Merkel rät zu „Gottvertrauen“

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat am Dienstagabend in einem Vortrag in der Katholischen Akademie in München zu mehr "Gottvertrauen" angesichts der Finanzkrise aufgerufen. Die Europäer mit ihrem christlich-jüdischen Menschenbild müssten "kämpferischer" werden und ihr Werteverständnis in der Welt zur Geltung zu bringen. "Diese Angela Merkel erlebt man selten - eine Kanzlerin, die über ihren Glauben spricht", bewertetet das Magazin "Der Spiegel" die Rede.
Von PRO

Die Welt stehe angesichts der aktuellen Wirtschaftskrise vor
"einzigartigen Herausforderungen", so Merkel auf der Veranstaltung mit
dem Titel: "Politisches Handeln aus christlicher Verantwortung." Die
Weltwirtschaft erlebe derzeit den größten Abschwung seit Ende des
Zweiten Weltkrieges, außerdem gebe es immer weniger Erwerbstätige und
dabei mehr Rentner. "Die internationale Finanz- und Wirtschaftskrise
ist ein Beispiel für eine tiefe Maßlosigkeit, Gier, Exzesse, für völlig
außer Kontrolle geratene Durchsetzung von Eigeninteressen."

Merkel warnte die 550 Zuhörer, "ohne Grundsätze, Werte, Leitbilder, ohne dass wir Halt und Orientierung haben" werde es schwer, eine Lösung zu finden. "Wer im Meer der verschiedensten Interessen nicht orientierungslos hin- und hergetrieben werden will, der braucht einen verlässlich inneren Kompass." Für Merkel ist der durch das christlich-jüdische Weltbild geprägte Begriff der Menschenwürde zentral. Der Menschen sei als Ebenbild Gottes geschaffen worden.

Warum ein "C" im Namen der CDU steht

Merkel erklärte: Wenn CDU und CSU kein "C" im Namen trügen, würden viele Gesetze anders aussehen. Beim Vergleich zwischen der deutschen Gesetzgebung und der anderer europäischer Staaten stelle sie fest: "Ich bin stolz darauf, dass Parteien mit einem C im Namen an der Gestaltung mitwirken und das tiefe Ringen um die Würde des Menschen ausdrücken." So habe sich die Union etwa erfolgreich dafür eingesetzt, dass auch behindertes Leben gesetzlich geschützt sei und nicht in Frage gestellt werden könne. "Wir müssen Eltern ermutigen, auch mit behinderten Kindern zu leben."

"Wir sind Geschöpfe Gottes, und wir sind sozusagen verpflichtet, nicht in staatliche Allmachtsansprüche zu verfallen, sondern unser Werk zu tun", sagte Merkel. Das bedeute auch, dass niemand an seiner Unvollkommenheit zerbrechen müsse, "weil die Liebe Gottes gegenwärtig ist und jeden, der agiert in dieser Welt, auch die Politiker, umfängt."

Die Kanzlerin forderte zu Demut auf, denn "sie bewahrt uns davor, Freiheitsräume anderer zu beschneiden": "Wenn wir diese Demut nicht wieder erlernen und verstehen, dass wir gewinnen, wenn wir uns selbst so wichtig nehmen, dann wird es sehr schwer werden, den Zusammenhalt in einer Gesellschaft hinzubekommen."

Rat von Bischöfin Käßmann

Schon in der Präambel des Grundgesetzes heiße es: "Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen". Merkel: "Wenn wir heute ein neues Grundgesetz zu schreiben hätten, weiß ich nicht, ob wir noch eine Mehrheit dafür bekämen, das zu sagen."

Sie sei einmal in einem evangelischen Diskussionsforum in eine aussichtslose Lage gebracht worden, erzählte die CDU-Politikerin. "Weil ich immer wieder gefragt wurde: Wie wollen Sie das denn machen, können Sie garantieren, dass unser Lebensstandard nicht sinken wird, wurde immer verzweifelter. Und irgendwann sagte Bischöfin Käßmann dem Fragesteller: ‚Wissen Sie, manchmal braucht man auch ein Stück Gottvertrauen.‘ Und dieses Gottvertrauen brauchen wir, dieses Eingebettet sein in die Erkenntnis, dass wir (…) umfangen sind von der Liebe Gottes, die uns diese Kraft gibt, selbst in Situationen, von denen wir nicht genau eine Prognose machen können, wie es in 20 oder 25 Jahren aussieht." (PRO)

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