Bundeskanzlerin Angela Merkel verdient Respekt dafür, Fehler eingestanden zu haben. Um Vertrauen zurückzugewinnen, muss sie ihren Worten mehr Taten folgen lassen – dafür gibt es genug Gelegenheiten. Ein Kommentar von Moritz Breckner
Angela Merkel hat eingestanden, dass mehr als 80 Prozent der Deutschen eine andere Flüchtlings- und Asylpolitik fordern. (Archivbild)
Der Auftritt von Angela Merkel am Montag war ungewöhnlich. „Wir haben, weiß Gott, nicht alles richtig gemacht“, erklärte die Bundeskanzlerin im Bezug auf ihre Flüchtlingspolitik. „Wir waren keine Weltmeister bei der Integration. Wir müssen uns gleichsam selbst übertreffen, auch ich.“ Zu ihrer Entscheidung der Grenzöffnung im September 2015 sagte sie: „In der Abwägung war es absolut richtig, aber es hat letztendlich dazu geführt, dass wir eine Zeit lang nicht ausreichend Kontrolle hatten.“ Und Merkel gestand ein, dass ihr Satz „Wir schaffen das“ zu einer Leerformel verkommen ist, die sogar als provozierend verstanden wurde.
Vielen Kritikern war die Pressekonferenz nicht genug: Merkel vollziehe keinen klaren Kurswechsel und habe keine Strategie, lauten Vorwürfe. Und natürlich muss auch gesagt werden: Die Kanzlerin zeigt recht spät und erst unter dem Druck zweier weiterer verlorener Landtagswahlen Einsicht.
Diesen Kritikern sei aber gesagt: Dass ein deutscher Regierungschef so deutlich Schwächen einräumt, ist eine Seltenheit, für die Merkel Respekt verdient. Ungewohnt offen hat die Kanzlerin eingestanden, dass eine Mehrheit der Deutschen ihre Politik nicht versteht und sogar ablehnt – 82 Prozent, sagte die CDU-Chefin, wollen in eine andere Richtung. Nach den Beruhigungspillen, die Merkel im vergangenen Jahr bei Anne Will verteilte, ist das eine Kehrtwende. Ihre politischen Gegner können Merkel nun zumindest nicht mehr vorhalten, jegliche politische Bodenhaftung verloren zu haben.
550.000 abgelehnte Asylbewerber in Deutschland
Angela Merkel muss ihren Worten nun relativ schnell Taten folgen lassen. Darin liegt die Chance sowohl für ihre Regierung als auch für ihre Partei, Vertrauen zurückzugewinnen. An Problemen, die die große Koalition im Zusammenhang mit der Asylpolitik angehen kann, mangelt es nicht. Mehr als eine halbe Million Menschen leben derzeit in Deutschland, obwohl ihr Asylantrag abgelehnt wurde, berichteten Medien am Donnerstag. Knapp die Hälfte von ihnen hat mittlerweile ein unbefristetes Aufenthaltsrecht. Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, kritisiert eine „regelrechte Abschiebeverhinderungsindustrie“ aus Lobbygruppen wie „Pro Asyl“, die rechtmäßige Rückführungen abgelehnter Asylbewerber systematisch verhindern. Wenigstens 215.000 Ausreisepflichtige müssten auch ausreisen, sagte Wendt der Bild-Zeitung.
Solange praktisch jeder, der nach Deutschland kommt, auch hier bleibt, hat die Asylpolitik ein Legitimationsproblem. Wenn die Bundesregierung unter anderem hier anpackt und zeigt, dass der Rechtsstaat eben doch noch funktioniert, kann sie wieder die Deutungshoheit über die außer Kontrolle geratene Asylsituation in Deutschland gewinnen. Das würde zwar nicht alle, aber viele Menschen motivieren, ihre Herzen und Türen wieder für Flüchtlinge zu öffnen. Und es würde Ressourcen schaffen für diejenigen, die wirklich Hilfe brauchen. (pro)
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