Misereor: Mehr Geld für Entwicklungshilfe, weniger Waffen an Israel

Das katholische Hilfswerk Misereor hat an die Bundesregierung appelliert, geplante Kürzungen in der Entwicklungszusammenarbeit zu überdenken. Wo auf die USA kein Verlass mehr sei, müsse Deutschland umso mehr investieren.
Von Anna Lutz
Kind Afrika

Misereor-Geschäftsführer Andreas Frick ist besorgt. Vielerorts auf der Welt stehe auf dem Spiel, was Entwicklungszusammenarbeit in den letzten Jahren erreicht habe, sagte er am Mittwoch bei der Vorstellung des Jahresberichts seiner Organisation in Berlin. Nicht zuletzt liege das an den Amerikanern. Misereor rechnet mit 44 Milliarden US-Dollar weniger im kommenden Jahr für die Armutsbekämpfung. 

Seine Sorge verknüpft Frick mit einem Appell an die Bundesregierung: „Wenn in dieser Situation in der Welt auch Deutschland weitere Kürzungen vornimmt, hätte das dramatische Folgen.“ In Richtung des Bundeskanzlers Friedrich Merz sagte er: „Bitte überdenken Sie nochmal die geplanten Kürzungen im BMZ-Haushalt (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, d. Red.) und in der humanitären Hilfe.“ Denn: „Bei weltweit wachsendem Hunger wird es weder Frieden noch Sicherheit geben.“

Ausschnitt aus dem Jahrespressekonferenz, Beteiligte sitzen Foto: Presse-Misereor | All Rights Reserved
Pressekonferenz von Misereor in Berlin: (v.l.) Prälat Karl Jüsten, Pressesprecherin Barbara Wiegand, Geschäftsführer Andreas Frick, Vorstand Bernd Bornhorst

Das Kabinett Merz plant in der Tat weitreichende Kürzungen. So soll der Etat des Ministeriums um zehn Prozent sinken und damit um rund 940 Millionen Euro. Die endgültige Entscheidung dazu steht aber noch aus und fällt in den nächsten Wochen im Deutschen Bundestag. 

Prognose: 4,5 Millionen Kinder könnten sterben

Noch wesentlich größeren Einfluss auf die Entwicklungszusammenarbeit hat jedoch die politische Lage in den USA. Grund ist die Einstampfung der Behörde USAID und das am Dienstag mit hauchdünner Mehrheit beschlossene Haushaltsgesetz der Regierung Trump. Der Haushalt sieht Steuersenkungen und Mehrausgaben für Militär und Grenzsicherung vor, im Gegenzug plant Trump drastische Kürzungen bei Sozialausgaben und internationalen Hilfsprogrammen. Eine nun in der Fachzeitschrift „Lancet“ veröffentlichte Studie geht davon aus, dass mehr als 14 Millionen Menschen bis 2030 aufgrund der Kürzungen der US-Hilfen sterben könnten, darunter mehr als 4,5 Millionen Kinder im Alter von unter fünf Jahren. 

Auch in Berlin warnte Misereor-Vorstand Bernd Bornhorst vor Kürzungen der Mittel: 20 Prozent weniger Mittel bei Misereor „bedeutet nicht, dass Misereor pleite geht. Es bedeutet, dass an vielen Orten der Welt Träume und Hoffnungen zerstört werden.“ In Richtung Merz sagte er mit Bezug zu Trump: Der Narrativ „Our Country first“ (Unser Land zuerst) säge an der Demokratie. 

Misereor nutzte die Gelegenheit auch für Kritik an Israel und an deren Unterstützern. Die israelische Regierung behindere Hilfslieferungen in den Gazastreifen. Mindestens 400 Menschen seien beim Warten auf Nahrungsmittel erschossen worden. „Das ist ein Skandal“, sagte Bornhorst. „Genauso, wie wir von Anfang an die Verbrechen der Hamas an der israelischen Bevölkerung verurteilt haben, müssen wir auch die Taten der israelischen Regierung verurteilen.“

Der katholische Politikbeauftragte, Prälat Karl Jüsten, forderte die deutsche Regierung dazu auf, keine Rüstungsexporte mehr nach Israel zu genehmigen, die erkennbar zu schweren Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht genutzt würden. Außerdem warnte er vor einer Aufrüstung in Deutschland: „Eine so starke Fokussierung aufs Militärische wird langfristig nicht allein für mehr Frieden sorgen.“ Der Kampf gegen Hunger, Armut und Klimawandel dürfe nicht nachlassen, „um Krisen vorzubeugen und Stabilität zu schaffen“.

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