen Guardian, die Texte des Vorgängeralbums „Sigh no more” seien eine „bewusst spirituelle Sache” aber ebenfalls bewusst nicht religiös: „Ich denke, der Glaube ist etwas Wunderschönes und etwas Echtes und etwas Universelles, oder kann es sein.” Die Bandmitglieder hätten alle ihre „unterschiedlichen Ansichten über Religion”. „Aber ich denke, Glaube ist ewas, was gefeiert werden sollte. Ich habe meine eigenen persönlichen Ansichten, sie sind immer noch real für mich und ich möchte über sie schreiben.”

„Jesus. Jesus. Jesus.”

Beim Konzert im Velodrom ist der letzte Banjo-Ton verklungen. An der Garderobe drängen sich die End-Zwanziger, die selbst schon aussehen, als seien sie einer Folkband entsprungen: Hosenträger, Dreiwochenbärte, Arbeiterboots und Karo-Hemden sind en vogue, auch dank „Mumford & Sons”, die dem Stil ein Revival verschafften. Zwischen all den Hippstern steht eine Frau um die 40. Über ihrem Arm trägt sie einen Jutebeutel, auf dem drei Worte zu lesen sind: „Jesus. Jesus. Jesus.” Sie ist wohl eine von vielen Christen, die an diesem Abend einer Band gelauscht haben, von der die Öffentlichkeit nicht genau weiß, ob sie nun glaubt, und was eigentlich. Doch vielleicht verrät die Musik doch mehr als Interviews. „Es scheint, als seien all meine Brücken abgebrannt worden. Aber du sagst, genauso funktioniert diese Sache mit der Gnade”, heißt es im Lied „Roll away your Stone”. „It seems that all my bridges have been burned. But, you say that‘s exactly how this grace thing works.” Das klingt nicht wie aus einem Lobpreislied. Aber es klingt wie aus dem Leben eines Christen. (pro)

Dieser Artikel ist in der neuesten Ausgabe (3/2013) des Christlichen Medienmagazins pro erschienen. Bestellen Sie pro kostenlos unter der Telefonnummer 06441/915151, via E-Mail an info@pro-medienmagazin.de oder online.

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