Medienkongress: Werte, Buße, Schelte

Auf dem Evangelischen Medienkongress am Mittwoch haben prominente Medienschaffende die Frage diskutiert: "Nach welchen Werten wollen wir senden?" ZDF-Intendant Thomas Bellut bekannte sich zu einer hohen ethischen Verpflichtung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der hannoversche Landesbischof Ralf Meister forderte eine monatliche Buße von Journalisten, Aiman Mazyek vom Zentralrat der Muslime forderte eine ausgewogene Berichterstattung – und Sat.1-Geschäftsführer Joachim Kosack bat um Entschuldigung für eine Verballhornung des Vaterunsers.
Von PRO

"Ein Programm wie das ZDF muss durchgehend anständig sein", sagte Bellut am Mittwoch bei der Eröffnung des Evangelischen Medienkongresses in Mainz. Der Standard müsse nachmittags wie abends der gleiche sein. Privatsender, die andere Formate haben, hätten dabei andere Herangehensweisen. "Wer Gebühren kassiert, hat eine höhere Verpflichtung." Der Sonntagsgottesdienst werde weiterhin seinen festen Platz im Sendeprogramm haben. "Christliche Kirchen sind unser wertvollster Diskussionspartner innerhalb und außerhalb unserer Gremien", sagte Bellut. Auch für Muslime wolle das ZDF entsprechende Angebote liefern, weil auch sie Gebührenzahler seien.

"DAS!" hätte abgebrochen werden müssen

Ralf Meister, Landesbischof der Evangelisch-lutherischen Kirche Hannovers, kritisierte den NDR und die Redaktion der Sendung "DAS!" scharf. Die Sendung hätte abgebrochen werden müssen, nachdem klar gewesen sei, dass der Gast Jenny Elvers-Elbertzhagen unter erheblichem Alkoholeinfluss gestanden habe. "Welche Werte leiten Redakteure, eine solche Sendung nicht abzubrechen?" Es sei jedem klar gewesen, dass Elvers-Elbertzhagen dadurch geschädigt werden würde. Erst später habe der NDR dafür gesorgt, dass die entsprechende Aufzeichnung auf YouTube gelöscht worden sei. Außerdem empfahl Meister den rund 200 anwesenden Medienschaffenden, einmal im Monat eine Sendung unter dem Motto "Das waren unsere Fehler" anzubieten. Darin sollten alle journalistischen Fehlgriffe des vergangenen Monats aufgegriffen werden.

Auf einer Podiumsdiskussion zum Thema "Wie kritisch dürfen Medien über Religion und Kirchen berichten?" beklagte Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime, dass die Medien in ihrer Berichterstattung oft wichtige Informationen ausblenden würden. So habe es einen weltweiten Aufruf gegeben, in dem hochrangige Islamgelehrte die gewalttätigen Reaktionen auf den umstrittenen Mohammed-Film verurteilt hätten. "Weder der Islam noch sonst eine Institution kann so etwas gut heißen, dass zum Beispiel ein Freund Libyens, der amerikanische Botschafter, umgebracht wird", unterstrich Mazyek. Dieser Aufruf seit weitgehend ignoriert worden. Stattdessen habe man hauptsächlich Bilder einer Minderheit von "Habenichtsen" im Fernsehen gezeigt. Diese Demonstranten seien aber nicht aus religiösen Gründen auf die Straße gegangen, sondern weil sie im Allgemeinen unzufrieden waren.

"Mehr Ehrfurcht – nicht Furcht – vor dem christlichen Glauben" forderte Wolfgang Baake, Beauftragter der Evangelischen Allianz am Sitz des Bundestages und der Bundesregierung. Die Schmähung christlicher Symbole sollten stärker kritisiert werden, da "wir immer noch in einem christlichen Abendland leben".

Entschuldigung für "Champions-League-Vaterunser"

Ralf Meister schlug der Kirche vor, ihre Glaubensüberzeugungen zuzuspitzen, dann würde auch wieder mehr gelebter Glaube in den Medien dargestellt werden. Zum Beispiel habe die Kirche in Berlin einen Kreuzweg durch die Stadt organisiert. Dies sei keine Zurschaustellung von Glauben, sondern "die öffentliche Ansicht einer inneren Glaubenshaltung". Wenn irgendwann 20.000 Menschen am Kreuzweg teilnehmen würden, sei das ein tolles Zeichen, das die Medien nicht ignorieren könnten.

Sat.1-Geschäftsführer Joachim Kosack bat um Entschuldigung für das umstrittene "Champions-League-Vaterunser". Als Werbung für die Champions-League hatte der Sender das Vaterunser als Vorlage genommen und auf den Fußball umgedeutet. Kosack dazu: "Ich mochte es nicht. Die Transferleistung vom Fußball-Gott zum Vaterunser konnte ich professionell verstehen. Aber ich hätte doppelt reagieren müssen: Nein, das ist einer zu viel." Man hätte diesen Weg nicht gehen müssen. "Daher habe ich um Entschuldigung gebeten, weil ich das im operativen Geschäft durchgelassen habe, was ich nicht hätte tun dürfen", sagte Kosack.

Elmar Theveßen, stellvertretender Chefredakteur des ZDF, sprach sich wie alle anderen Diskutanten gegen eine öffentliche Aufführung des Mohammed-Videos aus. Theveßen verteidigte auch kritische Berichterstattung über religiöse Gruppen. Beim Glauben gehe es immer um die Tendenz, die absolute Wahrheit haben zu wollen. "Wenn man der Meinung ist, alleine über die Wahrheit zu wissen, ist man in der Gefahr, keinen Gottesglauben, sondern einen Götzenglauben zu vertreten. Wenn es bei den Pius-Brüdern und ‚Teilen der evangelikalen Bewegung‘ Tendenzen gibt, über die absolute Wahrheit verfügen zu wollen, muss man darüber berichten."

Der Evangelische Medienkongress fand zum zweiten Mal statt. Veranstalter ist die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) mit ihrem Medienbeauftragten Markus Bräuer. (pro/dpa)

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