Schwaetzer: Rückenwind des Reformationsjubiläums nutzen

200 Millionen Euro hat das Reformationsjubiläum den Steuerzahler gekostet. Zu viel sagt der Kritiker Maximilian Steinhaus. Das Jubiläum sei überdimensioniert gewesen, zudem habe der Staat seine religiöse Neutralität verloren. In der MDR-Sendung Fakt ist! diskutierten die Gäste kontrovers über Erfolge und Misserfolge des Jubiläums.
Von Johannes Blöcher-Weil
Die Sendung Fakt ist! beschäftigte sich mit der Nachhaltigkeit der Veranstaltungen zum Reformationsjubiläum

200 Millionen Euro bleiben vom Reformationsjubiläum am Steuerzahler hängen. Das ist zuviel, meint Maximilian Steinhaus von der religionskritischen Giordano Bruno Stiftung in der Sendung Fakt ist!, die am Montag im MDR ausgestrahlt wurde. Aus seiner Sicht habe der Staat Steuergelder verschwendet und gegen seine Neutralität verstoßen. Außerdem hätten es die Kirchen versäumt, sich von Martin Luther als „einem der wirkmächtigsten Antisemiten“ zu distanzieren. Ob sich der Aufwand gelohnt hat und vertretbar war, darüber haben vier Experten in der Sendung „Fakt ist!“ im MDR diskutiert.

Diesen Vorwurf wies die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland, Irmgard Schwaetzer, zurück. Es gebe eine ausführliche Abhandlung, die sich mit den dunklen Seiten der Reformation beschäftige. Die Kirchen sollten den Rückenwind des Reformationsjubiläums nutzen, findet sie. Ein Ziel sei es gewesen, mit möglichst vielen Menschen ins Gespräch zu kommen. Positive Erfahrungen habe sie gemacht, wenn Kirche ihre Gebäude verlassen und Aktionen in der Innenstadt veranstaltet habe. Das Interesse an Glaubensinhalten sei sehr groß gewesen. Die Menschen hätten über Luthers Ideen in Zeiten nachgedacht, in denen es nur um Selbstoptimierung gehe. Dies könne jetzt nachwirken. Sie betonte aber auch, dass nicht alles gut gelaufen sei. Darüber müsse man reden.

Wittenberg wird lange profitieren

Aus Sicht des freien Journalisten Benjamin Lassiwe hat der Staat vom Reformationsjubiläum mehr profitiert als die Kirchen. Der Tourismus habe geboomt. Von den Investitionen in die kirchlichen Gebäude werde Wittenberg noch lange profitieren. Trotzdem müsse sich die Kirche fragen, ob sie Dinge anders hätte machen können. So hätten manche Werbeplakate zum Jubiläum eine bescheidene Aussagekraft gehabt.

Der frühere Leipziger Thomaspfarrer Christian Wolff fand, dass das Reformationsjubiläum an der Realität vieler Kirchengemeinden vorbeigehe. Es sei übergestülpt. Aktuelle Strukturpläne sorgten für Frust an der Basis. Um die Krise der Kirche zu überwinden, brauche es Bildungsangebote zu den Grundlagen des christlichen Glaubens und qualifiziertes Personal. Mit der Musik, einer weiteren Errungenschaft der Reformation, könne man ganz viele Menschen fernab ihrer religiösen Bindung erreichen. „Das ist im Jubiläum viel zu kurz gekommen.“ Die evangelische Kirche habe es nicht geschafft, ihre innere Krise offen anzusprechen.

Sie habe viele gute Gespräche mit Menschen geführt, die sonst kaum etwas mit dem Glauben zu tun hätten oder in den Gottesdienst gingen, berichtete die scheidende Stadtpfarrerin von Wittenberg, Kristin Jahn. Das Konzept habe leider nur regional funktioniert. Für Irmgard Schwaetzer kam es darauf an, deutlich zu machen, was die Beziehung zu Gott an guten Dingen im Leben eines Menschen bewirken kann. Moderiert wurde die Sendung Fakt ist! von Lars Sänger und Andreas Menzel.

Von: Johannes Weil

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