"Gott hat einst gesagt: ‚Aus der Dunkelheit soll
Licht aufleuchten!‘ So hat er jetzt sein Licht in meinem Herzen aufleuchten
lassen, damit die Menschen die göttliche Herrlichkeit erkennen, die Jesus
Christus ausstrahlt." So beschreibt Paulus im Zweiten Korintherbrief den
Grund für seine Mission, Gottes Botschaft in die Welt zu tragen. Für eine ganz
andere Mission soll die amerikanische Firma "Trijicon" diesen und
andere biblische Verse benutzt haben. Auf Waffen gestanzt sollen sie Soldaten
Mut machen, die an der Front in Afghanistan oder im Irak kämpfen. Das hat der
amerikanische TV-Sender ABC herausgefunden.
Trijicon soll laut einem Mehrjahresvertrag 800.000 Zielfernrohre für Waffen an das Militär liefern. Damit verdient das Unternehmen über 450 Millionen Euro. Das Zubehör wird derzeit an der Front benutzt. Auf diesen Zielfernrohren sollen sich Inschriften wie 2COR4:6 oder JN 8:12 finden – Hinweise auf die entsprechenden Bibelstellen. "ABC" will auch Referenzen auf Verse aus der Offenbarung, dem Matthäus- und dem Johannes-Evangelium gefunden haben. Ein "Trijicon"-Sprecher räumte derweil ein, dass die Firma schon seit Jahren biblische Codes auf militärische Produkte stanzt. Begonnen habe man damit vor dem Tod des Firmengründers Glyn Bindon im Jahr 2003. Dieser sei gläubiger Christ gewesen. Falsch oder illegal sei die Praxis keinesfalls. Dennoch: Laut dem britischen "Telegraph" ist es US-Soldaten verboten, religiöse Botschaften in ihren islamischen Einsatzgebieten zu verbreiten.
"Die Firma sollte sich schämen"
Sprecher der amerikanischen Armee und des Marine Corps erklärte, sie hätten nichts von den biblischen Versen gewusst. Nun müsse diskutiert werden, ob und welche Schritte als Reaktion auf den ABC-Report unternommen werden sollten. Die "Washington Post" zitiert den Präsidenten der amerikanischen "Interfaith Alliance", einer Organisation, die sich für den Dialog zwischen Politik und Religion einsetzt. Der Geistliche Welton Gaddy erklärte: "Die Firma (Trijicon) sollte sich ihrer Taten schämen, die weder dem Militär der Vereinigten Staaten, noch dem Christentum einen Gefallen tun – sondern genau das Gegenteil. Botschaften des Lebens und des Friedens sollten nicht prostituiert werden, indem man sie auf Werkzeuge druckt, die für Tod und Krieg konstruiert wurden." Vom Verteidigungsministerium forderte Gaddy eine Untersuchung des Falls.
Michael Weinstein, Mitarbeiter der "Military Religious Freedom Foundation", die die Aufrechterhaltung der Religionsfreiheit im amerikanischen Militär überwacht, erklärte laut "Telegraph": "Es ist falsch, es verletzt eine Menge Landesgesetze. (…) Es macht es den Mudjahedin, den Taliban, Al-Qaida und den Aufständischen und Jihadisten möglich, zu behaupten, sie wurden von Jesus-Gewehren erschossen." Diese Bedenken teilen wohl auch die Soldaten. Der TV-Sender "BBC" berichtet von einer E-Mail, die die "Military Religious Freedom Foundation" erhalten habe. Darin schreibt ein muslimischer US-Soldat über die Bibelmarkierungen: "Viele Soldaten wissen von ihnen und sind darüber sehr verwirrt, warum sie da sind und was sie bedeuten sollen." Die Soldaten seien darüber besorgt, dass der Feind die Bibelzitate gegen sie benutzen könnte, sollten sie im Kampf gefangen genommen werden.
Von Evangelikalen unterwandert?
Laut "ABC" erklärte Major John Redfield, Sprecher des amerikanischen Zentralkommandos, die Einstanzungen seien legal: "Ich sehe da eine perfekte Parallele zu der Erklärung auf der Rückseite unserer Dollar-Scheine ‚In God we trust‘ (Auf Gott vertrauen wir). Von der haben wir uns auch nicht distanziert."
Die Enthüllung hat eine Mediendebatte darüber ausgelöst, ob christliche Botschaften im Zeichen des Krieges genutzt werden dürfen. Ein Autor der "Washington Post" kommentiert: "Ich denke nicht, dass Kriegswaffen das waren, was der Friedefürst im Sinn hatte, wenn er davon sprach, den Blinden das Augenlicht zu geben." Die Zeitung fragt gar, ob die Einstanzungen ein Beleg für den Einfluss evangelikaler Christen im US-Militär seien. Wie ältere Medienberichte gezeigt hätten, gebe es eine "kleine aber mächtige Bewegung christlicher Soldaten" im Offiziers-Korps, die sich selbst nicht für radikal oder subversiv hielten, sondern für "Krieger des Geistes" oder "von der Regierung bezahlte Missionare".
"Tijicon" will die Bibelreferenzen auch weiterhin einstanzen. Laut "BBC" ließ die Firma verlauten: "Solange unsere Männer und Frauen in Gefahr sind, werden wir weiterhin alles tun, was wir können, um sie mit hochmoderner Technologie und unendlicher Unterstützung und Gebeten einer dankbaren Nation zu versorgen." (pro)