Meinungsvielfalt im Journalismus akut gefährdet

Denunzianten im Internet versuchen, die Meinungsfreiheit im Journalismus einzuschränken – und haben damit Erfolg, wie der Fall Roland Tichy zeigt. Eine SPD-Abgeordnete wittert indes im US-Portal Breitbart eine „Neonazi-Webseite”. Ein Kommentar von Moritz Breckner
Von PRO
Meinungsfreiheit im Print- und Onlinejournalismus scheint manchen Zeitgenossen nur dann zu gefallen, wenn keine Meinungen publiziert werden, die ihnen nicht gefallen

In Artikel 5 des Grundgesetzes ist die Meinungsfreiheit in Deutschland festgeschrieben: Jeder habe das Recht, seine Meinung auch in Wort und Schrift frei zu äußern. „Eine Zensur findet nicht statt“, heißt es dort. Das ist in Deutschland momentan auch der Fall: Jeder kann sich ungehindert in politisch unterschiedlich gefärbten Medien informieren, auch Regierungskritiker können Magazine gründen, drucken und verkaufen.

Das klingt selbstverständlich – ist es aber offenbar nicht, zumindest nicht für Menschen, die nicht willens oder in der Lage scheinen, andere Meinungen als ihre eigene zu ertragen. Sie haben offenbar einen Weg gefunden, die Meinungsfreiheit geschickt anzugreifen: Das Denunziantentum. Der SPD-Mitarbeiter Mathias Richel schaffte es vergangene Woche, den konservativen Publizisten Roland Tichy zur Räumung seines Postens als Herausgeber des Nachrichtenportals Xing Klartext zu nötigen. Auf Tichys Online-Magazin Tichys Einblick war zuvor ein zugegeben geschmackloser Beitrag über „psychopathologisch gestörte Gutmenschen“ erschienen, den Tichy zurückzog. Richel nahm das zum Anlass, auf Twitter zum Xing-Boykott aufzurufen, um die Zusammenarbeit von Xing und Tichy zu beenden. Tichy erhielt daraufhin Morddrohungen und trat bei Xing ab, um für seine Kollegen nicht zur Belastung zu werden.

Nur wenige Tage später versuchte der Grünen-Politiker Matthias Oomen auf Twitter, Druck auf Tichy auszuüben. Vermeintlich adressiert an die Supermarktkette Kaiser’s Tengelmann schrieb er: „Ihr führt mindestens einen rechtsradikalen Zeitschriftentitel (Hier: Tichy). Ist das Absicht? Grüße“. Tichy – dessen Zeitschrift nicht rechtsradikal ist – nannte dies „Rufmord“, und er hat damit Recht: Ganz offenbar versuchen einzelne Linke ganz gezielt, nicht-linken Journalismus in Deutschland zu unterbinden. Pointe am Rande: Es stellte sich heraus, dass die Supermarktkette gar nicht auf Twitter vertreten ist und der Versuch des Grünen-Politikers somit misslang.

Zufällige Ironie: Die aktuelle Ausgabe des Magazins Tichys Einblick hat den Titel „Eine Zensur findet (nicht) statt” und befasst sich mit der Meinungsfreiheit in Deutschland. Foto: Tichys Einblick
Zufällige Ironie: Die aktuelle Ausgabe des Magazins Tichys Einblick hat den Titel „Eine Zensur findet (nicht) statt” und befasst sich mit der Meinungsfreiheit in Deutschland.

SPD-Abgeordnete wittert „Neonazi-Webseite”

Zwei weitere Beispiele für das neue Denunziantentum dürfen hier nicht fehlen. Der Werbefachmann Gerald Hensel rief im Dezember unter dem Hashtag #KeinGeldFürRechts Firmen dazu auf, keine Anzeigen bei Webseiten zu schalten, die er für rechts hält – darunter Tichy und Henryk M. Broders „Achse des Guten“. Und ganz aktuell: Die SPD-Bundestagsabgeordnete Saskia Esken schrieb am Montag gezielt deutsche Unternehmen bei Twitter an, damit sie nicht mehr beim US-Portal Breitbart News werben. Ihre Worte: „Eure Werbung erscheint bei einer Neonazi-Webseite. Das kann nicht gewollt sein, oder?“

Nun kann man Breitbart rechtslastige, geschmacklose und übertriebene Beiträge vorwerfen, mit Neonazis hat die Seite aber nichts zu tun. Ihr Gründer war Jude, ihr Starautor ist ein jüdischer Homosexueller, bei der Eröffnung des Jerusalem-Büros war Benjamin Netanjahu anwesend. Air Berlin bedankte sich trotzdem artig für den Hinweis und wirbt dort künftig nicht mehr.

Man muss die so unter Druck gesetzten Medien nicht mögen, um festzustellen: Die Akteure, die hier als Moralisten auftreten, handeln unmoralisch. Dieser Kampf gegen Meinungsvielfalt zeugt von einem fragwürdigen Demokratieverständnis. Und er wird zu einer Gefahr für den Journalismus, wenn Twitter-Denunzianten mit teilweise falschen Behauptungen streitbare Autoren mundtot machen oder Werbekunden verprellen. (pro)

Von: mb

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