Ministerium verbietet anti-evangelikales Schulbuch

In einem Schulbuch für die Oberstufe dürfen evangelikale Christen nicht pauschal als weniger gebildet bezeichnet werden. Das entschied das bayerische Kultusministerium nach Protesten gegen das Buch "Context 21" aus dem Schulbuchverlag Cornelsen.
Von PRO
Das Englisch-Lehrbuch "Context 21" enthält ein Kapitel zum Thema "Fundamentalismus in Amerika". Darin steht ein Text der amerikanischen Schriftstellerin Susan Jacoby, in dem sie behauptet, dass "ein unbestreitbarer, starker Zusammenhang zwischen religiösem Fundamentalismus und einer fehlenden Bildung" bestehe. Der Glaube an die göttliche Schöpfung unserer Welt habe "die öffentliche Bildung in vielen Regionen des Landes nachhaltig (negativ) beeinflusst", heißt es da. Dies sei ein Grund dafür, dass das Wissen amerikanischer Gymnasiasten geringer sei als das von gleichaltrigen Schülern in Europa und Asien.

Im März hatten sich zwei Lehrer über das Buch beschwert. Auch der Vorsitzende der Theologischen Kommission der Weltweiten Evangelischen Allianz, Thomas Schirrmacher, warf Jacoby vor, in ihrem Text "hochkomplexe Zusammenhänge in einem stark religiösen Land wie den USA auf einfache Stereotypen zu reduzieren". Danach hatte der Verlag angekündigt, den Text zu überarbeiten. Dies geschah allerdings nach Ansicht der Kritiker nur sehr unzureichend.

Wie die Evangelische Nachrichtenagentur "idea" berichtet, entschied nun das Kultusministerium von Bayern, dass das Schulbuch des Berliner Cornelsen-Verlages nicht zugelassen werden könne, wenn es die umstrittenen, anti-evangelikalen Aussagen enthalte. Die Politiker erklärten, die Passage stimme  nicht mit Artikel 131 der Bayerischen Verfassung überein. Darin heißt es unter "Ziele der Bildung": "Oberste Bildungsziele sind Ehrfurcht vor Gott, Achtung vor religiöser Überzeugung und vor der Würde des Menschen (…)".

Der Verband Evangelischer Bekenntnisschulen begrüßte laut "idea" diese Entscheidung. Das angesprochene Kapitel stelle die Evangelikalen sehr einseitig dar, so Vorstandsmitglied Gerhard Ellermann. Der Cornelsen-Verlag wollte sich bislang nicht zu dem Vorgang äußern.

Nicht das erste anti-evangelikale Cornelsen-Buch

Es ist nicht das erste Mal, dass der Cornelsen-Verlag Texte in Schulbüchern abdruckt, die evangelikale Christen scharf angreifen. Das Englischbuch "Crossover" (Band 2, 1. Auflage, ISBN 978-3-06-020483-0) aus dem Jahr 2009 hat ebenfalls "fundamentalistische Christen" zum Thema gemacht und davor gewarnt, diese seien einem religiösen "Wahn" verfallen, der auf der Bibel gründe. Es enthält einen Artikel der britischen Tageszeitung "The Guardian", der überschrieben ist mit "Ihr Glaube ist übergeschnappt, aber sie sind das Herz der Macht". Diese Christen wollten einen Krieg im Nahen Osten herbeiführen, weil dann der Messias wieder käme. Das Buch forderte die Schüler auf: "Wir können über diese Menschen lachen, aber wir sollten sie nicht abweisen. Dass ihr Glaube schwachsinnig ist, bedeutet nicht, dass sie eine Randerscheinung sind."

Laut "idea" brachte der Cornelsen-Verlag außerdem im vergangenen Jahr ein Deutschbuch heraus, in dem die Sage von Doktor Faust behandelt wird. Der Verein "Kirchliche Sammlung um Bibel und Bekenntnis" (KSBB) in Bayern habe das Buch kritisiert, weil darin die Aufgabe gestellt worden sei, eine Beschwörungsformel für den Teufel zu verfassen und zu überlegen, welche Verlockungen heute einen Teufelspakt rechtfertigen könnten.

Im Sommer 2008 brachte der "Verlag an der Ruhr" aus Mülheim, der zur Cornelsen-Holding gehört, ein Buch für Schüler der Klassen 7 bis 13 zum Thema "christlicher Fundamentalismus" heraus. Der damals 25-jährige Verfasser Stephan Sigg schreibt darin, es gebe kaum einen Unterschied zwischen muslimischen und christlichen Fundamentalisten. Während die Welt aus irgendwelchen Gründen jedoch den radikalen Islam zum "Sündenbock" erkoren habe, gelte: "Christliche Fundamentalisten verbreiten nach wie vor ihren Glauben mit Gewalt." Auch in Deutschland versuchten diese christlichen Fundamentalisten ihre Herrschaft auszubreiten. Sie seien antimodern und fortschrittsfeindlich. "Ihre Aktionen können für eine Gesellschaft gefährlich werden", heißt es in dem Schulbuch. (pro)
https://www.pro-medienmagazin.de/buecher.html?&news[action]=detail&news[id]=267
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