„Mit diesem Papst fühle ich mich verbunden“

Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm hat am Donnerstag Papst Franziskus in Rom besucht. Es sei wie ein Treffen wie unter Brüdern gewesen, sagte Bedford-Strohm nach dem Gespräch.
Von PRO
Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm hat das Gespräch mit Papst Franziskus als ein Treffen „wie unter Brüdern“ empfunden
Bei dem Treffen im Gästehaus Santa Marta, wo Franziskus wohnt, sei eine Atmosphäre entstanden, bei der „die Einheit um Christus herum, die wir als Kirche ersehnen, tatsächlich spürbar war“. Das sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) Heinrich Bedford-Strohm im anschließenden Interview mit domradio.de. Der Papst sei ein Mensch, „mit dem man gerne zusammen ist“. Das Gespräch sei sehr „dynamisch und herzlich“ gewesen. „Wir sind uns begegnet wie Brüder. Das macht mir Hoffnung“, sagte er. Beide Kirchenmänner hätten vor allem über Europa und die Flüchtlingsfrage gesprochen. „Wir sind uns darin einig, dass Christus bezeugen heute heißt, dass wir in diesem Europa dafür eintreten, dass es nicht von Stacheldraht und Mauern durchzogen wird“, berichtete der EKD-Ratsvorsitzende. Europa dürfe sich nicht gegenüber Menschen abschotten, die Hilfe suchten. Er sei deshalb auch begeistert gewesen über die gemeinsame Erklärung des Papstes, des ökumenischen Patriarch Bartholomaios I. und des Athener Erzbischof Hieronymus II., die diese Mitte April anlässliches eines Besuches auf der griechischen Insel Lesbos veröffentlichten. Das sei ein „starkes Zeichen der verschiedenen Traditionen der Christenheit“, sagte Bedford-Strohm. Die Erklärung zeige, dass Europa solidarisch zusammen stehen und Flüchtlinge mit offenen Armen empfangen müsse, wenn es seine christlichen Wurzeln ernst nehmen wolle. Alle müssten mithelfen. Das sei die Botschaft der Kirchen.

„Nicht über andere hinweg richten“

Das Engagement des Papstes für die Armen beeindrucke ihn besonders, sagte der 56-Jährige. Franziskus stelle die Bedürftigen ins Zentrum. „Diesem Papst fühle ich mich verbunden“, sagte er in einem Interview mit der Wochenzeitung Die Zeit im Vorfeld des Papst-Besuches. Es sei in Zeiten von Extremismus und Fanatismus wichtiger denn je, dass beide Kirchen „gemeinsam Zeugnis ablegen für die Werte von Barmherzigkeit und Humanität“. Er habe mit Franziskus auch über „Amoris Laetitia“ (Freude der Liebe) gesprochen, sagte der Ratsvorsitzende nach dem Treffen. In dem Schreiben fasst Franziskus die Haltung der Katholischen Kirche zu Ehe und Familie zusammen. Beide Kirchenmänner seien sich einig, dass man jeden Menschen in seiner besonderen Lebenssituation wahrnehmen müsse, nicht über andere Menschen hinweg richten dürfe und „dass das Scheitern etwas ist, das uns allen im Leben begegnen kann“. Bedford-Strohm bezog sich damit auf das Thema Scheidung, das in dem Papier unter anderem behandelt wird. Im Zeit-Interview machte er deutlich, dass beide Konfessionen die Frage nach dem Scheitern der Ehe beantworten müssten. Ihm gefalle an Franziskus, dass dieser davor warne, abstrakte moralische Normen zu propagieren. „Das habe ich so deutlich noch von keinem Papst gehört“, sagte er in dem Interview. Weniger erfreut sei er über die Passage über konfessionsverbindende Ehen in „Amoris Laetitia“. Sie besage, dass sich die Paare beim Abendmahl an katholische Regelungen zu halten hätten und es nur im Ausnahmefall zusammen feiern dürften. Bedford-Strohm wünscht sich ein neues Zeichen: „Die Eheleute sollen nicht nur Tisch und Bett teilen dürfen, sondern auch am Tisch des Herrn gemeinsam willkommen sein.“

„Nicht über die Lebenswelt der Menschen hinwegsegeln“

Hohes Konfliktpotenzial zwischen Evangelischer und Katholischer Kirche sieht er beim Thema Sexualität, insbesondere der Homosexualität. „Dort sind wir besonders verletzlich“. Man dürfe sich dabei nicht auf öffentliche Erklärungen beschränken, sondern solle zum Beispiel das persönliche Gespräch suchen: „Es hilft auch, die Konservativen zu fragen, wie es wäre, wenn es um ein Mitglied ihrer eigenen Familie ginge, um einen Sohn, eine Tochter.“ Das dämpfe die Bereitschaft, andere „moralisch abzuqualifizieren“. Die Orientierungshilfe der EKD zum Thema Ehe und Familie sei 2013 veröffentlicht worden, um deutlich zu machen, dass sich die Kirche genau diesen gesellschaftlichen Realitäten stelle. „Wir können nicht mit unseren Idealen über die Lebenswelt vieler Menschen hinwegsegeln.“ Die Ehe habe sich bewährt und beide Kirchen seien sich zudem einig, sie als „lebenslange, verbindliche Beziehung“ zu betrachten. „Aber wir sind nicht nur für Verheiratete da“, machte der Ratsvorsitzende im Zeit-Gespräch deutlich. Der Papst habe bei dem Gespräch außerdem gesagt: „Wir sind gemeinsam auf dem Weg.“ Wie schnell die Kirchen diesen Weg gängen und wann sie am Ziel und in einer sichtbaren Einheit ankämen, sei noch nicht absehbar. „Aber dass wir auf dem Weg sind und dass wir Schritte tun müssen, das ist glaube ich ganz klar. Und darüber sind wir uns auch einig“, zitiert tagesschau.de den Ratsvorsitzenden. Am 31. Oktober dieses Jahres, dem Reformationstag, soll es im schwedischen Lund erstmals einen gemeinsamen Gottesdienst der Versöhnung des Lutherischen Weltbundes mit Franziskus geben. Das Reformationsjubiläum 2017 als „großes Christusfest in ökumenischer Perspektive“ zu feiern, stoße bei Franziskus auf große Zustimmung, schrieb Bedford-Strohm nach dem Treffen auf seiner Facebook-Seite. (pro)
https://www.pro-medienmagazin.de/gesellschaft/kirche/detailansicht/aktuell/freude-der-liebe-papst-verzichtet-auf-generelles-machtwort-95655/
https://www.pro-medienmagazin.de/gesellschaft/kirche/detailansicht/aktuell/kirchen-rufen-zu-mehr-wertschaetzung-alter-menschen-auf-95640/
https://www.pro-medienmagazin.de/gesellschaft/detailansicht/aktuell/tuerkei-abkommen-fehlende-humanitaere-und-rechtliche-standards-95595/
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