"Diese unehrlichen, verrückten Finanzgeschäfte gehören verboten!", sagte Deichmann, der Theologie und Medizin studierte, dann jedoch das Familienunternehmen "Deichmann" zu Europas größter Schuhhandelskette machte. Diese Gier habe mit Wirtschaft nichts zu tun. "Würden wir schlechte Produkte liefern oder höhere Preise nehmen – wir wären schnell weg vom Markt."
Deichmann ist engagierter Christ und in einer evangelisch-freikirchlichen Gemeinde aktiv. Auf die Frage, wie sehr ihn das präge, sagt er der vor allem in Ostdeutschland populären Zeitung: "Ich fühle mich dem christlichen Menschenbild verpflichtet, auch als Kaufmann. Ich darf meine Geschäftspartner und Kunden nicht übervorteilen." Das Unternehmen und die Wirtschaft habe dem Menschen zu dienen, ist er überzeugt. "Es geht nicht um Profit um jeden Preis, sondern darum, eine vernünftige Aufgabe in der Gesellschaft zu verrichten und sich auch um die zu kümmern, die Hilfe brauchen."
Deichmann weiß, dass die weltweite Wirtschaftskrise noch nicht vorbei ist, dennoch investiert sein Unternehmen, das 3,4 Milliarden Euro Umsatz macht, derzeit wie nie zuvor in der Firmengeschichte in die Zukunft. Die Krise treffe sein Unternehmen nicht: "Wenn ich diese Nachrichten nicht jeden Tag lesen und hören würde, würde ich die Krise wahrscheinlich nicht bemerken." Stattdessen befinde sich sein Unternehmen "seit vielen Jahren auf dem Wachstumsweg".
Seine Firma habe vor kurzem erst rund 400 neue Arbeitsplätze geschaffen, in Deutschland sollen abermals 400 neue Mitarbeiter eingestellt werden. Das Unternehmen habe in den letzten Jahren keine Kredite benötigt, freut sich Deichmann. "Das hat uns unabhängig von den Banken gemacht, aber auch immun gegen diese Einflüsterungen, in vermeintlich lukrative Aktien- oder Wertpapiere zu investieren."
Chef legt Wert auf biblische Moral und "alte Tugenden"
Ein Börsengang sei für ihn nie reizvoll gewesen. "Die Freiheit des Unternehmers ist die Voraussetzung, dass ein Unternehmen überhaupt gut geführt werden kann. Anderswo wechseln ständig die Vorstände, bei uns ist alles langfristig angelegt: Seit zehn Jahren ist mein Sohn – in dritter Generation – Vorsitzender der Geschäftsführung."
Der Reporter fragt: "Hilft uns Moral aus der Krise?", und Deichmann antwortet: "Ich hoffe, dass die alten Tugenden wie anständig seine Arbeit machen, sparsam sein, nicht alles haben müssen, wieder zur Ordnung führen. Wenn man nur schnell Gewinn machen will, um jeden Preis reich werden will, dann führt es den Menschen in Untergang und Verderben. So steht es schon in der Bibel."
Obwohl er ein reicher Mann ist, gelte ihm Luxus nichts, so Deichmann: "Eine protzige Jacht brauche ich gewiss nicht. Als meine Frau noch lebte, haben wir Kreuzfahrten gemacht, weil das so bequem war. Ich habe auch ein schönes Auto, besitze seit langem ein Ferienhaus in der Schweiz, fahre noch Ski und reite. Das Pferd dazu miete ich mir." Deichmann gründete vor über 30 Jahren das Hilfswerk "Wortundtat", das sich in Indien und Tansania engagiert. Millionen steckt er in Hilfsprojekte.
Auch auf die Mitarbeiter wirkt sich der christliche Glaube ihres Chefs aus: "Wir zahlen übertariflich dank Umsatzprovision, bieten freiwillige soziale Leistungen, besonders in Notfällen, Altersversorgung und Erholungskuren in der Schweiz. Und wir haben noch nie aus betriebsbedingten Gründen entlassen." Dabei müssten die Mitarbeiter natürlich nicht selbst Christen sein, gibt Deichmann zu verstehen. Im Übrigen arbeiteten etwa 800 Mitarbeiter türkischer Herkunft in der Firma, "auch in leitenden Funktionen". (pro)