Bundeskanzlerin Angela Merkel sieht die Anonymität im Internet kritisch. Sie plädierte dafür, Werte und Umgangsformen aus dem realen Leben auch für den Umgang in den sozialen Netzwerken im Internet als Maßstab anzulegen. „Wir benötigen ein Wertesystem. Die Maßstäbe des Zusammenlebens dürfen sich nicht verändern“, sagte sie vor 9.000 Zuhörern auf dem Evangelischen Kirchentag in Stuttgart. Wenn es im realen Leben Freiheitsbegrenzungen gebe, müsse das auch im Internet Geltung haben.
In einem Impulsreferat zum Thema „Digital und klug?“ bemängelte die Kanzlerin, dass Menschen eher über Smartphones kommunizierten statt persönlich miteinander zu sprechen. Bei jungen Menschen gebe es zudem eine hohe Bereitschaft, persönliche Daten „bedenkenlos für die Ewigkeit“ weiterzugeben. „Es kann nicht sein, dass Bürger bereit sind, alle möglichen persönliche Daten bereitwillig an Unternehmen zu übergeben, jedoch dem Staat, der die Terrorbekämpfung verfolgt, diese Daten nicht zur Verfügung stellen möchten.“
Anlehnend an das Kirchentagsmotto sagte sie: „Jede Zeit muss ihre eigene Klugheit entwickeln.“ Die Digitalisierung werde dazu führen, dass die Menschen andere Kompetenzen benötigten. Klugheit bedeute, Veränderungen zu meistern, auch wenn diese komplex seien. Merkel wies auch auf die verändernde Kraft neuer Medien hin. Zu Luthers Zeit sei es der Buchdruck gewesen, der der Reformation zum Durchbruch verholfen habe. Die Erinnerung daran solle „uns offen machen, dem Wandel zu begegnen“.