„Mich stören die vielen Fake News“

Michael Voß ist beim Radiosender MDR Aktuell für Themen aus der digitalen Welt zuständig. Er diskutierte gerne auf Facebook, verließ das Netzwerk aber, weil ihn die Debattenkultur zunehmend störte. Wie lebt es sich nach fünf Wochen Facebook-Detox?
Von PRO
Macht Facebook-Pause: MDR-Journalist Michael Voß

pro: Am 3. Januar haben Sie sich von Facebook verabschiedet und geschrieben: „Was ich mache, muss mir auch Spaß bringen.“ Wieso macht Facebook keinen Spaß mehr?

Michael Voß: Ich diskutiere gern, aber oft glitten Facebook-Diskussionen auf ein Niveau herab, das mir nicht mehr gefiel. Einer der häufigsten Vorwürfe gegen mich war, ich wisse nicht, wie Journalismus funktioniere. Menschen, die vermutlich wenig Erfahrung im Journalismus haben, erklärten mir dann, wie ich meinen Beruf zu machen habe. Tipps nehme ich gern entgegen. Doch darum ging es selten. Meistens waren es heftige Vorwürfe. Was mich schockierte: Auch Mitchristen waren darunter.

Bei welchen Themen ging es besonders heiß her?

Das war nicht auf bestimmte Themen beschränkt. Ich gebe zu, dass ich eine etwas penetrante Art habe, nachzufragen. Wenn einfach Behauptungen ohne Belege in den Raum gestellt werden, hake ich immer nach. Das bringt die Diskussionspartner dann irgendwann zur Weißglut. Statt darauf einzugehen, läuft es meist auf einen weiteren Vorwurf hinaus: Du bist Journalist, deswegen sagst du eben die Unwahrheit, schließlich ist ja alles vorgegeben, was du zu sagen hast.

Weil „alle Journalisten lügen“ und vom „Merkelsystem“ gesteuert werden?

Ich frage mich immer, von wem ich gesteuert werde. Ich arbeite in einer öffentlich-rechtlichen Anstalt, die drei Bundesländer abdeckt: Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt. Eines wurde bis vor Kurzem von einem linken Ministerpräsidenten regiert, die anderen beiden von CDU-geführten Koalitionen. Die Bundesregierung ist eine schwarz-rote Koalition. Wer von denen soll meine Kollegen und mich denn steuern? Wenn sich Politiker schon nicht auf eine Linie einigen können, wie wollen sie dann entscheiden, was sie uns vorzugeben haben? Das frage ich dann immer.

Nichts kann das echte Gespräch ersetzen

Und was antworten Ihre Gesprächspartner?

Darauf habe ich noch nie eine Antwort bekommen – wie auch? Ich weise meist darauf hin, dass mir keine Anweisungen bekannt sind. Ich arbeite im MDR teilweise als Chef vom Dienst, stelle also auch Sendungen zusammen. In unserer Redaktion treffen wir uns in der Morgenrunde und diskutierten mitunter kontrovers über die Themenlage. Wir machen sogar regelmäßig Abstimmungen, weil wir meist mehr Nachrichten haben als Kollegen, die sie bearbeiten können. Meistens ist die Chefredakteurin dabei – selbst die wird manchmal überstimmt.

Schriftliche Diskussionen wie auf Facebook schaukeln sich oft hoch. Im echten Leben geht es unaufgeregter zu. Warum?

Im persönlichen Gespräch kann man etwas mit einem Augenzwinkern sagen, ohne dass es das Gegenüber falsch versteht. Man kann viel deutlicher rüberbringen: Ich meine diese Aussage jetzt ernst, aber wir müssen uns deswegen nicht streiten. Bei Facebook gibt es zwar Smileys, aber auch die können das echte Gespräch nicht ersetzen. Ein zweites Problem ist die Anonymität: Manche Menschen kennt man vom Namen her, hat aber im Alltag nichts mit ihnen zu tun. Außerdem sind Facebook-Nutzer ja nicht unter sich, viele Inhalte sind öffentlich sichtbar. Da ist es mir wichtig, Unwahrheiten richtig zu stellen. Mich stören die vielen Fake News auf Facebook.

Angenommen, morgen würde Marc Zuckerberg Facebook von den Servern nehmen. Wäre die Welt dann besser?

Nö. Die Welt ist eben so, wie die Menschen sind, unabhängig davon, ob sie Facebook, Telefon oder Twitter nutzen. Ich habe den Eindruck, dass man es bei Twitter, vorsichtig formuliert, mit etwas kultivierteren Personen zu tun hat, auch wenn das böse klingt. Auf Twitter gibt es auch Diskussionen, aber meist sind sie einigermaßen vernünftig.

Auf Twitter gibt es aber auch Beleidigungen, Shitstorms und Drohungen von Links und Rechts.

