Verfolgt wegen ihres Glaubens: Die Hugenotten

Wer waren die Hugenotten, und wie veränderte ihr Schicksal auch das der Deutschen? Die sehenswerte Dokumentation „Flucht im Namen Gottes – Die Hugenotten“, die auf Arte ausgestrahlt wird, klärt viele Fragen zu diesen gläubigen Christen aus Frankreich, die von ihrem Staat verfolgt und drangsaliert wurden.
Von Jörn Schumacher
Von den Hugenotten und ihrer Flucht aus Frankreich handelt die zweiteilige Arte-Dokumentation „Flucht im Namen Gottes"

„Flucht im Namen Gottes – Die Hugenotten“ lautet der Titel der zweiteiligen Dokumentation, die erstmals im Fernsehen gezeigt wird. Den ersten Teil strahlte Arte am Samstag aus, der zweite folgt am 1. Dezember um 15 Uhr. In den beiden beiden Folgen, die jeweils 50 Minuten lang sind, wechseln sich Spielfilm- mit Interviewszenen mit Experten ab.

Frankreichs König Ludwig XIV. sah in den Protestanten ein Übel. Sie könnten die Idee einer Republik vorantreiben und dadurch zur Gefahr für die Monarchie werden, befürchtete der Sonnenkönig. Wer dem protestantischen Glauben nicht abschwor und zum Katholizismus konvertierte, erfuhr Gewalt und Willkür. Männern drohte die Galeere, Frauen die Umerziehung im Kloster. Berühmt wurde Marie Durand, die 38 Jahre im Gefängnis war und ihren Glauben nicht aufgab.

Die zweiteilige Dokumentation erzählt die Geschichten von Betroffenen nach, die wegen der Unterdrückung ins Ausland flohen. So machten sich etwa Suzanne Loyal und ihr Mann Abraham mit ihren zwei Kindern nach Deutschland auf. Friedrich Wilhelm, der Kurfürst von Brandenburg, bot den französischen Glaubensgenossen Hilfe an. Knapp 20.000 Hugenotten folgten seiner Einladung. Damit festigte der calvinistische Kurfürst seine Position gegenüber der lutherischen Bevölkerung. „Was für Frankreich einen Verlust bedeutete, war für Deutschland ein Gewinn“, heißt es in der Sendungsankündigung. „Nachfahren der Hugenotten wie Theodor Fontane, Carl Benz oder Paul Wallot haben Deutschland geprägt.“

Es wird beispielsweise auch die Geschichte der Kaufmannsfamilie Boué geschildert, die ahnt, dass sich für sie die Schlinge zuzieht, obwohl sie als erfolgreiche Händler eine bedeutende gesellschaftliche Position einnehmen. Ihren Sohn schicken sie schweren Herzens in einem Fass auf einem Schiff nach Amsterdam, wo er bei Verwandten unterkommt. Ein Nachfahre der Familie kommt im Film zu Wort.

Neuanfang in Brandenburg

Zu den Zielen der flüchtenden Hugenotten gehörten neben den Niederlanden England, Irland, die Schweiz und später Amerika und Südafrika. In Deutschland siedelten viele in Hessen, Niedersachsen, in den Hansestädten und vor allem in Brandenburg-Preußen. In diesen Ländern nahm man die Einwanderer gerne auf, ja, sie wurden von den Fürsten geradezu umworben. Eindrücklich zeigt der Film, wie ein Landesfürst in Brandenburg beinahe ehrfürchtig um die kultivierten Neuankömmlinge mit viel Know-how wirbt. Die Hugenotten galten als versierte Handwerker und brachten neue Kenntnisse ins Land. So galt plötzlich alles, was französisch war, als chic.

Vom Historiker Ulrich Niggemann erfährt der Zuschauer, wie der Begriff Hugenotte zustande kam: In der französischen Stadt Tours soll nachts ein König namens Hugo als Gespenst umhergegangen sein. „Und weil die Hugenotten sich damals nachts trafen, hat man sie als ‚kleine Hugos‘ bezeichnet.“ Diese Benennung habe Hugenotten diffamieren sollen. Auch über den Glauben der bewusst nicht-katholischen Christen erfährt der Zuschauer viel: Er geht auf den Reformator Johannes Calvin zurück, der als Student mit der Lehre Martin Luthers in Berührung kam und diese radikalisierte. „Die Moralvorstellungen Calvins verboten weltliche Vergnügungen wie Kartenspiel, Tanz oder Musik“, heißt es im Film.

Die zweiteilige Dokumentation klärt gut nachvollziehbar und auch für historische Laien sehr verständlich darüber auf, wer die Hugenotten waren und wie eng ihr Schicksal mit dem vieler deutscher Landstriche verbunden ist.

„Flucht im Namen Gottes – Die Hugenotten“, Sendetermine: So, 01.12.2019, 14.20 Uhr (Teil eins) und 15.10 Uhr (Teil zwei), ARTE; Mi, 11.12.2019, 10.35 Uhr, ARTE sowie in der ARTE-Mediathek

Von: Jörn Schumacher

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