Mit Spendenbereitschaft Kasse machen?

Ab Donnerstag rundet Deutschland auf: Wer möchte, kann dann an den Kassen von 13 großen Handelsketten etwas mehr Geld bezahlen als er eigentlich müsste. Der Erlös daraus fließt in karitative Projekte für sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche. Trotzdem stößt die Aktion auf Kritik.


Von PRO

In einem Jahr möchten die Initiatoren einen Betrag von zehn Millionen Euro einsammeln und spenden. Dies meldet das Nachrichtenmagazin "Focus". Das System funktioniert wie folgt: Um die Bereitschaft zu erhöhen und unnötige Bürokratie zu vermeiden, darf jeder pro Einkauf bis zu zehn Cent mehr bezahlen. Die kleinen Beträge sollen in der Summe eine große Wirkung zeigen: "Jeder Einzelne kann schon mit minimalem Aufwand dazu beitragen, dass gemeinsam große Ziele erreicht werden", kommt "Douglas"-Chef Henning Kreke zu Wort.



Neu sind solche Wohltätigkeitsprojekte beileibe nicht: Vor 30 Jahren warb ein amerikanisches Kreditkartenunternehmen damit, dass mit jedem Einsatz der Kreditkarte ein Cent für die Restaurierung der Freiheitsstatue in New York verwendet wird. Auch eine deutsche Brauerei setzte sich mit einem Geldbetrag für jeden verkauften Kasten Bier für den Erhalt des Regenwaldes ein. Durch das Projekt kletterte der Firmenumsatz um acht Prozent.



Primär egoistische Motive



Kritik müssen die 13 Handelsketten für ihre am Donnerstag beginnende Aktion dagegen von Konsumforschern einstecken: "Primär werden egoistische Motive der Unternehmen wie eine Verbesserung des Markenimages oder Absatzes unterstellt", meint Shamsey Oloko. Er ist Autor der ersten repräsentativen Studie über Sozialkampagnen von Unternehmen in Deutschland. Es gehe darum, das Gewissen der Menschen zu beruhigen. Aufgrund der Vielzahl der Aktionen ließen sich die Kunden aber nicht mehr generell ködern.

Was passieren kann, wenn die Umwelt für die Werbung instrumentalisiert wird, musste der US-Riese "Kraft Foods" 2004 mit seiner geplanten Kampagne "Der Berg ruft" erfahren. Der (angebliche) Schutz der Alpen – "Kraft Foods" wollte die Zugspitze im lila Licht seiner Vorzeigemarken erstrahlen lassen – wurde kurz vor dem Start abgesagt. Grund dafür waren heftige Proteste aus Politik und Umweltschutz.



Glaubwürdig, engagiert, nachhaltig



Erfolgreiche Sozialkampagnen "müssen Teil einer glaubwürdigen, engagierten Nachhaltigkeitsstrategie" von Unternehmen sein. Aus Sicht von Meike Gebhard vom Verbraucherportal "Utopia" dürften dies nicht einmalige Werbefeuerwerke sein. Als Vorzeigeprojekt führt sie die Hamburger Rösterei "Tchibo" an, die für jedes verkaufte Pfund Privatkaffee 45 Cent zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitssituation in Kenia zur Verfügung stellt.

Den Konsumforscher Peter Kenning wundert es nicht, dass die neueste Sozial-Initiative von Händlern ausgeht: "Der deutsche Handel hat ein Imageproblem und spielt bei politischen Entscheidungen trotz zwei Millionen Beschäftigten und 420 Milliarden Euro Umsatz häufig keine Rolle." Deswegen gehe es ihm jetzt darum, sich als "gesellschaftlich unverzichtbar" zu positionieren.



Aufsichtsrat entscheidet



Zu den Partnern der am Donnerstag startenden Aktion gehören neben Douglas und Penny auch die "Toom"-Baumärkte. Wer die Spenden erhält, darüber soll ein Kuratorium entscheiden, in dem etwa die Henkel-Aufsichtsratschefin Simone Bagel-Trah und der Ex-ARD-Chef Fritz Pleitgen sitzen. (pro)

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