Medienmagazin an Journalisten: „Tretet aus Kirche aus!“

Dürfen Journalisten auch Christen sein? Oder dürfen Berichterstatter Mitglied einer Religionsgemeinschaft sein? "Nein, natürlich nicht", meint der Chefredakteur des Medienmagazins "Berliner Journalisten" in einem Kommentar in der aktuellen Ausgabe. Und zieht polemisch nicht nur über Christen her, sondern auch über den Glauben allgemein.
Von PRO

Von Andreas Dippel

In seinem Magazin „Berliner Journalisten“ will sich Chefredakteur Burkhard Schröder den „Problemen der täglichen journalistischen Arbeit“ widmen. Man wolle auch „das journalistische ‚Nest‘ beschmutzen, wenn es sein muss“. Und ein „Vergrößerungsglas“ zur Hand nehmen, „wenn es eine offene Wunde gibt“. So steht es auf der Internetseite des Magazins, das erstmals im November 2004 erschienen ist.

Eine „offene Wunde“ hat Chefredakteur Schröder jetzt offenbar ausgemacht. In seinem Magazin widmet er sich dem Thema „Religion und Medien“. Interviewt werden etwa der CDU-Politiker Heiner Geißler und die Hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann. Beide sprechen über die Medienpräsenz der Kirche, Geißler speziell über die „Medienmacht der Kirche“, Bischöfin Käßmann auch über das Kopftuch als politisches Symbol und ihre Krebserkrankung.

Doch vor diesen beiden informativen Interviews steckt der Chefredakteur persönlich erst einmal die Grenzen ab, wenn es um die Berichterstattung über das Thema Religion geht. Er widmet seinen Aufmacherbeitrag der Frage: „Dürfen Journalisten höhere Wesen verehren oder gar Mitglied einer Religionsgemeinschaft sein?“ Und gibt eine klare Antwort: „Nein, natürlich nicht.“ Denn, so schreibt Schröder: „Respektlosigkeit und Mut zur Aufklärung gelten als journalistische Tugenden. In Deutschland herrscht jedoch finsteres Mittelalter, wenn Religion zum Thema wird.“

„Religion ist primitive Magie“

Es folgt ein eindringliches Plädoyer, im Medienrummel doch auch die Gefühle der Atheisten zu respektieren. Von Ungläubigen also, die sich etwa im „Internationalen Bund der Konfessionslosen und Atheisten“, im „Deutschen Freidenker-Verband“ oder der „Atheist Alliance“ zusammengeschlossen haben. „Angela Merkel will in der EU-Verfassung den Gottesbezug verankern“, schreibt Schröder richtig. Und kommentiert polemisch: „Kaum vorstellbar, dass sich jemand traut, die amtierende Kanzlerin im Interview zu fragen, ob sie noch bei Trost sei, im 21. Jahrhundert Atheisten verpflichten zu wollen, Aberglauben und mehr oder minder primitive Magie – und genau das ist Religion – per Gesetz zu akzeptieren.“

Religion und Aberglaube seien zwar Privatsache, so der Chefredakteur des Magazins. „Wer die Existenz eines Jahwe, Gott, Allah oder Manitou für wahr hält, kann auch gleich den Wetterbericht nach der Tagesschau durch einen Regenzauber aus Papua-Neuguinea ersetzen.“

Verlogene Berichterstatter?

Soweit Schröders Polemik über die Religion. Der Glaube sei also nichts anderes als „primitive Magie“. Christen etwa könnten gleich einen „Regenzauber“ sprechen und den Wetterbericht ignorieren. Doch damit nicht genug, der Chefredakteur legt nach – und klagt alle Berichterstatter an, die Mitglieder einer Kirche oder Religionsgemeinschaft sind.

Wer als Journalist Religion propagiere, so schreibt Schröder mit ungeahnter Dreistigkeit, sei „ein gewöhnlicher Lobbyist oder Pressesprecher und macht Schleichwerbung“. Es sei „verlogen“, religiös zu sein und etwa über die Mohammed-Karikaturen zu schreiben, „ohne selbst im Abspann zuzugeben, dass man an absurde Dogmen glaubt wie etwa die Wiedergeburt eines Gottessohnes oder die zu erwartende Wiederkunft eines Messias“.

Zum Schluss seines Kommentars kritisiert Schröder dann noch Wolfram Weimer, Chefredakteur des Politikmagazins „Cicero“ und Autor des Buches „Credo. Warum die Rückkehr der Religion gut ist“. „Weimer beurteilt die Rückkehr der Religion positiv – und das als Journalist!“, empört er sich. Der „Cicero“-Chef habe von einem „Heimweh nach Gott“ gesprochen, attestiert, dass Glaube ein „Mainstream-Thema“ sei.

„Tretet aus der Kirche aus!“

Ob solcher Beobachtungen kann sich Chefredakteur Schröder nur „höheren Beistand“ herbeischreiben – und bedient sich Zitaten von Johann Wolfgang Goethe („Er ist ein heller Geist und also ungläubig.“), des Philosophen Lichtenberg („Und ich dank‘ es dem lieben Gott tausendmal, dass er mich zum Atheisten hat werden lassen.“) und eines von Kurt Tucholsky. Schröders Angriff auf Journalisten, die seinen Unglauben nicht teilen, schließt er mit dem Ausruf des Schriftstellers: „Tretet aus der Kirche aus. Tretet aus der Kirche aus. Tretet aus der Kirche aus.“

Da fällt einem nichts mehr ein. Vielleicht nur noch, selbst in die Zitatenkiste zu greifen. „Im Unglauben liegt die größte denkbare Anstrengung des Menschen gegen seinen eigenen Instinkt und Geschmack“, soll der italienische Schriftsteller Fernando Galiani gesagt haben. Und Sigismund von Radecki: „Atheismus ist der Wunsch des Menschen, die Erde ohne die Sonne zu erklären.“

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