„Medienmenschen“: Hinter den Kulissen der Inszenierungsgesellschaft

Was machen Prominente mit den Medien? Was machen die Medien mit den Prominenten? Wer ist Täter, wer Opfer? Wie funktioniert das Geschäft mit der Selbstdarstellung, und was ist sein Preis? Das sind Fragen, denen sich 30 bekannte Menschen in Gesprächen für ein bemerkenswertes Buch gestellt haben. Unter ihnen auch der EKD-Ratsvorsitzende Bischof Wolfgang Huber – der "weiß, was Journalisten wollen".
Von PRO

„Medienmenschen. Wie man Wirklichkeit inszeniert“, lautet der Titel des Interview-Buches, das Journalistik-Studierende der Universität Hamburg mit Hilfe von Jens Bergmann, Redakteur des Wirtschaftsmagazins „brand eins“, und Professor Bernhard Pörksen verfasst haben. 30 Persönlichkeiten aus allen gesellschaftlichen Bereichen reden darüber, was sie mit den Medien machen und was die Medien mit ihnen machen. Zu Wort kommen Schriftsteller und Schauspieler, Künstler und Klatsch-Reporter, Philosophen und Fernseh-Stars, PR-Berater und Unternehmer, darunter Joschka Fischer, Verona Pooth, Michel Friedman, Peter Sloterdijk, Hans-Olaf Henkel, Roger Willemsen, Paul Kirchhoff, Ursula von der Leyen und andere.

In einem Interview nimmt der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), der Berliner Bischof Wolfgang Huber, Stellung zu Fragen nach seinem Auftreten in Talkshows, der Moral der Medien und seinen Kolumnen in der Berliner Boulevardzeitung „B.Z.“.

Huber: „Themen mit christlichen Grundwerten verknüpfen“

Als Bischof und Repräsentant der evangelischen Kirche versuche er, sagt Huber, auch in Talkshows zur Stelle zu sein, wo er gebraucht werde und „wichtige aktuelle Themen mit der kirchlichen Botschaft und den christlichen Grundwerten auf eine Weise zu verknüpfen, die den Menschen einleuchtet“.

„In der modernen Informationsgesellschaft braucht die Kirche, die allein die Macht des Wortes besitzt, die Medien als eine moderne Kanzel, weil es nun einmal zu ihren genuinen Aufgaben gehört, allen Menschen die frohe Botschaft des Evangeliums zu vermitteln und sich an dem Missionsauftrag Jesu zu orientieren. Für mich heißt dies auch, dass ich versuche, die Position der Kirche am Beispiel konkreter Themen deutlich zu machen – ohne über jedes Stöckchen zu springen, das einem die Journalisten gerade hinhalten“, so der EKD-Ratsvorsitzende.

Leser von Boulevardzeitungen erreichen

Dabei sei es für ihn, so Huber, auch kein Widerspruch, immer wieder vor der „schleichenden Trivialisierung“ der Medien zu warnen und gleichzeitig eine Kolumne für die Boulevardzeitung „B.Z.“ zu verfassen. Boulevardzeitungen stellten einen „wichtigen Bestandteil des deutschen Medienmarktes“ dar. „Auch denke ich gar nicht so sehr an das Blatt, sondern an die Leser, die zu dieser Zeitung greifen“, so Huber weiter. „Es wäre auf eine ziemlich unchristliche Weise hochnäsig, wenn ich diese Leser einfach ignorieren und nur für das Publikum der ‚Frankfurter Allgemeinen Zeitung‘ schreiben würde.“ Seine „B.Z.“-Kolumne, die unter der Überschrift „Was würde Jesus dazu sagen?“ wöchentlich erscheint, sei eine „große Chance, auch Menschen zum Nachdenken anzuregen, die den christlichen Glauben vielleicht gar nicht mehr kennen oder ihm schon lange den Rücken gekehrt haben“.

Gelten auch für Christen: Regeln der Kommunikation

Bei seinen Auftritten in Talkshows oder bei Interviews sei es ihm wichtig, zwei Regeln der Kommunikation zu befolgen. „Man muss sehr klar und eindeutig Position beziehen; und man muss unverstellt zu dem stehen, was einem wichtig ist. Je mehr ich selbst diese Regeln befolge, desto besser sind meine eigenen Erfahrungen in den Medien“, so der EKD-Ratsvorsitzende. Um gleichzeitig nicht allein „durch Versuch und Irrtum“ weiterzukommen, halte er auch ein professionelles Medientraining für notwendig.

„Ich setze mich gelegentlich mit Mitarbeitern oder Beratern von außen zusammen und lasse mir einzelne Talkshow-Auftritte unerbittlich vorführen und in ihrer Wirkungsweise erklären. Denn nur in solchen Nachbetrachtungen bemerkt man eine unsympathisch wirkende Körpersprache oder ein griesgrämig erscheinendes Vor-sich-hinstarren und erkennt, wann man ein überzeugend und klar vorgetragenes Argument selbst wieder zerstört hat, indem man meinte, noch einen weiteren, sehr viel schwächeren Gedanken anhängen zu müssen.“

Übrigens: Die Beobachtung der Fragesteller Kilian Trotier und Christoph Havemann, er sei „allgegenwärtig in Talkshows und Zeitungen der Republik“, weist Huber vehement von sich. Denn: „‚Allgegenwärtig‘ ist nur Gott“, weiß der Bischof.

Bergmann/Pörksen (Hrsg.): „Medienmenschen. Wie man Wirklichkeit inszeniert“, ISBN: 978-3-932927-32-4; 352 S., 58 Fotos, 19,80 Euro (D)/34,80 sFr. Infos und Bestellmöglichkeit unter www.solibro.de

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