„Oh Gott, Herr Pfarrer“ auf Dänisch: Das pralle Leben von Protestanten

Die dänische Fernsehserie „Die Wege des Herrn“ über eine moderne Pfarrersfamilie geht in die zweite Runde. Die preisgekrönte Serie beleuchtet das nicht ganz einfache Leben einer Pfarrersfamilie in Kopenhagen und ist geprägt von allen möglichen theologischen Fragen. Staffel 2 startet am Donnerstag, dem 14. Mai 2020 um 21.45 Uhr auf Arte. Eine Rezension von Jörn Schumacher
Von Jörn Schumacher
Zweite Staffel der Pfarrer-Serie „Die Wege des Herrn“ ab 14. Mai 2020 um 21.45 Uhr auf Arte

Adam Price, der Schöpfer der Erfolgsserie „Borgen“, hat sich mit „Die Wege des Herrn“ der Theologie und der Spiritualität gewidmet. Die Serie mit dem ursprünglichen dänischen Titel „Herrens Veje“ lief zuerst 2017 im Dänischen Fernsehen, vor zwei Jahren strahlte Arte die zehn Folgen der ersten Staffel aus, sie ist weiterhin in der Mediathek zu bewundern. Nun läuft auf Arte die zweite Staffel der erfolgreichen Serie über eine Pfarrersfamilie, in der es drunter und drüber geht. Sie gewann unter anderem den Preis für die beste Fernsehserie beim Kopenhagen Film Festival 2018. Die Hauptdarsteller Ann Eleonora Jørgensen und Lars Mikkelsen gewannen zudem den dänischen Film- und Fernsehpreis Robert für die beste weibliche und männliche Hauptrolle.

In der Hauptrolle ist der dänische Schauspieler Lars Mikkelsen zu sehen, Bruder des etwas bekannteren Mads Mikkelsen, der unter anderem als Bond-Bösewicht Le Chiffre in „James Bond 007: Casino Royale“ (2006) bekannt wurde. Lars Mikkelsen wurde in Deutschland vor allem bekannt durch seine Rollen als Charles Augustus Magnussen in der BBC-Serie „Sherlock“ und als Viktor Petrov in der US-amerikanischen Fernsehserie „House of Cards“.

Mikkelsen spielt in „Die Wege des Herrn“ den Pastor und mehrfachen Familienvater Johannes Krogh. Dafür wurde er zu Recht mit einem Emmy ausgezeichnet. In Interviews sagte der Schauspieler, er sei eigentlich atheistisch erzogen worden, doch durch die Beschäftigung mit dem christlichen Glauben für die Serie habe er sich immer mehr mit diesem Glauben angefreundet. Schließlich ließ er sich sogar taufen.

Menschliches, Allzumenschliches im Kopenhagener Vorort

Die Serie beleuchtet das turbulente Leben der Familie von Johannes Krogh (Mikkelsen) und ist dabei nicht gerade zimperlich, sondern lebensnah und mutig. Was deutsche Zuschauer vielleicht noch in ARD-Klassikern wie „Oh Gott, Herr Pfarrer“ in den 80er Jahren als weichgespülte Heile-Welt-Version eines Pfarrerlebens zu sehen bekamen, wird in „Die Wege des Herrn“ auf den Boden der Realität gestellt. Die Faszination der Serie entspringt auch der Tatsache, dass die Serienmacher hier nicht nur den üblichen Herzschmerz vieler anderer Seifenopern beackern, sondern alles zudem in viele interessante theologische Fragen einbetten.

Es ist eben nicht alles heil in einer Pfarrersfamilie. Wenn der Zuschauer etwas in dieser dänischen Serie lernt, dann zuerst das. Und trotzdem ist der Glaube an Gott und an Jesus hier nicht frömmelnde Soße über einem schandhaften Lebenswandel. Die Suche nach Gott, nach Gerechtigkeit und Erlösung ist echt, so wie die allzumenschlichen Sehnsüchte der frommen Protagonisten echt erscheinen.

Pfarrer Johannes Krogh etwa musste in der ersten Staffel mit seinem Ehrgeiz und der bitteren Enttäuschung klarkommen, bei der Wahl zum Bischof von Kopenhagen übergangen zu werden. So sehr er sich auch angestrengt hat, seine Kollegin wird gewählt, und Johannes ertränkt seinen Kummer in Alkohol und andere nicht fromme Eskapaden. Gut gemeinte Ratschläge an manches Gemeindeschaf von gestern müssen heute in seiner eigenen Realität Bestand haben. Nicht immer hilft da dem Pastor das regelmäßige Boxtraining, um die Aggressionen abzubauen. Die Ehe geht in die Brüche, seine Frau beginnt eine Affäre mit einer Norwegerin und brennt mit ihr durch.

Als weitere Hauptpersonen treten Johannes‘ Söhne auf: August, selbst Pfarrer, der als Militärseelsorger im Kriegseinsatz als Seelsorger arbeitete und ebenfalls feststellen muss, dass eine Predigt zu halten nicht dasselbe ist, wie selbst zu erfahren. was es heißt, zu scheitern. Sein Bruder Christian hat sein Theologiestudium abgebrochen und wurde beim Schummeln mit seiner Masterarbeit an einer Business School erwischt.

Verantwortung und Scheitern

Auch in der zweiten Staffel werden die Räder der Mitglieder dieser frommen Familie weitergedreht, mit allen ihren Ängsten, Verletzungen und Affären. Das Magazin Der Spiegel spricht von einem „Serien-Muss“ und lobt die Intensität, mit der der christliche Glaube hier dargestellt wird. „Das ist das Anrührende: wie die Menschen hier mit ganzem Leib um ihre Seele ringen“, heißt es in einer Spiegel-Rezension. „Glaube hat in dieser Serie etwas Körperliches, Erweckung und Erbauung stehen hier gleichberechtigt neben Liebe und Lust. Und beten fühlt sich in ‚Die Wege des Herrn‘ zuweilen fast so gut an wie Sex. Man muss nicht religiös sein, um eine solche Vorstellung von Gott verführerisch zu finden.“

Der protestantische Glaube ist hier kein Schmuck, sondern der Stoff, der alles durchdringt, der doch noch einen letzten Sinn im Leben gibt. Gleichzeitig nimmt die Serie allerlei Möglichkeiten wahr, theologische und ethische Fragen abzuarbeiten. Neben dem profanen „Wer mit wem?“ geht es um den wachsenden Atheismus in der Gesellschaft und darum, wie die protestantische Kirche ihm begegnen sollte Oder um verlockende Angebote anderer Religionen, auch für Christen, wie den Buddhismus, um die Einstellung zum Islam, zur Frage, wie gerecht ein Kriegseinsatz sein kann, oder ganz nebenbei um Sterbehilfe, und immer wieder um Sex. Auch die zweite Staffel ist ein sehenswertes Porträt von Christen, die in Verantwortung stehen, daran immer wieder scheitern, und dabei immer ebenso hartnäckig am Glauben festhalten.

„Die Wege des Herrn“, Staffel 2, ab Donnerstag, 14. Mai 2020 um 21.45 Uhr, Arte

Von: Jörn Schumacher

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