Luther als Vorbild für einen Staatsfeind

Der IT-Chef des Bundeskanzleramts hat geheime Daten an unbefugte Dritte weitergegeben. Eine Schlüsselrolle in dem Fall spielt wohl auch Reformator Martin Luther. Das ARD-Format „Die Luther-Matrix“ verbindet den Fall mit einem tiefen Einblick in das Leben des Reformators. Eine TV-Kritik von Johannes Weil
Von Johannes Blöcher-Weil
Hat sich Carsten von Lupfen den Reformator als Vorbild in seinem Kampf gegen den Staat genommen? Der ARD-Beitrag „Die Luther-Matrix" beschäftigt sich mit diesen Parallelen

So viel Martin Luther war nie in einem Krimi. Ist Martin Luther das Vorbild für einen Staatsfeind? In dem Film „Die Luther-Matrix“ ermittelt eine Sonderkommission in Berlin gegen den Mitarbeiter des Kanzleramts Carsten von Lupfen. Dabei weiß der Zuschauer hinterher fast mehr über Luther als über den Verbrecher.

Das ARD-Konzept ist innovativ. Ein Teil der Ermittlungen leistet die Sonderkommission in Berlin mit unterschiedlichen Charakteren und unterschiedlich religiöser Bildung. Eine Ermittlerin fährt quer durch die Republik und bereist für Luther und den Fall relevante Orte. Sie trifft dabei unter anderem die Luther-Botschafterin Margot Käßmann, den berühmtesten Luther-Kennern Heinz Schilling, sowie CSU-Politiker Peter Gauweiler.

Schlüsselszenen an den Originalorten

Bei den Ermittlungen im Büro schauen sich die Polizisten erklärende Videos aus der Zeit der Reformation an. Sind Luthers Ansichten hilfreich für die Lösung des Falls? Spätestens als der Verdächtige in der Vernehmung Luther zitiert, könnte eine Spur gelegt sein. Luthers Glaube, im Besitz der Wahrheit zu sein, paart ihn mit von Lupfens Rebellion gegen den Staat.

Die Zuschauer besuchen mit der Ermittlerin das Lutherhaus in Wittenberg. Dort erfahren sie, dass Luther bei Missständen ganz schlecht „die Schnauze halten“ konnte – eine weitere Parallele zu dem Verdächtigen. Beleuchtet wird Martin Luthers Rolle auch aus katholischer Sicht. Kardinal Walter Brandmüller sieht in ihm einen psychisch angeschlagenen Menschen, der durch seine Konflikte nicht in der Lage war, sich selbst infrage zu stellen. Es geht aber auch um Luthers Zugang zu den Medien und warum er damals zum „Medienstar“ wurde.

Eine Taxifahrt mit Margot Käßmann

Nach und nach erfährt der Zuschauer etwas über Luthers moralische Anschauungen, seine Ängste und seine ökonomischen Einstellungen. In Form von Erklärvideos wird Luthers Leben lebendig, und auch die Taxifahrt mit Luther-Botschafterin Margot Käßmann ist aufschlussreich. „Er konnte nicht verstehen, dass nicht alle seinen Idee folgten und so dachten wie er“, betont Käßmann. Aus Sicht de Luther-Forschers Schilling wollte Luther die Welt nicht umstürzen, sondern nur – angelehnt an das Evangelium – neu ordnen.

Auf die Lösung des Problems stoßen die Ermittler über ein altes schwäbisches Adelsgeschlecht und einen mathematischen Algorithmus.

Der Zuschauer begegnet dem Reformator gepaart mit einer spannenden Hintergrundgeschichte. Die „Luther-Matrix“ ist nicht nur Dokumentation, sondern auch anspruchsvolle Unterhaltung, von einem Menschen, der die Welt radikal veränderte. Während Luther im Glauben an den gnädigen Gott seinen Trost gefunden hat, ist von Lupfen die Freiheit mehr Wert als der Glaube an einen gnädigen Gott.

Der Doku-Thriller „Die Luther-Matrix“ läuft am Dienstag, den 11. April, um 22:45 Uhr in der ARD. Für Buch und Regie ist Tom Oeckers verantwortlich. Die Redaktion lag bei Ulrike Häfner (SWR), Susanne Sturm (MDR) und Anja Würzberg (NDR). In der Hauptrolle spielt Marek Harloff Carsten von Lupfen. (pro)

Von: jw

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