WDR und Focus haben Zoff

Zwischen dem Westdeutschen Rundfunk und dem Nachrichtenmagazin Focus-Online ist ein Streit über wahrheitsgemäße Berichterstattung entbrannt. Auslöser ist der Tod eines Migranten durch ein Feuer in seiner Zelle einer Haftanstalt.
Von Norbert Schäfer
Der Tod eines Migranten durch ein Feuer ist der Auslöser für Unmut zwischen dem WDR und der Nachrichtenplattform Focus Online

Zwischen dem Westdeutschen Rundfunk (WDR) und dem Nachrichtenmagazin Focus ist ein Streit über die wahrheitsgemäße Berichterstattung über den Tod eines Migranten in einem Gefängnis und die vorangegangene Inhaftierung entbrannt. Im Herbst 2018 war ein aus Syrien stammender junger Mann beim Brand in seiner Zelle in der Justizvollzugsanstalt Kleve umgekommen.

Über den Tod des Flüchtlings und die Hintergründe hatte die Politmagazine „Monitor“ und „Westpol“ recherchiert und mehrfach berichtet. Gegen die Berichterstattung hat Focus-Online nun Vorwürfe erhoben. „Hat ‚Monitor‘ die Wahrheit verdreht?“, lautete am Dienstag die Dachzeile über dem Artikel „Flüchtling verbrennt in Zelle – Ermittler erheben schwere Vorwürfe gegen ARD“.

„Anklageschrift gegen die WDR-Medien“

Focus beruft sich dabei auf den Untersuchungsbericht der Staatsanwaltschaft Kleve. „Der Report der Staatsanwaltschaft liest sich in Teilen wie eine Anklageschrift gegen die WDR-Medien“, schreibt der Focus. Vorwürfe, die „Monitor“ gegen Justiz und Polizei erhoben habe, bezeichnet der Artikel als „ungeheuerlich“.

Dem Focus-Bericht zufolge soll ein Zeuge von den WDR-Journalisten zu Falschaussagen zum Brand in der JVA verleitet worden sein. Weiterer Streitpunkt ist unter anderem, wie sich der Brand in der Zelle zugetragen hat. Das staatsanwaltliche Gutachten geht davon aus, dass der Häftling das Feuer selber gelegt hat und in der Folge den Brandverletzungen erlag. Gegen das staatsanwaltliche Gutachten führen „Monitor“ und „Westpol“ Bewertungen von externen Gutachtern an. Der Brandschutzgutachter und ein Rechtsmediziner bezweifeln demnach die Darstellung des staatsanwaltlichen Gutachtens, wonach der Häftling 15 Minuten in unmittelbarer Nähe zu dem Feuer hätte überleben können.

WDR wirft Vorwürfe „entschieden“ zurück

Dem Focus-Bericht zufolge entsprächen verschiedene vom WDR veröffentlichte Informationen in dem Fall nicht den Fakten. Unter anderem bemängelt das Nachrichtenmagazin, dass Monitor-Moderator Georg Restle in einem ersten Beitrag den Häftling als „ein unbescholtenes Blatt“ dargestellt habe. „Die Wahrheit sieht laut dem Bericht der Staatsanwaltschaft Kleve anders aus“, schreibt der Focus. Demnach war Amed A. wegen verschiedener Punkte bei den Behörden aktenkundig, unter anderem wegen Diebstahls und Drogenkonsums.

Der WDR hat die Vorwürfe gegen seine Sendungen „Monitor“ und „Westpol“ am Dienstag auf seiner Webseite „entschieden“ zurückgewiesen. „An keiner Stelle mussten die Redaktionen ihre bisherige Berichterstattung korrigieren“, heißt es in der Erklärung. Die Redaktionen hielten es weiterhin für „ihre journalistische Pflicht, die Aufklärung des Falles Amad A. kritisch zu begleiten“.

In seiner Stellungnahme erhebt der WDR nun seinerseits Vorwürfe gegen den Focus. Der bezweifele „die Seriosität der […] hinzugezogenen Experten“ und nenne sie „ominöse Expertin“ und „TV-Experten“. Der Sender kommt zu dem Schluss: „Der WDR ist irritiert über die Berichterstattung bei Focus Online und weist die Unterstellungen zurück.“ Zur Dokumentation hat der WDR die Fragen der Focus-Redaktion zur Berichterstattung in dem Fall auf seiner Webseite veröffentlicht und eine Linkliste mit sämtlichen Beiträgen zu dem Fall angefügt.

Von: Norbert Schäfer

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