„Mit Gottes Hilfe“: Die Bundespräsidenten und ihr Glaube

Die Bundesversammlung hat Deutschlands neues Staatsoberhaupt gewählt. Christian Wulff, bisheriger niedersächsischer Ministerpräsident, wird nach seiner Stimmenmehrheit im dritten Wahlgang Nachfolger von Horst Köhler. Damit steht der CDU-Politiker in einer Tradition von Bundespräsidenten, denen ihr christlicher Glaube wichtig war und ist.

Von PRO

Wulff war erst kürzlich für sein Engagement im Kuratorium von "Pro Christ" scharf kritisiert worden. Auf der Internetseite "Christ in der Gegenwart" betont der 51-Jährige, dass die bestehenden gesellschaftlichen Probleme nur mit Mut und Kraft bewältigt und mit Gottes Hilfe zu einem guten Ende gebracht werden könnten. Der Bibelvers "Des Herrn Wort bleibet in Ewigkeit" zeige die Größe Gottes. Wulff fordert zudem eine Rückbesinnung auf christliche Werte und die Stärkung des Gottvertrauens in der Gesellschaft. Seine Antrittsrede im Anschluss an die Bundesversammlung beendete Wulff mit dem Satz "Gott beschütze unser Land."

In einem Interview mit der Katholischen Nachrichtenagentur (KNA) wenige Tage vor der Wahl hatte auch der unterlegene Kandidat Joachim Gauck klar seinen christlichen Glauben bezeugt. Die Kirchen sollten sich auf die Kraft ihrer Botschaft und ihrer Glaubwürdigkeit besinnen, hatte Gauck gefordert: "Wenn überkommene Formen der Vermittlung in Familien oder Gemeinden nicht mehr gelingen, brauchen wir Phantasie und einen Glaubensmut, der eben nicht Angst für den besten Ratgeber hält."

Auch für den größten Teil von Wulffs Amtsvorgängern war der christliche Glaube ein wichtiger Bestandteil ihres Lebens. Horst Köhler bekannte sich als evangelischer Christ offen zu den biblischen Geboten. Im Laufe seiner Amtszeit forderte der Christdemokrat immer wieder eine Ausrichtung der Gesellschaft an den Grundwerten der christlichen Ethik. Die Kirche müsse ihre Rolle bei der Beantwortung der "letzten und vorletzten Fragen" ernst nehmen und die letzten Fragen, nach dem Sinn von Leben und Sterben, wachhalten, lautete sein Plädoyer im Rahmen einer Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Die Antrittsrede als Bundespräsident hatte Horst Köhler mit den Worten "Gott segne unser Land" beendet.

Glauben nicht an der Bundestagsgarderobe abgeben

"Bruder Johannes" wurde der spätere Bundespräsident Johannes Rau in Anspielung auf seine Bibelfestigkeit genannt. Er kam in Wuppertal als Predigersohn zur Welt. Während seiner Schulzeit engagierte er sich im kirchlichen Widerstand und in Bibelkreisen. Das Leitwort der Bekennenden Kirche "Ich halte, weil ich gehalten werde" wurde zu seinem Wahlspruch. In einem Interview bekannte der Sozialdemokrat, das Ideal seiner Politik sei, "das Leben der Menschen im Laufe der Jahre ein Stückchen menschlicher zu machen". Er tue dies durch seinen gelebten Glauben, den er nicht an der Bundestagsgarderobe abgebe. Als Christ nahm er verschiedene kirchliche Funktionen wahr. Rau war mehrere Jahrzehnte berufenes Mitglied der Landessynode der Rheinischen Kirche, Kirchentags-Präsident und Herausgeber der theologischen Monatszeitschrift "Zeitzeichen". Weil die Bibel eine gute Nachricht habe, seien die Christen zum politischen Handeln aufgerufen, forderte er.

