Diener antwortet auf Kritik an idea-Streichungen

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) möchte ihre Unterstützung für evangelikale Medienarbeit neu strukturieren und hat einen Medienfonds gegründet, der auch durch Ratsmitglied Michael Diener verwaltet werden soll. pro hat ihn zum Medienfonds befragt und erfahren, warum er die Debatte, in deren Zentrum die Wetzlarer Nachrichtenagentur idea steht, schwierig findet.
Von PRO
Michael Diener versteht die Aufregung um die Streichung von Geldern für das evangelikale Medienunternehmen idea nicht

Pro: Herr Diener, um die Fördermittel, die bislang ein Werk erhalten hat, sollen sich nun auch andere evangelikale Organisationen bewerben können. Werke welcher Prägung möchte die EKD mit ihrem Medienfonds unterstützen?

Michael Diener: Ich äußere mich nicht zum Medienfonds, einfach weil die Dinge da noch im Fluss sind. Klar ist, dass der Rat gewisse Kriterien benannt hat, die zu gegebener Zeit, verbunden mit der Aufforderung, Anträge einzureichen, benannt werden.

Ab wann greift das neue Fördermodell und an welche Voraussetzungen ist es gebunden?

Klar ist, dass dieses Projekt über die GEP (Gemeinschaftswerk der evangelischen Publizistik, Anm. d. Red.) abgewickelt wird und dass die beiden Ratsmitglieder, der Vorsitzende des Aufsichtsrates der GEP, Kirchenpräsident Volker Jung, und ich, vom Rat beauftragt wurden, dieses Projekt zu begleiten.

Bei nur einer Enthaltung stimmte die Synode einstimmig für den Haushalt und damit auch dafür, den Medienfonds einzurichten und die Förderung für idea zunächst zu streichen. Waren Sie überrascht von so einem klaren Votum?

Das Votum der Synode zum Gesamthaushalt und damit auch zur Kürzung und Streichung der Zuschüsse an idea hat mich in seiner Deutlichkeit nicht überrascht. Die Initiative, über einen Fonds auch einmal andere Projekte aus dem pietistisch-evangelikalen Raum zu fördern, erschien vielen plausibel. Außerdem gibt es bei vielen Synodalen, auch aus dem eher pietistisch-evangelikalen Raum, Kritik an der Berichterstattung von idea. Auch wenn jetzt der Eindruck vermittelt wird, die EKD wolle nur „Hofberichterstattung“, geht es gar nicht um eine kritische Berichterstattung, sondern um eine häufig festzustellende Einseitigkeit von idea, verbunden mit teils verbesserungswürdigen Recherchen.

Können Sie Beispiele dafür nennen?

Ein Beispiel ist auch die Berichterstattung über die Kürzung und Streichung der Zuschüsse an idea. Es entsteht immer der Eindruck, als hätten die Synodalen genau über diese Frage abgestimmt. Es gab aber nur EINE Abstimmung, in drei Lesungen, über den Gesamthaushalt der EKD von etwa 223 Millionen Euro! Sollen Synodale aus dem pietistisch-evangelikalen Raum allen Ernstes einen Gesamthaushalt dieser Größenordnung, für den sie eine haushalterische Verantwortung tragen, und in dem auch pietistisch-evangelikale Organisationen, Jugendbünde und missionarische Arbeiten unterstützt werden, ablehnen, weil idea nach vielen Jahren weniger und dann kein Geld erhält, dafür dann aber andere pietistisch-evangelikale Werke? Zumal idea sich ebenfalls für diese neuen Fördermittel dann wieder bewerben kann ? Warum lese ich das nicht bei idea? Und wenn idea es nicht weiß, warum fragt niemand nach? Es entsteht der Eindruck, dass hier bewusst eine „Verfolgungsstimmung“ erzeugt werden soll, die einfach nicht begründet ist.

Viele prominente Evangelikale riefen seit Bekanntwerden des Förderstopps dazu auf, für idea zu spenden. Sie selbst haben beim Synodenbeschluss nicht für eine weitere Förderung gestimmt. Was sind Ihre Gründe?

Das stimmt so nicht. Seit nunmehr 14 Tagen wird dieser Eindruck erweckt und der Vorsitzende von idea, Johannes Holmer, hat ja in einem idea-Kommentar vom 29. November wieder behauptet, dass Repräsentanten des Pietismus, speziell des Gnadauer Verbandes, von pro Christ und vom Evangelischen Arbeitskreis der CDU/CSU für die Streichung gestimmt hätten. Das ist schlicht und ergreifend falsch und beruht auf oberflächlicher und einseitiger Recherche. Über den Haushalt der EKD stimmt einzig und alleine die Synode der EKD ab. Wenn ich mal davon ausgehe, dass das Ratsmitglied Thomas Rachel als Vorsitzender des Evangelischen Arbeitskreises der CDU/CSU hier gemeint ist, dann ist zu beachten, dass nur vier Mitglieder des Rates auch der Synode der EKD angehören. Thomas Rachel gehört nicht zur Synode und deshalb hat er über den Haushalt, also auch die Frage „idea-Zuschuss“, gar nicht abstimmen können.

