Kritische Medien sollen abserviert werden

Schränkt der Staat kritische Medien ein? Darüber diskutiert Österreich gerade. Ein Schreiben aus dem Innenministerium empfiehlt der Polizei, kritischen Medien nur so viele Informationen zu geben, wie nötig sind. Kooperative Medien sollen bevorzugt werden.
Von PRO
Aus dem östereichischen Innenministerium von Herbert Kickl gibt es eine Empfehlung, den Kontakt mit kritischen Medien auf das Notwendigste zu beschränken

Eine E-Mail aus dem österreichischen Innenministerium hat Medien scharf für ihre „einseitige und negative“ Berichterstattung über das Ministerium und die Polizei kritisiert. Sie wurde an Pressestellen der Landespolizeidirektionen verschickt, war aber nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Im Fokus der Kritik stehen die Zeitungen Standard und Falter.

Die beiden österreichischen Blätter Standard sowie Kurier meldeten in ihrer aktuellen Berichterstattung (gestern und vorgestern), dass die Authentizität der Zuschrift von mehreren Beamten bestätigt worden sei. Die Pressestellen sollen demnach die Kommunikation mit „kritischen Medien“ auf „das nötigste (rechtlich vorgesehene) Maß zu beschränken“ und „Exklusivbegleitungen“ vermeiden. Die Zusammenarbeit solle mit den Medien erfolgen, die sich „kooperationsbereit“ zeigen.

Minister weder Auftraggeber noch Empfänger

Als Beispiel für dieses Vorgehen wird der österreichische Fernsehsender ATV genannt. Dort soll bald eine Serie mit dem Arbeitstitel „Live PD“ laufen, die den Zuschauern den Polizeialltag näher bringt. Dabei werde jede Folge erst nach positiver Abnahme der Sendung seitens der Polizei auch ausgestrahlt. Dabei handele es sich um eine imagefördernde Öffentlichkeitsarbeit, heißt es in der E-Mail.

Die vierseitige Mail wurde von Ministeriumssprecher Christoph Pölzl abgesendet. Der Minister Herbert Kickl (FPÖ) selbst sei „weder Auftraggeber noch Empfänger dieser Mitteilung“. Die angesprochenen Themen seien Anregungen ohne jeden Verbindlichkeits- oder gar Weisungscharakter“. Aktuell kritisiert der Verfasser der Zeilen die Wortwahl der aktuellen Berichterstattung.

Manche Medien berichten schon länger von derartigen Vorstößen, die die Pressefreiheit einschränken könnten. Dabei sei der Eindruck entstanden, heißt es nun in der E-Mail, die Empfehlungen kämen vom Minister oder seien in seinem Auftrag geschrieben worden. Es gehe aber darum, der Polizei und dem Innenministerium in bestimmten Bereichen der Medienarbeit zu einem einheitlicheren Auftritt zu verhelfen.

Empfehlung basiert auf jahrelangen Erfahrungen

Die Polizei wird in dem Schreiben zudem gebeten, künftig die Staatsbürgerschaft und den Aufenthaltsstatus von Verdächtigen in Pressemitteilungen zu nennen. Auch Sexualdelikte solle sie verstärkt kommunizieren, um gegenüber dem Bürger größtmögliche Transparenz zu schaffen.

Das Ministerium verteidigte die Mail in einer Stellungnahme. Die Empfehlung basiere auf teils jahrelangen Erfahrungen vieler Kommunikationsmitarbeiter im Ministerium. Natürlich hätten die Medien die Pflicht, die Arbeit und den Minister kritisch zu beleuchten: „Doch es ist ebenso das Recht von Kommunikationsmitarbeitern, sich angesichts der von ihnen gegebenen Informationen und der daraus resultierenden Berichterstattung ein Bild zu machen und daraus qualitative Schlüsse zu ziehen.“

Heftige Kritik daran kam von Kanzler Sebastian Kurz: „Für einen freien und unabhängigen Journalismus im Land tragen besonders Parteien und Regierungsinstitutionen sowie öffentliche Einrichtungen eine hohe Verantwortung“, sagte er laut tagesschau.de in New York. „Jede Einschränkung von Pressefreiheit ist nicht akzeptabel.“

Von: Johannes Blöcher-Weil

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