Viele Jugendliche würden nicht zwischen virtueller und realer Welt unterscheiden. Das sagte Bernd Schorb am Sonntag beim Seminar „Jugend und Medien“ der Konrad-Adenauer-Stiftung in Wendgräben bei Magdeburg. Schorb, der Medienpädagogik an der Universität Leipzig unterrichtet, geht davon aus, dass Erwachsene besser zwischen der virtuellen und der realen Welt unterscheiden können als Jugendliche. Den Grund dafür sieht der Professor darin, dass die Jüngeren direkt in die Medienwelt hineingeboren würden und die Medien ihnen in intensiverer Weise als Orientierungshilfe dienten als dies in früheren Generationen der Fall gewesen sein.
Jugendliche bildeten beim Heranwachsen ihre Identität. Allerdings gebe es dafür die klassischen Sozialisierungsinstanzen wie Elternhaus, Kirche und Schule, „an denen sich die Jugendlichen abgearbeitet, gerieben oder gegen die sie sich aufgelehnt haben“, nicht mehr im gleichen Ausmaß wie früher, sagte Schorb. Sie seien abgewertet oder fast verschwunden. Kirche habe nicht mehr die gleiche gesellschaftliche Bedeutung. Eltern seien zunehmend im Verhalten verunsichert und hätten teils ihre Orientierung verloren – nicht zuletzt durch Medien, die vermittelten, autoritäre Erziehung sei falsch. Eltern würden in Familien oft keine klare Position vertreten. Es herrsche eine Wertepluralität, frei nach dem Motto „anything goes“. Jugendliche müssten selbst ihren Standpunkt finden und die einzige Instanz, an der sie sich wirklich orientierten sei ihre Peergroup, sprich ihr jugendliches Umfeld. Als Orientierungshilfe dienten Medien. Sie allein seien aber ein „schlechter Ratgeber“, sagte Schorb. Die Jugendlichen bräuchten einen Bewertungsmaßstab für die Medien.
Die Lösung für die Orientierungssuche sei es, dass die Kinder und Jugendlichen ein ethisches Gerüst bekämen – in das auch die Medien integriert sein sollten. Die Freiheit der Vielseitigkeit aufzugeben, sei unvorstellbar, aber es gebe Bereiche, in denen der Staat die jungen Bürger unterstützen könne, sagte Schorb. Es sollte eine Schulreform geben, in der das Hauptaugenmerk auf das soziale Lernen gelegt ist und nicht auf Wissensvermittlung, wie es die Pisa-Studie primär untersuche.