Das sagt noch nichts über Ihr Abstimmungsverhalten.

In meinem Fall ist es so, dass ich zwar eines der vier Mitglieder des Rates bin, das auch Mitglied der Synode ist, ich aber beim Haushalt, wie auch 2016, von meinem Stimmrecht keinen Gebrauch gemacht habe. Das hat mitnichten etwas mit idea zu tun, sondern liegt darin begründet, dass der Rat ja auch „Ausführungsorgan“ des zu beschließenden Haushaltes ist, dem jedes Jahr Entlastung durch die Synode für Haushalts- und Kassenführung erteilt werden muss. Um die Kompetenzen von Synode und Rat hier nicht zu vermischen, nehme ich an diesen Abstimmungen nicht teil, was auch daran sichtbar wird, dass ich nicht meinen synodalen Sitzplatz zur Abstimmung eingenommen habe, sondern auf meinem Ratsplatz sitzen geblieben bin.

Was sollen also diese völlig unbegründeten Vorwürfe? Werden Herr Holmer oder idea diese zurücknehmen und den Sachverhalt richtig stellen oder geht es nur darum, jetzt möglichst viel Unterstützung zu erhalten, ohne dabei sorgfältig auf die Fakten zu achten? Derartige Vorfälle meine ich, wenn ich von einseitiger Berichterstattung und verbesserungswürdiger Recherche spreche. Um das klar zu sagen: Falls ich abgestimmt hätte, hätte ich klar für den Haushalt gestimmt, weil ich als Ratsmitglied doch nicht einen Gesamthaushalt dieser Größenordnung wegen der Umverteilung dieser begrenzten Fördermittel ablehnen kann. Das müsste nun wirklich jeder verstehen.

Keine Befindlichkeiten Ihrerseits gegenüber idea?

Persönlich bleibe ich ein konstruktiv-kritischer Wegbegleiter von idea – ich bin seit 35 Jahren Abonnent, ich schreibe auf Anfrage, helfe bei Berichterstattungen, ich stehe für Hintergrundgespräche zur Verfügung. idea wirft der EKD vor, Kritik nicht hören zu wollen, vermittelt aber nicht den Eindruck, dass es mit den eigenen konstruktiven Kritikern irgendwie angemessener umgeht. Herr Holmer schreibt in seinem Kommentar, dass idea nun auch Zustimmung von vielen erhält, die aber nicht wollen, dass ihr Name öffentlich wird und nimmt dies als Indiz dafür, „wie wenig wirkliche Meinungsfreiheit und Offenheit und wie viel Beklemmung oder gar Angst in dieser großen EKD zu herrschen scheinen“. Wenn das so ist, dann ist das wirklich schlimm, zugleich kann ich von vielen Menschen aus der „evangelikalen Welt“ berichten, die es sehr begrüßen, dass der Zuschuss für idea durch die EKD eingestellt wird und mich ebenfalls beschwören, ihren Namen keinesfalls öffentlich zu machen. Ich kann von Verantwortlichen und Mitarbeitenden in evangelikalen Verbänden, Werken und Organisationen berichten, die sich nicht trauen, ihre von der Mehrheitsmeinung in der evangelikalen Welt abweichende Meinung zu Umgang mit dem Islam oder zu Homosexualität öffentlich zu machen, aus Angst vor den Folgen.

Abweichende Meinungen zu akzeptieren ist nicht leicht …

Es ist tatsächlich sehr merkwürdig, wenn wir so tun, als sei ein angemessener Umgang mit abweichenden Meinungen nur ein Problem der Anderen. Wir sollten uns hier zuerst einmal in der pietistisch-evangelikalen Welt an die eigene Nase fassen und anerkennen, wie viel Druck und Angst hier unter uns erzeugt wird. Aus all diesen Gründen werbe ich dafür, dass wir die Frage des Zuschusses für idea wieder in die angemessenen Relationen überführen und nicht den Eindruck erwecken, als sei diese eine Bekenntnisfrage. idea hat in den vergangenen Jahren auch sehr viel Zustimmung im pietistisch-evangelikalen Raum verloren. Ein wenig Selbstkritik könnte dazu beitragen, dass idea seine wichtige Funktion in Zukunft wieder für mehr Menschen dieser Glaubensprägung wahrnehmen kann, auch wenn diese nicht dem konservativen Flügel der pietistisch-evangelikalen Welt angehören.

Vielen Dank für das Gespräch!

