Mitarbeiter von ARD und ZDF fordern „neuen öffentlich-rechtlichen Rundfunk“

Mitarbeiter von ARD, ZDF und Deutschlandradio verlangen mehr Meinungsvielfalt im Programm. Dazu fordern sie in einem Manifest die Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.
Von Norbert Schäfer
ARD, ZDF, Deutschlandradio

Mitarbeiter von ARD, ZDF und Deutschlandradio haben „einen neuen öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland“ gefordert. Um ihrem Begehren Nachdruck zu verleihen, haben sie am Mittwoch auf der Internetseite „meinungsvielfalt.jetzt“ ein Manifest und kritische Statements einer Reihe anonymer Medienschaffender veröffentlicht. Eine Reform soll mehr Meinungsvielfalt und die Öffnung des Debattenraums im öffentlich-rechtlichen Rundfunk (ÖRR) bewirken.

Die Kritiker aus den Reihen der ÖRR-Rundfunkanstalten schätzen nach eigenem Bekunden „einen starken, unabhängigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk […] als wesentliche Säule unserer Demokratie, der gesellschaftlichen Kommunikation und Kultur“, sehen aber den Programmauftrag und die im Medienstaatsvertrag festgelegten Grundsätze in Gefahr. „Das Vertrauen der Menschen in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nimmt immer stärker ab“, stellen die Autoren fest. Bei Publikum wüchsen „Zweifel an der Ausgewogenheit des Programms“.

Konträre Meinung wird „diffamiert und mundtot“ gemacht

In dem „Manifest für einen neuen öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland“ formulieren die Initiatoren eine kritische Bestandsaufnahme der aktuellen Zustände und Probleme innerhalb des ÖRR. Kritikpunkte sind unter anderem eine abnehmende Vielfalt und mangelnde Ausgewogenheit in der Berichterstattung, der Verlust journalistischer Unabhängigkeit durch interne und externe Einflüsse sowie die zunehmende Orientierung an Einschaltquoten und politischen Mehrheitsmeinungen.

Konträre Meinungen zum gesellschaftlichen Konsens und „Minderheiten mit abweichender Meinung“ würden „diffamiert und mundtot“ gemacht. Die Arbeit würde journalistisch-ethischen Standards nicht mehr genügen, beklagen die Autoren. Schuld an der Misere sind nach Ansicht der Grundsatzerklärung unter anderem die überwiegend befristeten oder gar fehlenden Angestelltenverhältnisse, beispielsweise bei freien Mitarbeitern. Das begünstige in Kombination mit Zeitdruck, der Orientierung an Einschaltquoten und Sparmaßnahmen „angepasstem“ Journalismus und schade der „inneren Pressefreiheit“. Auch die „äußere Einflussnahme durch Politik, Wirtschaft und Lobbygruppen“ erschwere unabhängigen Journalismus, „Nischenbereiche“ würden zu wenig beachtet. Das Manifest bemängelt darüber hinaus auch die mangelnde Beteiligung der Gebührenzahler an Entscheidungen und der Programmplanung.

Die Autoren fordern einen unabhängigen, vielfältigen und transparenten Rundfunk, der durch Gebühren finanziert, aber auch von den Beitragszahlern kontrolliert wird. Die Programme sollten frei von ökonomischen Zwängen sein. Sie setzen sich für transparente Finanzflüsse, die Abschaffung von Werbung, direkte Bürgerbeteiligung in den Kontrollgremien, journalistische Unabhängigkeit, und einen umfassenden Bildungs- und Kulturauftrag ein. Dazu gehört auch die Forderung nach einer permanent zugänglichen Mediathek und einem nicht-kommerziellen Internetangebot. Das Manifest betont die Bedeutung von Qualitätsjournalismus. „Das Publikum hat einen Anspruch darauf, sich mit einem Sachverhalt auseinandersetzen und selbstständig eine Meinung bilden zu können, anstatt eine ‚eingeordnete‘ Sicht präsentiert zu bekommen“, lautet es in der Erklärung.

DJV: Manifest missachtet „journalistisches Grundprinzip“

Initiatoren und Unterzeichner plädieren für eine stärkere Einbindung und Berücksichtigung des Publikums sowie für die Unabhängigkeit der Berichterstattung von politischen und wirtschaftlichen Einflüssen. „Der neue öffentlich-rechtliche Rundfunk kontrolliert die Politik und nicht umgekehrt“, lautet es in dem Manifest, und weiter: „Die Politik hat keinen Einfluss auf Inhalte. Es wird neutral, multiperspektivisch und zensurfrei im Rahmen des Grundgesetzes berichtet.“

Der Deutsche Journalistenverband (DJV) hat die Anonymität der Statements bemängelt, die die gewünschte Reform des ÖRR untermauern sollen. DJV-Bundesvorsitzender Mika Beuster nannte es in einer Pressemitteilung vom Mittwoch ein „urjournalistisches Grundprinzip, kritische Berichte, Stellungnahmen und Kommentare mit dem eigenen Namen zu kennzeichnen“. Der DJV fordert die Unterzeichner des Manifests zu Transparenz auf und zur Auseinandersetzung mit der „berechtigten Kritik an den Sendern“.

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