Mission Manga

Mangas sind brutal, zeigen Sexszenen en détail und seine Fans erinnern oft an eine Mischung aus Märchenwesen und Punkrocker. Dennoch oder gerade deshalb hat sich der japanischen Comic in den vergangenen Jahren von der Nische zum Mainstream gemausert. Sogar Geschichten der Bibel werden immer öfter in die Bilderkunst umgesetzt. Sieht so Mission im 21. Jahrhundert aus?
Von PRO


Noch an Ostern wurden Christen in Predigten, Anspielen oder Filmen
über die Passion daran erinnert: Als Jesus nach stundenlanger Marter von
der Welt verstoßen am Kreuz starb verdunkelte sich der Himmel. Wolken
verdeckten die Nachmittagssonne, ein Unwetter erschütterte Jerusalem und
der Vorhang im Tempel zerriss. Soweit die biblische Überlieferung. Der
Mangakünstler Siku hingegen stellt sich diese Szene eher wie im Film
"Independence Day" vor.
In einer geplanten Film-Adaption seines Mangas "Jesus" sollen Raumschiffe den Himmel verdunkeln. "Es soll wie eine Invasion aussehen", verrät er im Gespräch mit pro. Warum? Weil es im Manga nicht darum geht, die Geschichte wortgetreu wiederzugeben. "Ich frage mich an dieser Stelle: Was möchte ich meinen Zuschauer fühlen lassen? Ich will, dass er spürt, dass da etwas Überirdisches vorgeht", sagt Siku.


Ein Blick in die Regale christlicher Büchereien zeigt: Es könnte sein, dass Christen sich an diese Art des Umgangs mit der Schrift gewöhnen müssen. Manga ist in. Und Manga steht für künstlerische Freiheit – auch wenn diese gelegentlich in Kitsch und Klamauk ausartet. Sikus "Jesus" ist nicht der erste Bibel-Manga auf dem deutschen Markt. Bereits im vergangenen Jahr erschien etwa Kozumi Shinozawas "Messias", eine weitere Adaption des Evangeliums im Manga-Stil, oder "Jesus – die größte Geschichte aller Zeiten", eine Vorlese-Bibel, die die Manga-Zeichnungen der chinesischen Künstlerin Yuka und den Text von Mechthild und Veronika Kleineidam verbindet. Bevor jüngst Sikus "Jesus" erschien, hatte sich der Maler bereits 2008 mit seiner "Manga-Bibel" verewigt.

Auch das bewegte Bild erobern nun christliche Manga-Geschichten: Das "Jesus-Film-Projekt" der Organisation "Campus für Christus" hat seinen über 30 Jahre alten evangelistischen Jesus-Film neu aufgelegt: Als Anime, der filmischen Variante des Manga. In nur 9 Minuten und 13 Sekunden erzählt "My Last Day" die Geschichte von Jesu Kreuzigung. Der Zuschauer sieht die Ereignisse durch die Augen eines gemeinsam mit Jesus gekreuzigten Diebes und Mörders.

Neuer Zugang zur Geschichte des Evangeliums

Die junge Generation und ein medien-interessiertes Publikum brauchten einen neuen Zugang zur Geschichte des Evangeliums, erklärte Greg Gregoire, Mitarbeiter beim "Jesus-Film-Projekt", gegenüber der "Christian Post". Dabei kommt der Kurzfilm, typisch für einen Manga, brutaler daher als sein Vorgänger. Die realistische – mancher würde sagen blutige – Erzählweise ist ebenso Stilmittel der japanischen Erzählkunst, wie der Kitsch im Stile des in Deutschland wohl bekanntesten Manga-Klassikers "Heidi".


Für den Künstler Siku ist der Manga zu seiner Mission geworden. Ajibayo Akinsiku, wie er mit echtem Namen heißt, ist so ziemlich das Gegenteil des klassischen japanischen Mangakünstlers. Siku ist Brite mit nigerianischen Wurzeln, Theologe und Künstler, lebt in London – und ist gläubiger Christ. "Ich habe begonnen zu glauben, als ich elf war – und seitdem habe ich mich entwickelt", beschreibt er sich. "Ich war bei den Pfingstlern, bei den Charismatikern, ich war in einer katholischen Kirche, bei den Anglikanern und bei den Baptisten. Derzeit gehe ich in eine Pfingstgemeinde. Wenn Sie mich fragen, wer ich bin, kann ich nur sagen: Ich bin all das."

"Abenteuer" Pastor

Nicht mal als Christ will Siku sich bezeichnen, denn seine Vorbilder, Abraham und Jesus, seien ja auch keine Christen gewesen. Dennoch möchte er eines Tages Pastor werden: "Das wäre ein Abenteuer. Ich würde wohl viel mit Comics, Filmen und Musik arbeiten – mit Medien eben. Ich denke oft über verrückte Wege nach, das Evangelium weiterzugeben."

Mit seiner Kunst will er vor allem eines: Jesus nacheifern. "Es gibt diesen Ausspruch: Jesus würde einen wirklich schlechten Theologen abgeben. Man sagt das, weil Theologen in der Regel sehr systematisch sind. Jesus war nicht systematisch. Er hat hochkomplizierte theologische Zusammenhänge einfach erzählt und sie für jeden zugänglich gemacht und illustriert. So versuche ich es auch zu machen." Um die Geschichte vom Kreuz zu veranschaulichen, darf auch Blut fließen, antwortet Siku Kritikern, die den Manga für kein adäquates Mittel halten, um das Wort Gottes weiterzugeben.

Er findet: "Künstler geben die besseren Theologen ab." Wissenschaftler versuchten, die Dinge zu kategorisieren, in Schubladen zu stecken und zu definieren. Künstler hingegen seien Freidenker. "Sie lassen auch das Unerwartbare zu. Und genauso ist Gott: Jenseits jeder Definition! Gott steht über all dem", sagt Siku. Da sind dann wohl auch Raumschiffe am Himmel über dem Römischen Reich erlaubt. (pro)

Lesen Sie ein Interview mit dem Manga-Künstler Siku in der aktuellen Ausgabe des Christlichen Medienmagazins pro, das Sie kostenlos unter der Telefonnummer: 06441/915-151 bestellen können.

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