Monica Lierhaus macht Mut

Der bewegende Auftritt von Monica Lierhaus bei der Verleihung der "Goldenen Kamera" war mutig. Die Botschaft: Menschen können trotz Krankheit und Behinderung in der Mitte der Gesellschaft stehen.
Von PRO

Dieser Kuss rührte Deutschland zu Tränen. Genauso überraschend, wie sie vor zwei Jahren vom Bildschirm verschwand, trat Monica Lierhaus am Samstag von ihrer Krankheit schwer gezeichnet in der vom ZDF übertragenen Verleihung der "Goldenen Kamera" auf, um sich der Öffentlichkeit zurückzumelden. Die geballte Emotion ihres Auftritts traf das Publikum unvorbereitet, fassungslos rissen die prominenten Gäste Augen und Münder auf, erhoben sich zum Applaus.

Lierhaus sollte 2009 bei einer Operation ein Hirn-Aneurysma entfernt werden. Der Eingriff ging schief, die beliebte Sportmoderatorin lag vier Monate im Koma, musste danach das Laufen und Sprechen neu erlernen. Ihr Kampf zurück ins Leben war hart und lang für die Journalistin: "Der liebe Gott schenke mir Geduld, und am besten sofort", sagte sie in ihrer kurzen Rede, in der sie Familie, Freunden und ihrer Krankenschwester dankte. Doch damit nicht genug: Lierhaus machte ihrem langjährigen Lebensgefährten Rolf Hellgardt einen Heiratsantrag, den er begeistert annahm.

Lob und Kritik in der Presse

Das Presseecho auf diesen dramatischen Auftritt war überwiegend positiv. "Im Showgeschäft gibt es viele Momente voller falscher Gefühle und kalkulierter Emotionalisierung, doch es gibt auch wahre Momente wie an diesem Abend, die für Zyniker gleich wieder etwas Irritierendes und Schockierendes haben", schreibt Michael Hanfeld in der "F.A.Z.". Alexander Gorkow hingegen zeigt sich in der "Süddeutschen Zeitung" regelrecht angewidert: ARD und ZDF sollten sich "schämen", hätten Frau Lierhaus "ausgestellt" in einem Moment, den man "herbeigesehnt" habe. "Es ist eine inzwischen quasi pornographische Anbetung des einen, großen und bitte absolut geilen Moments, der ins Bild muss – und heute können wir sagen: koste es, was es wolle, zum Beispiel die Würde einer Frau wie Monica Lierhaus."

So "perfide" die Veranstalter seien, Lierhaus selbst könne man keinen Vorwurf machen, schreibt Gorkow, das wäre "anmaßend". Mit Letzterem hat er Recht, gleichzeitig entkräftet er damit aber auch seine Vorwürfe gegen die Programmverantwortlichen. Offenbar war es Lierhaus‘ eigener Wunsch, sich den Kameras zu stellen, wieder an ihrer Zukunft zu arbeiten, wie sie sich ausdrückte. Das, was Lierhaus, wie sie angestrengt und unsicher am Rednerpult stand, am meisten ausstrahlte, war Würde.

Befreiungsschlag nach langem Leidensweg

Vielleicht war es dieser Moment am Samstagabend, den Monica Lierhaus in den harten Monaten in einer Rehaklinik am Bodensee vor Augen hatte, als sie mit eiserner Disziplin an sich arbeitete, um die früher selbstverständlichsten Dinge wieder neu zu lernen. Ihr mit schwacher Stimme und eigenem Erstaunen vorgetragenes, simples Bekenntnis "Da bin ich" war ein Triumphschrei über ihre Krankheit und vielleicht der Befreiungsschlag, den die Moderatorin selbst am meisten brauchte.

Das Comeback der Monica Lierhaus im Rahmen einer glamourösen Gala hatte aber noch einen ganz anderen Effekt. Der Abend, an dem es den meisten Beteiligten wohl in erster Linie ums gemeinsame Feiern und um die Selbstbeweihräucherung der Fernsehindustrie ging, war plötzlich ernst: Mit der ehemaligen "Sportschau"-Moderatorin stand die Verletzlichkeit des Lebens im Raum. Inmitten von "perfekt" gestylten Stars traute sich eine starke Frau, nicht "perfekt" zu sein: Lierhaus trug Turnschuhe unter dem Abendkleid, konnte kaum laufen, die Stimme seltsam fremd, der Blick starr.

Das hat schockiert, das hat manche auch peinlich berührt. Das macht aber auch vielen Menschen, die selbst schwach sind, nicht "perfekt" genug für eine solche TV-Gala, Mut. Wer krank wird oder behindert ist, verwirkt nicht das Recht, "dazuzugehören", auch im vornehmsten Rahmen. In ihrer Schwäche hat Monica Lierhaus Stärke bewiesen. (pro)

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