Mehr „C“ als gedacht: CDU beschließt Grundsatzprogramm

Die CDU hat auf ihrem Parteitag ein neues Grundsatzprogramm beschlossen. Das hat mehr christliche Bezüge als der Entwurf, beinhaltete einen heiß diskutierten Satz zum Islam und fordert ein Sexkauf- sowie die Beibehaltung des Abtreibungsverbots.
Von Anna Lutz
Friedrich Merz

Die CDU hat ein neues Grundsatzprogramm. Für Christen ist das auch deshalb spannend, weil schon die Entwurfsgestaltung mit einer breiten Debatte über das „C“, also das Christliche in der CDU, einherging. Der Historiker Andreas Rödder etwa riet der Partei, das C ganz abzulegen, begleitet freilich von empörten Gegenreden. 

Nun wurde ebenjener Entwurf, der übrigens keineswegs ohne das „C“ auskam, auf dem Parteitag in Berlin über viele Stunden diskutiert und mancher Änderungsantrag fand auf den letzten Metern noch Aufnahme. So etwa einer des Evangelischen Arbeitskreises der Union (EAK). Demnach heißt es nun gleich zu Beginn des Grundsatzprogramms: „Unsere Politik beruht auf der Verantwortung vor Gott und den Menschen. Für uns ist der Mensch von Gott nach seinem Bilde geschaffen. Unser Kompass ist das christliche Bild vom Menschen.“ Die ersten beiden Sätze fanden sich im Entwurf noch nicht. 

In einer kurzen Rede am Dienstagmorgen hatte EAK-Chef Thomas Rachel betont: „Für uns als Christdemokraten ist der Mensch von Gott nach seinem Bilde geschaffen.“ Jeder Mensch sei deshalb unantastbar in seiner Würde, unabhängig von Herkunft, Hautfarbe, Geschlecht. Und weiter: „Unsere Politik als Christdemokraten beruht auf der Verantwortung vor Gott und den Menschen.“ Das sei „christdemokratische Handschrift“.

Thomas Rachel Foto: Tobias Koch
Thomas Rachel ist auch religionspolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag

Auch das Parteiprogramm macht nun klar: „Grundlage christdemokratischer Politik ist das christliche Verständnis vom Menschen. Im Zentrum steht die unantastbare Würde des Menschen in jeder Phase seiner Entwicklung. Jeder Mensch ist als von Gott geschaffenes Wesen einzigartig, unverfügbar und soll frei und selbstbestimmt leben. Dieses Menschenbild leitet unser politisches Handeln.“ 

Nicht ganz von ungefähr erklärte CSU-Chef Markus Söder, extra aus Bayern angereist, am Dienstagnachmittag vor den Versammelten der Schwesterpartei: „Das C ist nicht nur ein Traditionsüberbleibsel in unserem Namen.“ Merkt man das aber auch dem Rest des Programms an? Was steht drin? PRO hat den Überblick:

Leitkultur

Das Programm betont die Relevanz einer „Leitkultur“. Darunter versteht die CDU „die Achtung der Würde jedes einzelnen Menschen und die daraus folgenden Grund- und Menschenrechte, unser Rechtsstaat, demokratische Grundprinzipien, Respekt und Toleranz, das Bewusstsein von Heimat und Zugehörigkeit, Kenntnis der deutschen Sprache und Geschichte sowie die Anerkennung des Existenzrechts Israels“. Nur wer sich dazu bekenne, könne auch deutscher Staatsbürger werden. Auch Ehe und Familie gehörten zum Leitbild: „Familien sind die Keimzelle der Gesellschaft und Grundlage für deren Zusammenhalt.“

Prostitution

Erstmals forder das Parteiprogramm jetzt ein Sexkaufverbot: „Sexuelle Ausbeutung, Menschenhandel und Prostitution sind mit der Würde von Menschen nicht vereinbar. Deshalb unterstützen wir ein Sexkaufverbot und Hilfen beim Ausstieg aus der Prostitution“, stellt das Grundsatzprogramm kurz und knapp fest.

Islam

Über eine Passage zum Islam wurde bereits im Vorfeld des Parteitags gestritten. Zunächst stand dort: „Muslime, die unsere Werte teilen, gehören zu Deutschland.“ Diesen Satz warf die Antragskommission raus, nun heißt es: „Ein Islam, der unsere Werte nicht teilt und unsere freiheitliche Gesellschaft ablehnt, gehört nicht zu Deutschland.“ Weiter vorne stellt die CDU aber auch fest: „Muslime sind Teil der religiösen Vielfalt Deutschlands und unserer Gesellschaft.“ Der Zentralrat der Muslime erklärte, auch mit der neuen Formulierung nicht glücklich zu sein. Die neue Passage sei „ein weiterer Versuch der Christlich-Demokratischen Union, in trüben Gewässern zu fischen, um Muslime zu stigmatisieren“, sagte der Zentralrats-Vorsitzende Aiman Mazyek.

