70 Prozent der jungen Frauen schon online beleidigt oder belästigt

Ein Großteil der Mädchen und jungen Frauen in Deutschland erfährt digitale Gewalt. Zu diesem Ergebnis kommt das Kinderhilfswerk Plan International. Viele Betroffene verlassen deswegen die sozialen Netzwerke.
Von PRO
Beleidigende Nachrichten und Kommentare gehören für viele junge Frauen mittlerweile zum Alltag

Beleidigende Kommentare, Drohungen oder ungefragtes Zusenden von Penis-Bildern: 70 Prozent aller jungen Frauen in Deutschland waren bereits Opfer von digitaler Gewalt. Das geht aus dem Welt-Mädchenbericht der Kinderrechtsorganisation Plan International hervor. Damit ist Deutschland eines der am meisten betroffenen Länder. Weltweit haben 58 Prozent der Mädchen solche Erfahrungen gemacht, in Europa 63 Prozent.

Digitale Gewalt kann sich laut Plan International verschieden ausdrücken. Mit 67 Prozent sind Beschimpfungen oder Beleidigungen in Deutschland am weitesten verbreitet. Sexuelle Belästigungen haben 55 Prozent der für die Studie Befragten bereits erlebt. Beleidigungen wegen des Aussehens waren 44 Prozent ausgesetzt. Fast ebenso viele – 41 Prozent der Befragten – wurden bereits rassistisch beleidigt. Weit verbreitet sind ebenfalls Stalking (41 Prozent), Hass wegen der sexuellen Orientierung (35 Prozent) und Androhung von physischer Gewalt (33 Prozent). Dem Bericht von Plan International zufolge, gaben 18 Prozent der jungen Frauen an, bereits jegliche Form der digitalen Gewalt erlebt zu haben.

Psychische Folgen und Schulprobleme

In dem Bericht untersuchte die Kinderrechtsorganisation auch die Folgen digitaler Gewalt. Demnach empfinden zwei von drei Befragten deswegen mentalen oder emotionalen Stress, ähnlich viele haben ein geringeres Selbstwertgefühl. Bei 17 Prozent führten die Erfahrungen mit digitaler Gewalt zu Problemen in der Schule. Für fast ein Viertel hat digitale Gewalt Auswirkungen auf das körperliche Wohlbefinden. „Es ist unverantwortlich, dass die Betroffenen mit Online-Gewalt allein gelassen werden“, sagte die Vorsitzende der Geschäftsführung von Plan International Deutschland, Maike Röttger. Diese tiefgreifenden Folgen für das Selbstvertrauen der jungen Frauen haben Auswirkungen auf deren gesamtes Leben.

Röttger fordert daher digitale Plattformen auf, ihre Nutzerinnen verstärkt zu schützen und Meldemechanismen zu optimieren. Ziel müsse es sein, Täter zur Rechenschaft zu ziehen. Auf der Homepage der Organisation befindet sich ein offener Brief mit entsprechenden Forderungen, der dort unterzeichnet werden kann.

Mädchen verlassen Soziale Netzwerke

Laut der Umfrage sind in Deutschland besonders junge Frauen auf Instagram (45 Prozent) und Facebook (35 Prozent) von digitaler Gewalt betroffen. Aber auch auf YouTube und Snapchat ist rund jede Fünfte junge Erwachsene betroffen. Bei TikTok und Twitter ist digitale Gewalt weniger verbreitet.

Als Folge nutzten 11 Prozent die sozialen Medien weniger, neun Prozent verhielten sich inaktiver und schrieben beispielsweise keine eigenen Posts mehr. Jede zwanzigste Befragte hat sich komplett von sozialen Medien zurückgezogen.

Nach eigenen Angaben hat Plan International für den Welt-Medienbericht mehr als 14.000 Mädchen und junge Frauen im Alter zwischen 15 und 24 Jahren befragt, darunter 1.003 aus Deutschland. Die Befragten kamen aus 22 Ländern.

Von: Martin Schlorke

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