Ja, meinen größten Shitstorm habe ich auf Twitter erlebt. Ich habe mich vor Jahren in einem Tweet gegen muslimische Lieder in christlichen Gottesdiensten ausgesprochen. Manche Twitternutzer warfen mir dann vor, ich sei ein „erzkonservativer Christ“, der „Pegida“ und „Legida“ unterstütze. Wer mich kennt, weiß, dass das totaler Quatsch ist. Ich lege mich sowohl mit Links- als auch mit Rechtsextremen an. Ich sehe in beiden eine Gefahr für die Demokratie. Das führt dazu, dass die Linken einen in die rechte Ecke schieben und die Rechten in die linke. Der Anführer des Shitstorms, ein einflussreicher Blogger, wollte sich beim MDR beschweren, damit ich entlassen werde. Die Chefredaktion fand die Vorwürfe gegen mich dermaßen belanglos, dass sie gar nicht näher darauf eingegangen ist. Ich habe dann eine lange Stellungnahme auf meiner Homepage veröffentlicht.

Sie sind bei MDR Aktuell ausgerechnet für Digitalthemen zuständig. Kann man sich da einfach so aus Facebook raushalten?

Im Moment mache ich nur Pause, mein Konto existiert weiterhin. Mit einem zweiten Konto habe ich weiterhin die Möglichkeit, alles Wichtige auf Facebook zu verfolgen. Für mich ist das auch eine Art der Erholung. Im Moment vermisse ich die Kalender-Funktion, die mich an Geburtstage erinnert. Und manche Diskussionen mit Menschen, die es schaffen, sachlich zu bleiben.

Vielen Dank für das Gespräch!

Und was antworten Ihre Gesprächspartner?

Darauf habe ich noch nie eine Antwort bekommen – wie auch? Ich weise meist darauf hin, dass mir keine Anweisungen bekannt sind. Ich arbeite im MDR teilweise als Chef vom Dienst, stelle also auch Sendungen zusammen. In unserer Redaktion treffen wir uns in der Morgenrunde und diskutierten mitunter kontrovers über die Themenlage. Wir machen sogar regelmäßig Abstimmungen, weil wir meist mehr Nachrichten haben als Kollegen, die sie bearbeiten können. Meistens ist die Chefredakteurin dabei – selbst die wird manchmal überstimmt.

Schriftliche Diskussionen wie auf Facebook schaukeln sich oft hoch. Im echten Leben geht es unaufgeregter zu. Warum?

Im persönlichen Gespräch kann man etwas mit einem Augenzwinkern sagen, ohne dass es das Gegenüber falsch versteht. Man kann viel deutlicher rüberbringen: Ich meine diese Aussage jetzt ernst, aber wir müssen uns deswegen nicht streiten. Bei Facebook gibt es zwar Smileys, aber auch die können das echte Gespräch nicht ersetzen. Ein zweites Problem ist die Anonymität: Manche Menschen kennt man vom Namen her, hat aber im Alltag nichts mit ihnen zu tun. Außerdem sind Facebook-Nutzer ja nicht unter sich, viele Inhalte sind öffentlich sichtbar. Da ist es mir wichtig, Unwahrheiten richtig zu stellen. Mich stören die vielen Fake News auf Facebook.

Angenommen, morgen würde Marc Zuckerberg Facebook von den Servern nehmen. Wäre die Welt dann besser?

Nö. Die Welt ist eben so, wie die Menschen sind, unabhängig davon, ob sie Facebook, Telefon oder Twitter nutzen. Ich habe den Eindruck, dass man es bei Twitter, vorsichtig formuliert, mit etwas kultivierteren Personen zu tun hat, auch wenn das böse klingt. Auf Twitter gibt es auch Diskussionen, aber meist sind sie einigermaßen vernünftig.

Auf Twitter gibt es aber auch Beleidigungen, Shitstorms und Drohungen von Links und Rechts.

Ja, meinen größten Shitstorm habe ich auf Twitter erlebt. Ich habe mich vor Jahren in einem Tweet gegen muslimische Lieder in christlichen Gottesdiensten ausgesprochen. Manche Twitternutzer warfen mir dann vor, ich sei ein „erzkonservativer Christ“, der „Pegida“ und „Legida“ unterstütze. Wer mich kennt, weiß, dass das totaler Quatsch ist. Ich lege mich sowohl mit Links- als auch mit Rechtsextremen an. Ich sehe in beiden eine Gefahr für die Demokratie. Das führt dazu, dass die Linken einen in die rechte Ecke schieben und die Rechten in die linke. Der Anführer des Shitstorms, ein einflussreicher Blogger, wollte sich beim MDR beschweren, damit ich entlassen werde. Die Chefredaktion fand die Vorwürfe gegen mich dermaßen belanglos, dass sie gar nicht näher darauf eingegangen ist. Ich habe dann eine lange Stellungnahme auf meiner Homepage veröffentlicht.

Sie sind bei MDR Aktuell ausgerechnet für Digitalthemen zuständig. Kann man sich da einfach so aus Facebook raushalten?

Im Moment mache ich nur Pause, mein Konto existiert weiterhin. Mit einem zweiten Konto habe ich weiterhin die Möglichkeit, alles Wichtige auf Facebook zu verfolgen. Für mich ist das auch eine Art der Erholung. Im Moment vermisse ich die Kalender-Funktion, die mich an Geburtstage erinnert. Und manche Diskussionen mit Menschen, die es schaffen, sachlich zu bleiben.

Vielen Dank für das Gespräch!

Michael Voß berichtet für MDR über Digitalthemen. Außerdem ist er Vorstandsvorsitzender der Christlichen Medieninitiative pro, die auch das Christliche Medienmagazin pro herausgibt.

Die Fragen stellte Nicolai Franz

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