Aiman Mazyek ist Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland Foto: pro/Anna Lutz
Aiman Mazyek ist Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland

Flüchtlingspolitik und Christenverfolgung

Die CDU fordert einen Ausbau der Grenzschutzorganisation „Frontex“ für einen „funktionierenden“ Grenzschutz der EU. „Bis dahin müssen Grenzkontrollen an den Binnengrenzen möglich bleiben“, so das Programm. Die CDU will ein „Drittstaatenkonzept“ etablieren, nach dem jeder, der in Europa Asyl beantragt, in einen sicheren Drittstaat außerhalb der EU überführt wird. Die EU soll ein jährliches Kontingent schutzbedürftiger Menschen aus dem Ausland aufnehmen und gerecht auf die Mitgliedstaaten verteilen. Kritik daran kam bereits aus den Reihen der Kirchen. „Wer sich am christlichen Menschenbild orientiert, darf den individuellen Zugang zum Flüchtlingsschutz in Europa nicht abschaffen“, erklärten die Flüchtlingsbeauftragten der katholischen und evangelischen Kirche, Erzbischof Stefan Heße und Bischof Christian Stäblein, in der „Welt am Sonntag“.

Im CDU-Programm heißt es weiter: „Wir machen uns für den Schutz von Menschenrechtsverteidigern, ethnischen Minderheiten und marginalisierten Gruppen, für das Recht auf Religionsfreiheit und den Schutz religiöser Minderheiten stark. Der Schutz verfolgter Christen ist uns dabei ein besonderes Anliegen.“

Christian Stäblein Foto: Matthias Kauffman/EKBO
Bischof Christian Stäblein

Bundeswehr und Außenpolitik

Das Programm bekennt sich deutlich zum Existenzrecht Israels und zieht die Wiedereinführung der Wehrpflicht in Betracht: „Das Konzept eines verpflichtenden Gesellschaftsjahres soll auch den Streitkräften unseres Landes zugutekommen.“ Grundsätzlich soll die Bundeswehr personell und finanziell gestärkt werden. 

Lebensschutz

Eine Passage beschäftigt sich mit dem Lebensschutz. Die CDU ist gegen eine Abschaffung des Paragrafen 218, wie ihn die Ampel derzeit in Betracht zieht. „Das ungeborene Leben bedarf unseres besonderen Schutzes. Die geltende Rechtslage zum Schwangerschaftsabbruch bildet einen mühsam gefundenen gesellschaftlichen Kompromiss ab, der das Selbstbestimmungsrecht der Frau und den Schutz des ungeborenen Kindes berücksichtigt. Zu dieser Rechtslage stehen wir“, heißt es. Und auch: „Der unantastbaren Würde des Menschen und Unverfügbarkeit des menschlichen Lebens räumen wir auch bei alten und schwer erkrankten Menschen den höchsten Stellenwert ein. Aktive Sterbehilfe lehnen wir ab.“ Keine Aussage macht das Parteiprogramm hingegen zur sogenannten Suizidbeihilfe, die seit vielen Jahren im Bundestag diskutiert wird. 

Demo, §219a, Abtreibung Foto: Bärbel Miemietz, Wikimedia | CC BY-SA 4.0 International
Demo für eine Abschaffung des Abtreibungsverbots, das Werbeverbot, Paragraf 219a, ist bereits gestrichen

Queerpolitik und Gender

Die CDU respektiert ausdrücklich „die Vielfalt sexueller Orientierungen und geschlechtlicher Identität“. Dennoch spricht sie sich gegen „einen ideologischen Genderbegriff“ aus. „Das biologische Geschlecht ist eine naturwissenschaftliche Tatsache und nicht veränderbar. Deshalb halten wir an der rechtlichen Unterscheidung der beiden biologischen Geschlechter fest. Zugleich wollen wir intersexuelle und transsexuelle Menschen besser unterstützen.“ Zwar sei die CDU für geschlechtergerechte Sprache, aber gegen einen „Genderzwang“: „Wir wollen, dass in allen Behörden, Schulen, Hochschulen und anderen staatlichen Einrichtungen sowie im öffentlich-rechtlichen Rundfunk keine grammatikalisch falsche Gender-Sprache verwendet wird.“

Religion

Ausdrücklich betont das Programm die „Kraft von Religionen“. Das Christentum hebt die CDU besonders hervor: „Deutschland ist ein christlich geprägtes Land. Unsere Kirchen und Gemeinden sind wichtige Partner bei der Gestaltung unseres Gemeinwesens. Sie sind gesellschaftspolitische Stabilitätsanker, die Menschen Orientierung geben, Sinn stiften und Seelsorge betreiben. Die Kirchen und christlichen Wohlfahrtsverbände übernehmen – ebenso wie ihre nicht-konfessionellen Partner – mit Pflegediensten, Kindertagesstätten und Kindergärten, Schulen, Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe, Krankenhäusern, Senioren- und Familienservices, der Bahnhofsmission und der Militär- und Telefonseelsorge eine wichtige Rolle in der öffentlichen Daseinsvorsorge. Christliche Symbole und Traditionen müssen im öffentlichen Raum sichtbar bleiben, sie sind ebenso zu schützen wie der Sonntag und die christlichen Feiertage.“

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