Merkel: „Christlicher Glaube gibt Kraft”

Angela Merkel zieht aus dem protestantischen Glauben die Kraft für ihr politisches Handeln. Das hat die Bundeskanzlerin bei der Jahrestagung des Evangelischen Arbeitskreises der CDU/CSU (EAK) in Berlin erklärt. Der EAK-Vorsitzende Thomas Rachel übte scharfe Kritik an den Grünen.

Von PRO

„Ohne ethische Grundlagen lässt sich schlecht Politik machen.” Das erklärte Merkel am Freitag im Konrad-Adenauer-Haus. Weiter sagte sie: „Der christliche Glaube, in unserem Falle der der Protestanten, gibt uns die Kraft dazu.” Aus diesem leite sich ab, „dass die Würde des Nachbarn genauso geachtet werden muss wie meine eigene”. Kein politisches Programm könne den Menschen ethische Grundlangen näher bringen. Gerade die Kirchen und Religionsgemeinschaften trügen dazu bei, dass Werte vermittelt würden. Merkel betonte die Wichtigkeit christlichen Engagements in der Politik: Selbstverständlich sei das schon lange nicht mehr. „Die Bevölkerung ist heute mitnichten mehr vertraut mit den soliden ethischen Grundlagen, die sich aus dem Christentum ergeben”, sagte Merkel. So sei es keineswegs natürlich, dass es zum Beispiel christlichen Religionsunterricht gebe. Sie selbst stimme mit einem „klaren Ja” für die Vermittlung von Religion in der Schule. Auch in Sachen Kirchensteuer stehe sie auf der Seite der religiösen Institutionen. Es sei wichtig, dass Organisationen wie Caritas und Diakonie gestützt würden und eine Stimme in der Gesellschaft sein könnten.

„Wenig Demut, viel Selbstgerechtigkeit”

Der Vorsitzende des Evangelischen Arbeitskreises, Thomas Rachel, nutzte seine Rede für Grundsatzkritik an den Grünen. Er sei „erschüttert” darüber, wie Linksextremismus in deren Reihen verharmlost werde. So hätten Mitglieder der „Grünen Jugend” jüngst mit dem Slogan „Nächstenliebe ist linksextrem” geworben. Mit Extremismus sei nicht zu spaßen, erklärte Rachel und warnte vor Bestrebungen der Jugendorganisation, die Ehe abzuschaffen. „Bei den Grünen spürt man oft wenig Demut, dafür aber viel Selbstgerechtigkeit”, sagte er mit Blick auf die jüngsten Skandale um die Aufarbeitung pro-pädophiler Bestrebungen in der Partei. Zudem sehe er in den Reihen der Opposition eine „neue antireligiöse Kritik”. „Es reicht nicht, Katrin Göring-Eckardt ins Schaufenster zu stellen und anschließend auf dem Parteitag das Gegenteil zu beschließen”, sagte er.

„Eine Politik ohne verlässliche Wertegrundlagen ist am Ende immer zum Scheitern verurteilt”, erklärte Rachel, und meinte weiter: „Politik muss einen Grund und ein Ziel haben.” Deshalb halte der EAK „fest an der Selbstverpflichtung, am C”. Dies bedeute auch ein Beharren auf der Partnerschaft mit den Kirchen. Er sei dankbar dafür, dass über 50 Millionen Christen in Deutschland für das christlich-jüdische Menschenbild einstünden und an die Verantwortung des Menschen vor Gott erinnerten. „Wir sagen Ja zur Feiertagskultur, zu konfessionellem Unterricht”, sagte Rachel.

„Weniger Politik, mehr Religion”

Bei einer Podiumsdiskussion sprachen die Islamkritikerin Seyran Ates, die Kulturbeauftragte der EKD, Petra Bahr, der Historiker Michael Wolffsohn und der innenpolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Hans-Peter Uhl, über die religiöse Vielfalt in Deutschland. Wolffsohn erklärte, er sehe einen „Clash der Kulturen” zwischen Christen und Juden auf der einen und Muslimen auf der anderen Seite. Es gebe keine gemeinsame Wertegrundlage zwischen beiden Gruppen. Eine Reformation des Islam sei deshalb „dringend notwendig”, ebenso wie eine Rückbesinnung auf die Grundlagen der Religion im Christentum. „Weniger Politik, mehr Religion”, forderte der Publizist mit Blick auf die evangelische Kirche. Bahr sagte, die Krise der Kirche sei nicht neu, schon vor 200 Jahren hätten sich Theologen über das Schwinden der Glaubens in der Gesellschaft beklagt. Auch sie forderte eine Rückbesinnung der Christen auf ihre Werte. „Grotesk” nannte sie, wenn ein Staat aufgrund religiöser Vielfalt eine Neutralisierung alles Religiösen in der Öffentlichkeit anstrebe.

Für Seyran Ates ist die Vermittlung religiöser Werte auch bei muslimischen Jugendlichen elementar. Wenn die Religionsgemeinschaften sich nicht um die Jugend kümmerten, „dann kommen die Rattenfänger”, sagte sie mit Blick auf radikale Islamisten. Zu viele Eingeständnisse mache Deutschland angesichts der rechtlichen Anerkennung muslimischer Feiertage. Muslimische Deutsche sollten sich in Deutschland integrieren, da bedürfe es keiner besonderen freien Tage. Wenn dem so sei, warum habe bisher noch niemand über jüdischen gesetzlichen Feiertage in Deutschland nachgedacht, fragte sie. Sie forderte auch die Verbannung des Kopftuchs aus der Schule: „Es gibt Religionskriege an unseren Schulen”, sagte sie im Hinblick auf Mobbing wegen religiöser Unterschiede.

Heinig: Nicht Muslime, sondern Laizisten sind das Problem

Der Leiter des kirchenrechtlichen Instituts der Evangelischen Kirche in Deutschland, Hans Michael Heinig, sprach über das künftige Verhältnis von Kirche und Staat. „Das Religionsrecht der Gegenwart ist das der Zukunft”, sagte er. Dieses schütze religiöse Überzeugungen ebenso wie nicht-religiöse. In einer Zeit, in der die Mitgliederzahlen der Kirchen schrumpften, nehme die Schutzbedürftigkeit selbiger zu. Heinig warb für eine Verschiebung der gesellschaftlichen Problemwahrnehmung „weg von den Muslimen, hin zu den Atheisten und Laizisten”. Letztere hegten eine „erstaunlich undifferenzierte” Sicht auf das Christentum und forderten einen religionsfernen Staat. Er warnte davor anzunehmen, das Verschwinden der Religion könne der Befreiung des Menschen dienen. Rigide Religionspolitik habe immer zur Einschränkung von Freiheiten geführt, sagte Heinig mit Blick auf die Regime im Europa des 20. Jahrhunderts.

Die Andacht zum Auftakt der EAK-Tagung hielt der Beauftragte der Vereinigung Evangelischer Freikirchen in Berlin, Pastor Peter Jörgensen, laut Arbeitskreis ein Zeichen für die ökumenische Breite des Forums. (pro)

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