Stellungnahme von idea zu den Aussagen Michael Dieners im pro-Interview:

Herr Dr. Diener wirft idea „häufig festzustellende Einseitigkeit …, verbunden mit teils verbesserungswürdigen Recherchen“ vor. Ein Beispiel sei „auch die Berichterstattung über die Kürzung und Streichung der Zuschüsse an idea. Es entsteht immer der Eindruck, als hätten die Synodalen genau über diese Frage abgestimmt. Es gab aber nur EINE Abstimmung, in drei Lesungen, über den Gesamthaushalt der EKD von etwa 223 Millionen Euro“.

Dazu stellt idea fest: idea hat sachlich korrekt berichtet, dass nur über den Haushalt abgestimmt wurde. In der Pressedienst-Meldung vom 15. November heißt es: „Die EKD wird ihren Zuschuss für die Evangelische Nachrichtenagentur idea in den nächsten zwei Jahren kürzen und ab 2020 schließlich vollständig streichen. Das geht aus dem Haushalt für 2018 hervor, den die Synode am 15. November in Bonn verabschiedet hat.“ Und weiter: „Der Haushalt wurde bis auf eine Enthaltung einstimmig verabschiedet, Wortmeldungen gab es in der Aussprache nicht.“

Herr Dr. Diener fragt: „Sollen Synodale aus dem pietistisch-evangelikalen Raum allen Ernstes einen Gesamthaushalt dieser Größenordnung, …, ablehnen, weil idea, nach vielen Jahren weniger und dann kein Geld erhält, dafür dann aber andere pietistisch-evangelikale Werke? Zumal idea sich ebenfalls für diese neuen Fördermittel dann wieder bewerben kann? Warum lese ich das nicht bei idea? Und wenn idea es nicht weiß, warum fragt niemand nach?“

Dazu stellt idea fest: Herr Diener hat zu Beginn des Interviews selbst erklärt, sich nicht zu dem Medienfonds äußern zu wollen, „einfach weil die Dinge da noch im Fluss sind“. Die vom Rat benannten Kriterien würden „zu gegebener Zeit“ benannt. Genau aus diesem Grund waren bei idea bislang keine Details über „diese neuen Fördermittel“ zu lesen – weil es sie noch nicht gibt. Warum niemand von idea nachgefragt hat? Guter Stil wäre es gewesen, die EKD hätte idea vorab über die geplanten Mittelkürzungen unterrichtet. Das geschah nicht. Auch auf der Synode in Bonn kam niemand auf idea zu, obwohl die Möglichkeit bestanden hätte.

Herr Dr. Diener wirft idea „oberflächliche und einseitige Recherche“ vor, weil idea in einem Kommentar Repräsentanten des Pietismus vorgeworfen hatte, für die Streichung gestimmt zu haben. Herr Diener schreibt: „Über den Haushalt stimmt einzig und allein die Synode ab.“

Dazu stellt idea fest: Richtig ist, dass letztlich die Synode über den Haushalt abstimmt. Das hat idea auch so berichtet. Zuvor durchläuft der vom Haushaltsausschuss erarbeitete Haushaltsentwurf aber natürlich den Rat der EKD, dem sowohl Herr Diener als auch der Vorsitzende des Evangelischen Arbeitskreises der CDU/CSU (EAK), Thomas Rachel, angehören. Hätte der Rat bei einzelnen Posten – wie etwa der Streichung des idea-Zuschusses Bedenken gehabt, wäre der Haushaltsentwurf mit Sicherheit noch einmal überarbeitet worden, bevor man ihn der Synode vorgelegt hätte. Insofern stimmt es, dass Herr Rachel – anders als Herr Diener – in der Synode nicht abstimmungsberechtigt ist. Sehr wohl hätte er aber als Ratsmitglied – wie Herr Diener auch – in diesem 15-köpfigen Gremium ein Votum gegen die Streichung des Zuschusses abgeben können.

Herr Dr. Diener sagt, er sei ein konstruktiv-kritischer Wegbegleiter von idea und stehe für Hintergrundgespräche zur Verfügung. Dazu stellt idea fest: Hintergrundgespräche sind in Ordnung. Viel lieber hätten wir Herrn Dr. Diener aber interviewt. Seit September 2015 haben wir vier Anfragen gestellt, die allesamt abgelehnt wurden. Begründet wurde das entweder mit fehlender Zeit (18.09.2015) oder der einfachen Aussage, für Interviews momentan nicht zur Verfügung zu stehen (11. Januar 2016). Am 15. September 2016 versuchte idea es erneut und bekam die Antwort, nach der EKD-Synode im November erneut anzufragen. Dort erklärte Herr Dr. Diener, idea dürfe ein Interview führen unter der Voraussetzung, dass er am Ende entscheide, ob das Gespräch veröffentlicht wird oder nicht. Das hat idea abgelehnt.

Fazit: idea hat nicht wie behauptet falsch oder irreführend berichtet.“

In einer früheren Version dieses Interviews hieß es, Michael Diener sehe sich als „Wegbereiter“ von idea. Gemeint war „Wegbegleiter“. Wir haben das Wort entsprechend geändert.

Die Fragen stellten Stefanie Ramsperger und Jonathan Steinert

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