Meine Story mit Gott

Mal diffus, mal klar: Jugendliche haben sehr unterschiedliche Vorstellungen von Gott. Wie diese genau aussehen, sollten Teilnehmer des Wettbewerbs „Meine Story mit Gott“ herausfinden. Dafür haben sie Medienprojekte entwickelt und kamen zu überraschenden Ergebnissen – zum Beispiel, dass bei Facebook anders über Gott geredet wird als bei Instagram. pro stellt zwei der Siegerprojekte vor.
Von PRO
Die Schülerinnen eines Essener Gymnasiums haben sich damit befasst, welche Rolle Gott in den sozialen Online-Netzwerken spielt und dazu auch Interviews geführt. Hier bereiten sie die Situationen mit Mark Bothe vor
Jeder fünfte Jugendliche wächst in einem religiösen Elternhaus auf. Doch wie sehen ihre Vorstellungen von Gott aus?, sollten die Teilnehmer des Wettbewerbs „Meine Story mit Gott“ erarbeiten. Das katholische Institut für Publizistik (ifp) und das katholische Bonifatiuswerk veranstalteten dazu den Wettbewerb „Meine Story mit Gott“: Die Teilnehmer sollten dafür ein kreatives Medienprojekt entwerfen, das den Glauben im Alltag junger Menschen darstellt. Ob gedruckte Reportage, Audioslideshow, Video oder Online-Dossier – der Fantasie waren keine Grenzen gesetzt. Die drei Sieger dürfen nun das Thema und ihre geplanten Projekte unter Anleitung professioneller Medienmacher verwirklichen. Insgesamt haben 27 Schulklassen und Jugendgruppen bei dem Wettbewerb mitgemacht.

#Gott: Gott in Social Media

Die 12. Klasse des Essener B.M.V.-Gymnasiums (Beatae Mariae Virginis – „Unserer Lieben Jungfrau“) ist eine der Gewinnergruppen. Sie hatte im Internet unter dem Hashtag „#Gott“ recherchiert und erforscht, welche Rolle Gott in den Online-Netzwerken spielt. Dabei hat die Klasse, die aus 18 Mädchen besteht, zum Beispiel festgestellt, dass sich die Wahrnehmung von Gott bei Facebook, Twitter, Instagram, Tumblr und YouTube enorm unterscheidet. Bei Twitter und Facebook spielten sich religiöse Diskussionen über bestimmte Hashtags und innerhalb von Gruppen ab. Eine sehr düstere Stimmung haben die Schülerinnen bei Tumblr ausgemacht, wo Gott oft in Zusammenhang mit Heavy-Metal-Bands auftauche. Über ihre Ergebnisse, vor allem über aussagekräftige Bilder, die sie bei ihrer Suche entdeckt haben, möchten sie Experten aus ihrem Umfeld interviewen und aus diesen Inhalten einen Podcast erstellen. Eines der Bilder zeigt einen Handy-Bildschirm mit der Frage „Was wäre, wenn Gott anruft?“; ein anderes „Was würdest Du machen, wenn Du einen Tag lang Gott wärest?“. Aus Sicht der Schülerinnen eignen sich diese gut als Diskussionsgrundlage. Beeindruckt hat sie auch das animierte Bild der Trickfigur Spongebob, der darauf den Popstar Cuthbert „anbetet“. Der freiberufliche Journalist und Dozent Stanley Vitte hat die Mädchen bei ihrer Recherche unterstützt. Die Ergebnisse hat er zunächst gesammelt und kategorisiert. Jetzt bereitet er, unterstützt von seinem Journalisten-Kollegen Mark Bothe, mit den Schülerinnen die Interviews für den Podcast vor, die sie in der darauffolgenden Woche führen wollen. Sie entwickeln gemeinsam Fragen und Fragetechniken. Die Profis helfen ihnen dabei, die Scheu vor dem Mikrofon abzulegen.

