Journalisten sollen Marke „Evangelisch“ fördern

Die evangelische Publizistik muss sich wandeln. Das hat die Professorin Johanna Haberer am Donnerstag beim Evangelischen Medientag in Berlin gefordert. Ihrer Meinung nach müssen christliche journalistische Angebote dazu beitragen, den Markenkern der Kirche zu stärken – und zwar über Denominationsgrenzen hinweg.
Von Anna Lutz
Johanna Haberer

Johanna Haberer, Professorin für christliche Publizistik an der Universität Erlangen-Nürnberg, erklärte beim Medientag des Evangelischen Medienverbandes in Deutschland, die Menschen bräuchten heute nach wie vor Glaube, Gebet, Seelsorge und Gottesdienste – aber keine Institution Kirche mehr. Deshalb müssten evangelische publizistische Angebote daran mitarbeiten, den Markenkern Evangelisch zu fördern. „Evangelisch kann die Chance haben, ein eigenes Lebensgefühl entwickeln“, ist sie überzeugt. Oft komme der Protestantismus aber – auch in der evangelischen Publizistik – „sehr akademisch rüber“. Als Beispiel nannte sie das Portal evangelisch.de. „Ich kann sie nicht fühlen“, erklärte Haberer mit Blick auf die Kirche.

Deshalb erachtet sie es für wichtig, dass „alles, was evangelisch schnupft und niest“, gemeinsam an der Prägung eines Markenkerns arbeite, auch über denominationelle Grenzen hinweg. Evangelikale und freikirchliche Christen sollen ebenfalls dabei mithelfen, ein evangelisches Lebensgefühl vermitteln. Deshalb hält sie Debatten, wie etwa die um die YouTuberin Jana Highholder, für fehl am Platz. Im Frühjahr war die Influencerin für die Evangelische Kirche in Deutschland in die Kritik geraten, weil sie in einem Video eine konservative Sicht auf das Verhältnis von Männern und Frauen vertreten hatte.

Zwischen Dystopie und Utopie

Die Tagung in Berlin stand unter dem Motto „Digital.Kirche.Sein“. Christian Sterzik, Leiter der Stabsstelle Digitalisierung der Evangelischen Kirche in Deutschland, sagte, wer sich über das Thema Digitalisierung informiere, bekomme meist Antworten in „zwei Geschmacksrichtungen: Dystopie und Utopie“. Was die Evangelische Kirche angeht, zeigte er sich optimistisch: „Digitaler Wandel passiert.“ Dennoch mangele es den höheren hierarchischen Ebenen an Vernetzung mit der vielfältigen Kirchenbasis.

Auch die Präsenz der Kirche im Netz sei ausbaufähig. Innerhalb der letzten 15 Jahre habe sich die Zahl derer, die im Internet zum Beispiel nach dem Schlagwort „Gottesdienst“ suchten, vervierfacht. Darauf müssten Christen im digitalen Raum Antworten geben. Im Bereich der Evangelischen Kirche hat Sterzik mindestens 500 digitale Projekte identifiziert, etwa vom Verein „Fresh X“ und anderen. Die Evangelische Kirche wolle nun die Vernetzung all dieser Angebote stärken, indem sie Übersichten zu digitalen Aktivitäten schaffe, den Austausch zwischen den Gliedkirchen zum Thema Digitalisierung fördere oder theologische Informationen für das Netz aufbereite.

Konservative im Netz vorne

Ein Beispiel für letzteres sind christliche Podcasts. Derzeit seien Angebote von Privatpersonen, etwa der Podcast „Hossa Talk“, oder von Freikirchen wie dem International Christian Fellowship (ICF) wesentlich erfolgreicher als die Angebote der Landeskirchen. Auf Platz eins im christlichen Bereich des Angebotsspektrums liegt in Deutschland der Augsburger Gebetshausgründer Johannes Hartl. Auf YouTube liege das Angebot konservativer Christen ebenfalls vorne. Von 50 Videos kämen 45 aus diesem Spektrum des christlichen Glaubens.

Dennis Horn, Digitalexperte der ARD, sagte, über Kirche und Digitalisierung werde oft gesprochen, als stünden sie nebeneinander. An dieser Deutung zweifle er. „Das was Kirche ausmacht, nämlich die Menschen, die sind alle hochdigitalisiert.“ Als Anregung gab er den christlichen Medienmachern mit: „Wenn Chrismon das Süddeutsche Magazin der Evangelischen Kirche ist, wo ist dann das Funk der Evangelischen Kirche?“

Von: Anna Lutz

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