Elon Musk will Portal für Journalisten-Bewertung gründen

Elon Musk, Gründer und Chef der Autofirma Tesla und des Raumfahrtunternehmens SpaceX, hat scharfe Kritik an den Medien geäußert. Weil er verärgert ist über die Berichterstattung über seine Autofirma, möchte Musk eine Internet-Plattform zur Bewertung von Journalisten gründen.
Von Jörn Schumacher
Der erfolgreiche Unternehmer Elon Musk möchte ein Webportal ins Leben rufen, auf dem Journalisten und Zeitungen bewertet werden können

In den vergangenen Monaten war die Kritik an Musks Autofirma Tesla, die Elektroautos herstellt, größer geworden. Anleger wollten kürzlich Zahlen und Informationen darüber, wann mit der Lieferung des neuen Modells 3 von Tesla gerechnet werden kann. Der erfolgreiche Unternehmer wischte die Fragen brüsk beiseite mit dem Kommentar, solche Fragen finde er „langweilig“. Einen Tag später gab er zu, dass er wohl falsch reagiert habe.

Hinzu kam der Bericht von einem erneuten Unfall mit einem drei Jahre alten Tesla Model S. Anfang Mai war das Auto in Florida nach einem Crash in eine Wand in Flammen aufgegangen; zwei Teenager starben, ein dritter wurde schwer verletzt. Die US-Behörde für Verkehrssicherheit teilte mit, offenbar sei eine hohe Geschwindigkeit mit ein Grund für den Unfall gewesen. „Über 500 Autos mit Verbrennungsmotor gehen in Flammen auf, und etwa 100 Menschen sterben auf den Straßen der USA – an einem Tag“, kommentierte das Fach-Blog Electrek die Aufregung um den Unfall. Doch brenne ein einziger Tesla, werde nicht nur landesweit lange darüber debattiert, sondern die Zukunft des Unternehmens Tesla stehe zur Diskussion.

Der Autopilot der Tesla-Wagen ist immer wieder Thema von Kritikern. Viele glauben, der Autopilot sei ein Hauptgrund für die Unfälle von Tesla. Das Unternehmen kämpft außerdem mit Problemen bei der Serienfertigung seines neuen Models 3, dessen Produktionsziele mehrfach verschoben wurden.

Unternehmer Elon Musk störten die Negativ-Schlagzeilen über seine Elektroauto-Firma in den vergangenen Monaten. Wie er am Mittwoch über Twitter mitteilte, spiele er mit dem Gedanken, ein Internetportal zu gründen, auf dem die User Journalisten bewerten können. Er schrieb weiter: „Die Verlogenheit der großen Medien-Unternehmen, die sich angeblich der Wahrheit gegenüber verpflichtet fühlen, aber immer nur so viel Wahrheit veröffentlichen, dass ein Zuckermantel ihre Lügen bedeckt, ist der Grund dafür, dass die Öffentlichkeit sie nicht mehr respektiert.“

Musk kündigte an: „Ich werde eine Webseite erstellen, auf der die Öffentlichkeit den Wahrheitsgehalt von Artikeln bewerten und die Glaubwürdigkeit von einzelnen Journalisten, Chefredakteuren und Publikationen bewerten kann. Ich könnte mir als Namen Prawda vorstellen …“ Dies ist das russische Wort für „Wahrheit“ und der Name der Zeitung in Russland, die ideologisch der Kommunistischen Partei nahestand. Die Seite soll so ähnlich funktionieren wie „Rate my Professor“, wo Studenten Noten für ihre Professoren abgeben können.

Wie so oft scheint Musk nicht zu scherzen, sondern seine Ankündigung wahrzumachen. Bereits im vergangenen Jahr haben Mitarbeiter Musks den Namen „Pravda“ amtlich sichern lassen. Auch der Name “You’re Right!” käme in Frage. Musk besitze bereits die Internet-Adresse youreright.com, teilte er mit. Musk startete zudem eine Twitter-Umfrage, in der er die Frage stellt, wie die Idee bei seinen Followern ankommt. Von über 450.000 Stimmen votierten 87 Prozent für eine Bewertungsseite für Journalisten, 13 Prozent zeigten sich zufrieden mit deren derzeitiger Qualität.

„Organisationen müssen damit leben, Kritik ausgesetzt zu werden“

Der Kommunikations- und Medienwissenschaftler Bernd Blöbaum von der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster sieht den Nutzen eines Bewertungsportals nach den Vorstellungen Musks skeptisch: „Medien berichten in der Regel faktisch richtig. Ich kann nicht erkennen, dass eine Webseite mit Bewertungen einzelner Beiträge geeignet ist, journalistische Qualität zu verbessern.“ Generell hätten die Medien die Aufgabe, auf Missstände hinzuweisen, über die Verletzung von Normen und Wertvorstellungen zu berichten.

Weiter sagte Blöbaum gegenüber pro: „Öffentliche und private Institutionen und Organisationen müssen damit leben, öffentlicher Kritik ausgesetzt zu werden, wenn es Anlass dazu gibt. Wer von Journalisten ausschließlich positive Berichterstattung erwartet, hat die gesellschaftliche Rolle von Journalismus nicht verstanden.“ Im Online-Bereich seien explizite und implizite Bewertungen journalistischer Beiträge bereits häufig zu finden. „Bewertungen geben oft Stimmungen wieder. An professionellen Qualitätsmaßstäben dürften sich die wenigsten Bewerter orientieren.“ Kritisch merkt er zu den Plänen Musks weiter an: „Von außen sieht es so aus, als habe sich ein Unternehmer über die Berichterstattung zu seinen Produkten geärgert. Ich bezweifele, ob ein Bewertungsportal für Journalismus ein ernst zu nehmender Standard werden kann.“

Siva Vaidhyanathan, Professor für Medienwissenschaft an der Universität von Virginia, sagte dem amerikanischen Nachrichtensender CNN, ein solcher Dienst könne sinnvoll sein, wenn die Methoden sorgfältig ausgearbeitet und von einer unabhängigen Expertengruppe beobachtet würden. „Das ist keine schlechte Idee. Die Frage ist, warum Elon Musk derjenige sein soll, der so etwas betreibt und wie vertrauenswürdig das dann wäre.“

Timothy Karr von der Organisation „Free Press“ sagte gegenüber CNN: „Das Letzte, was wir brauchen, ist ein weiterer reicher und mächtiger Typ, der damit droht, Journalisten mundtot zu machen, wenn sie die Dinge nicht so sehen wie er.“ Musks Kritik an den Medien erwecke den Eindruck, als seien alle Journalisten unglaubwürdig. „Das ist eine beschämende Aussage, die er da verbreitet.“

Von: Jörn Schumacher

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