Schockiert von radikalen Bemerkungen

Für die Umsetzung haben sich die Schülerinnen mächtig ins Zeug gelegt, obwohl sie auch in anderen Fächern viel zu tun haben, um die ersten Punkte für das Abitur zu sammeln. „Sie haben sich samstags getroffen und innerhalb der Sommerferien Workshops zum Thema Podcast besucht: Sie sind dabei in eine Welt von Taggen, Followen und Online-Recherche eingetaucht“, freut sich ihre Lehrerin Kirsten Gläsel. Offiziell steht in diesem Schuljahr im Fach Religion die Theodizee-Frage nach dem Leid in der Welt auf dem Lehrplan. Doch Gläsel hat der Klasse den Wettbewerb schmackhaft gemacht. „Das Ganze war spannend, weil unsere Schülerinnen ganz unterschiedlich religiös sozialisiert sind. Einige engagieren sich in der Jugendarbeit und leben ihren Glauben, aber wir haben auch Atheisten in der Klasse“, beschreibt sie die Herausforderung des Projekts. Lara zum Beispiel glaubt im Gegensatz zu ihrer Klassenkameradin Katharina nicht an Gott. Die beiden haben beobachtet, dass Gott auf den Social-Media-Plattformen häufig von religiösen Organisationen thematisiert wird. „Außerdem gibt es viele Privatpersonen, die ihre Gedanken über Gott und die Welt in den sozialen Netzwerken diskutieren oder beiläufig erwähnen.“ Von einigen religiösen Bemerkungen, die sie unter anderem auf der katholischen Nachrichtenseite kath.net fanden, waren sie aufgrund deren radikaler Tendenzen schockiert. Für die beiden habe sich die Teilnahme gelohnt, auch wenn andere Nicht-Gläubige sie dafür belächelt hätten: „So ein Thema behandelt man nicht alle Tage“, finden sie. Für Projektleiter Vitte ist es wichtig, dass die Schülerinnen ihre kreativen Ideen verwirklichen können. Er möchte sie aber auch anleiten und Medienkompetenz vermitteln. Die Bezüge zur Religion, die die Mädchen gefunden haben, fand er „überraschend und teils exotisch“. Er selbst glaube „an etwas wie Gott“, habe aber noch nicht konkret danach gesucht. Er war überrascht von den unterschiedlichen Facetten Gottes – und von der Beobachtung, wie allgegenwärtig eine Vorstellung von Gott zum Beispiel als Fußball-Gott oder Döner-Gott im täglichen Leben ist.

Jugendliche werden sprachfähig über Gott

Einen anderen Ansatz haben die Schüler im südhessischen Freigericht bei Hanau gewählt, die ebenfalls zu den Siegern des Wettbewerbs gehören: Sie wollten gerne einen Blick über den Tellerrand der eigenen Kultur werfen. Wie und was denken andere Nationen über Gott?, war die Leitfrage. Dafür haben die Schüler Menschen aus 20 Ländern – unter anderem Frankreich, Israel und Hongkong –, Kulturen und Religionen zu ihrem Gottesverständnis interviewt. Die Zusatzschichten zum regulären Unterricht werden mit dem fertigen Videobeitrag belohnt, in dem die Befragten über ihr Leben mit und ohne Gott berichten. Es sei nicht ganz einfach gewesen, das Thema Gott modern zu transportieren: „Es sollte ja keine langweilige Dokumentation werden“, sagt Religionslehrerin Alexandra Pinkert. Ihre Schüler hätten bei ihrer Arbeit festgestellt, „dass nicht jeder gerne in der Öffentlichkeit über Gott spricht. Auch war es nicht so leicht, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen, da es sich ja um existenzielle Fragen handelt.“ Kein Problem war dagegen die technische Umsetzung des Videofilms, da ein großer Teil der Schüler seit dem 8. Schuljahr Mediengestaltung als Wahlfach hat. „Das Projekt hat die Schüler verändert“, findet Pinkert. „Sie haben immer mehr eigene Gedanken und Erkenntnisse eingebracht. Sie wollten auch, dass ihre eigenen Gottesbilder in dem Film auftauchen.“ Für viele von ihnen sei Gott keine konkrete Person, sondern finde sich in Wörtern wie Glaube, Hoffnung oder Licht wieder. Aber sie hätten sich auch mit grundsätzlichen Fragen des Lebens und Glaubens beschäftigt und damit, ob Gott Halt in schwierigen Situationen bieten kann. Die Schüler hätten für sich gesehen, dass Gott viel häufiger im Alltag zu finden ist, als sie gemeinhin denken. Pinkert glaubt, dass bei vielen ein Prozess des Nachdenkens eingesetzt hat. „Alleine deswegen hat sich der Wettbewerb schon gelohnt“, resümiert sie. Bewertet hat die eingereichten Projekte eine hochkarätige Jury. Zu ihr gehörten unter anderem der gelernte Zeitungs- und Radiojournalist und Bischof von Passau Stefan Oster sowie die Redaktionsleiterin beim heute-journal, Anne Reidt. Für Bernhard Remmers vom ifp hat der Wettbewerb zwei positive Effekte: Junge Leute beschäftigten sich zum einen damit, welche Rolle Gott in ihrem Leben und dem ihrer Altersgenossen spielt. Zum anderen würden sie „in diesem nicht ganz einfachen Thema“ selbst sprachfähig und gewinnen Medienkompetenz. Die eingereichten Beiträge zeigten, dass Gott noch heute wirke: „Das waren klassische Berufungserlebnisse, aber auch reflektiert-kritische Interviews“, bilanziert Remmers. Für alle Preisträger wird der 7. November noch einmal ein ganz besonderer Tag. Mit einer festlichen Gala werden sie für ihr Engagement und ihre Beiträge geehrt. Vielleicht finden diese ja auch anschließend online oder im Radio Beachtung und andere Jugendliche erleben eine Story mit Gott. (pro)

Lesen Sie diesen und andere Beiträge in der Ausgabe 5/2015 des Christlichen Medienmagazins pro. Jetzt kostenlos bestellen unter Telefon 06441-915-151 oder online.

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