Auch Raus Vorgänger Roman Herzog war Sohn eines protestantischen Theologen. In den 70er Jahren engagierte er sich als Mitglied der EKD-Synode und übernahm den Vorsitz der Kammer für öffentliche Verantwortung. Als Bundesvorsitzender des Evangelischen Arbeitskreises der CDU/CSU sorgte Herzog dafür, dass evangelische Positionen in der Politik gehört wurden. Der Christdemokrat war zudem von 1981 bis 1994 Mitherausgeber der katholisch geprägten Wochenzeitung "Rheinischer Merkur".

Richard von Weizsäcker, Bundespräsident von 1984 bis 1994, war und ist eng mit der evangelischen Kirche verbunden. 1962 wurde er Mitglied des Präsidiums des Deutschen Evangelischen Kirchentages und war zweimal dessen Präsident. Seine politischen Ambitionen stellte er hinter diesem Amt zurück, weil ein politisches Mandat aus seiner Sicht nicht mit seiner Funktion als Präsident des Kirchentages vereinbar sei. Der Protestant wurde 1968 in den Zentralausschuss des Ökumenischen Rates der Kirchen gewählt und 1969 in die Synode und den EKD-Rat.

Der Mensch hat sich emanzipiert

Auch Karl Carstens war ein Fürsprecher des christlichen Glaubens. Der CDU-Politiker führte die großen Jugendtreffen in der Villa Hammerschmidt ein, um den Dialog mit jungen Menschen zu stärken, und bekannte sich öffentlich zu seinem Glauben an Jesus Christus. Die Frage, warum es das Böse gibt, beantwortete er einmal so: "Die Ursache allen Übels auf Erden ist der Abfall des Menschen von Gott. Er hat sich losgelöst vom Schöpfer, sich emanzipiert von Gottes lebensschaffendem und -erhaltendem Wort."

Der Sozialdemokrat Gustav Heinemann war nicht nur ein Politiker mit einem hohen moralischen Anspruch, sondern galt auch als "unbequemer Mahner", der fest im Christentum verwurzelt war. Während der Herrschaft des Nationalsozialismus gehörte der überzeugte Pazifist zu den führenden Männern der Bekennenden Kirche. Heinemann nahm im Mai 1934 als Presbyter einer Essener Kirchengemeinde an der Bekenntnissynode der Deutschen Evangelischen Kirche in Wuppertal-Barmen teil. 1937 wurde er Vorsitzender des Christlichen Vereins junger Menschen (CVJM, damals noch Christlicher Verein junger Männer) in Essen. Nach dem Krieg gehörte Heinemann der Leitung der Evangelischen Kirche im Rheinland an und wurde im August 1945 in den Rat der EKD gewählt. Er formulierte im Oktober 1945 bei der EKD-Tagung in Stuttgart die Schulderklärung mit. Damit gestand die Kirche ihr Versagen im Dritten Reich ein.1949, auf der ersten Synode der EKD, wurde Heinemann zum Präses gewählt. Ihm wird auch das Zitat "Die Herren dieser Welt gehen, unser Herr kommt" zugeschrieben.

Dem ersten Bundespräsidenten Theodor Heuss dagegen wurde vorgeworfen, "nicht gerade kirchenfreundlich eingestellt zu sein". Der Mitbegründer der FDP soll sich sogar gegen eine kirchliche Hochzeit, die er als "Komödie" bezeichnete, zur Wehr gesetzt haben. Seine Frau Elly Knapp, die er bei seinem Mentor und politischen Ziehvater Friedrich Naumann kennengelernt hat, war dagegen im christlichen Glauben verwurzelt. Als Gründerin des Müttergenesungswerks engagierte sie sich auch karitativ. Heinrich Lübke war bis zu Wulffs Wahl der einzige katholische Bundespräsident. Sein Steckenpferd war die Entwicklungshilfe. Ähnlich wie der Protestant Walter Scheel engagierte er sich nicht in kirchlichen Ämtern. (pro)

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