Mobbing-Portal: Sperrung mit Lücken

Die Auseinandersetzung um das Internet-Mobbing-Portal "iShareGossip" geht in die nächste Runde. Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) hatte die Internetseite wegen Jugendgefährdung auf den Index gesetzt und hofft damit zumindest die Beleidigungen und üblen Gerüchte einzudämmen.


Von PRO

Die sechs größten Suchmaschinen in Deutschland hatten sich 2007 dazu
verpflichtet, von Behörden indizierte Seiten nicht in ihren
Suchergebnissen anzuzeigen. Als am Dienstag die indizierte Seite noch
immer über die großen Suchmaschinen "Google" und "Yahoo" zu finden war,
regte sich Widerstand. Das Bundesfamilienministerium hatte sich noch
zuversichtlich geäußert, "dass die Unternehmen die Notwendigkeit erkannt
hätten und die Maßnahme schnell umsetzten".


Die Chefin der Bundesprüfstelle, Elke Monssen-Engberding, relativierte diese Aussage in der Tageszeitung "Die Welt": "Das ist eine freiwillige Maßnahme. Wir können das Verfahren leider nicht beeinflussen." Auf dem Internetportal selbst hatten in den vergangenen Tagen deutschlandweit Schüler zu Vernunft und anständigem Benehmen aufgerufen oder die Verleumdungen kritisiert. Wer seit dem heutigen Mittwoch nach "iShareGossip" sucht, bekommt zwar alle Artikel zu der Mobbing-Seite, die Seite selbst kann allerdings nicht mehr ohne Weiteres gefunden und angezeigt werden. Auch auf der deutschen Version von "Bing" wird die Seite nicht mehr angezeigt. Weil der Server in Schweden steht, haben deutsche Behörden keine Handhabe dagegen vorzugehen. Im Klartext heißt dies: Wer die Internet-Adresse kennt, kommt auch nach der Indizierung auf die Seite.



Damit ist die vor einer Woche erfolgte Indizierung durch die Bundesprüfstelle offenbar umgesetzt worden. Den Antrag dazu hatte das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gestellt. Dieses sah eine Jugendgefährdung darin, "weil das Angebot die Möglichkeit bietet, Cybermobbing zu betreiben, indem anonym herabwürdigende Äußerungen über andere Personen verbreitet werden können".



Bisher wenig Erkenntnisse



Ein Auslöser der gesamten Diskussion war ein über die Website angezettelter Streit zwischen Berliner Schülern. Dieser artete in einer Massen-Schlägerei aus, bei der etwa 20 Jugendliche einen 17-Jährigen krankenhausreif prügelten, obwohl dieser nur einen Streit hatte schlichten wollen. Wie die "Berliner Morgenpost" berichtet, hat die Berliner Polizei bisher nur wenige Erkenntnisse über die umstrittene Internetseite gewinnen können. Der Betreiber sei noch nicht identifiziert worden, sagte Polizeipräsident Dieter Glietsch: "Es gibt keine Möglichkeit, die Seite kurzfristig abzustellen." Seit November 2010 seien insgesamt 139 Strafanzeigen von Eltern, Schülern oder Lehrern gestellt worden.



Berlins Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) hat für den heutigen Mittwoch eine Krisensitzung in Sachen Cyber-Mobbing einberufen. Eingeladen dazu sind Schulpsychologen, Polizeivertreter, Schulleiter und Schülersprecher. Gesprochen werden soll über den Umgang mit der Seite und mögliche Gegenmaßnahmen. In Berlin selbst soll es ab dem kommenden Schuljahr flächendeckende Fortbildungskurse zum Thema Medienkompetenz für Eltern geben. Ein Modellprojekt werde im Mai an der Wald-Grundschule in Westend starten. Die Kurse werden von der Bildungsverwaltung finanziert, für die Eltern sollen sie kostenlos sein. (pro)

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