„Mehr Werte in einer verwestlichten Gesellschaft“

Er ist einer der beliebtesten Fernsehmoderatoren Deutschlands: Markus Lanz. Der RTL-Moderator der Sendung "Exklusiv" ist nicht nur vor der Kamera ein Mensch, dem der Galube wichtig ist. Ein Gespäch mit Markus Lanz über Werte, den Zustand unserer Gesellschaft und Medienerziehung.
Von PRO

Herr Lanz, ein Millionpublikum verfolgte an den Bildschirmen das Bibelquiz mit Thomas Gottschalk, an dem Sie als Prominenter teilgenommen haben. Sie konnten beinahe alle Fragen beantworten, zumindest hat ihr Bibelwissen für den 1. Platz gereicht. Wie haben Sie das geschafft?

Darüber habe ich mich selber gewundert. Offenbar ist aus meiner Schulzeit mehr hängen geblieben als ich vermutet hatte, und ich war auch erstaunt darüber, dass die Theologen bei dem Quiz nicht alles wussten. Trotzdem bin ich mir sicher, dass einer wie Peter Hahne viel, viel mehr über die Bibel weiß als ich. Ich hatte einfach nur Glück.

Also profitieren Sie bis heute von Ihrer Ausbildung in einer Klosterschule.

Das ist sicher so. Dazu kommt, dass ich längere Zeit in meiner Südtiroler Heimat Messdiener war, da kriegt man die Texte ins Ohr, ob man will oder nicht – es sei denn, man wäscht sich die Ohren dauerhaft nicht. Außerdem war mein Vater sehr streng: als Kind musste ich jeden Sonntag zur Messe und zur Andacht und während der Woche mindestens einmal früh morgens in die Kirche. Ich glaube, mein alter Dorfpfarrer hat mich mal als so eine Art klerikales Nachwuchstalent betrachtet – was ich definitiv nicht war!

Über das „Bibel-Quiz“ haben sich viele Christen nicht nur gefreut, sondern auch die teilweise blasphemischen Sketsche kritisiert.

Ich kann die Kritik nicht teilen. Die Inhalte der Bibel sind gut, aber sie müssen natürlich auch vermittelt werden. Mit dem „Bibel-Quiz“ hat Thomas Gottschalk für die Bibel eine enorm große Aufmerksamkeit geschaffen, eine Aufmerksamkeit, die ohne Fernsehen kaum zu kriegen wäre. Fernsehschaffende stehen ja immer in dem in dem Konflikt zwischen Inhalt und Präsentation. Was nützt der beste Inhalt, wenn kein Mensch zuschaut?

Selbst „Spiegel Online“ hat sinngemäß geschrieben, man könne in einer Show, die die Bibel bekannt machen will, nicht gleichzeitig deren Protagonisten ins Lächerliche ziehen.

Natürlich war die Sendung teilweise auch ein Tribut an unsere Spaßgesellschaft. Denn im Gegensatz zu Peter Hahne bin ich der Meinung, es ist noch lange nicht Schluss mit Lustig. Menschen wollen auch unterhalten werden, den Hedonismus der westlichen Welt können wir nicht aufhalten. Thomas Gottschalk hat den Spagat zwischen Inhalt und Form gut hingekriegt. Auch deshalb, weil er jemand ist, dem man ein Leben nach ethischen Werten abnimmt, und der sich nicht nur für eine Show mit der Bibel und dem christlichen Glauben beschäftigt.

Welche Rolle spielt denn in Ihrem Leben der christliche Glaube?

Ich würde sagen: wechselhaft. In meiner Sturm- und Drangphase, so mit 16, 17, war ich so etwas wie ein kritischer Katholik, habe mich über Glaubensfragen mit meiner Mutter gestritten. Mittlerweile weiß ich: ich habe damals so geurteilt wie das heute die meisten Menschen tun: sie betrachten den Vatikan, Papst und die Kirche aus einer Perspektive einer sexualisierten westlichen Gesellschaft. Da kann man schnell zur Auffassung kommen, dass viele Werte und Maßstäbe des Christentums nicht mehr zeitgemäß sind. Ganz anders urteilen aber die Christen etwa in Afrika, Lateinamerika oder auch teilweise in den Vereinigten Staaten über die Kirche. Aus ihrer Sicht sind Verhütung, Zölibat und Pille weit weniger drängende Probleme als die, mit denen sie tagtäglich zu kämpfen haben.

Was kann das Christentum den modernen Menschen von heute Ihrer Ansicht nach denn noch bieten?

Schlichtweg Orientierung. Speziell in Deutschland haben heute die Aktiven aus der 68er-Generation das Sagen und sind der Maßstab, an dem sich junge Menschen zwangsläufig orientieren müssten. Tun sie aber nicht, weil schon bei ihren liberalen Eltern, die in den vergangenen 40 Jahren den Marsch durch die Institutionen angetreten haben, häufig nicht den halt finden, den sie bräuchten. Die Politik bietet diesen halt auch nicht und als Folge daraus wird einfach alles in Frage gestellt und damit als Orientierungspunkt abgelehnt. Hier liegt auch das Geheimnis eines Papstes wie Johannes Paul II. Er hat Orientierung geboten, hat eine feste Position vertreten. Leider vertreten viele protestantische Kirchen diese festen Positionen nicht mehr mit dem Selbstbewusstsein, wie das die katholische Kirche tut. Die Protestanten sind vielfach liberal, die Katholiken hingegen konservativ – und damit sogar „anziehend“. Das ist ein grundsätzliches Problem, nicht nur der Protestanten. Liberale Positionen zu beziehen bedeutet, sich dem Mainstream anzubiedern. Ich persönlich habe ein Problem mit diesem „Klampfenchristentum“ – bei dem nur nette Lieder gesungen werden, aber klare Botschaften vermieden werden, weil man Angst vor Widerspruch hat. Das halte ich für eine ganz schlechte Strategie.

Im „Bibel-Quiz“ erwähnten Sie, dass Sie ihrem vierjährigen Sohn Wissen über Christentum und Glaube vermitteln. Wie machen Sie das?

Das geht zum einen natürlich durch praktisches Vorleben. Ich möchte meinem Sohn vor allem vermitteln, dass es neben der Alltagswelt, die von Turbo-Kapitalismus, Macht und Gier geprägt ist, auch eine Glaubenswelt gibt, die Halt und Orientierung gibt. Und dass Menschen auch dann wertvoll sind, wenn sie nicht funktionieren wie eine Maschine. Außerdem erzähle ich meinem Sohn natürlich auch die Geschichten aus der Bibel, die gerade für Kinder eine große Faszination haben. Und ich finde die Grundbotschaft der Bibel tröstend: da ist einer der immer für dich da ist.

Wie bereiten Sie als Fernsehjournalist Ihren kleinen Sohn auf den Umgang mit TV und Co. vor? Darf er später einmal so viel Fernsehen schauen wie die meisten Kinder in Deutschland – im Durchschnitt mehr als 3 Stunden pro Tag?

Ganz sicher nicht. Wir versuchen unser Kind so gut es geht vom Fernsehen fern zu halten. Andererseits wäre es aber auch weltfremd, sie ganz ohne Glotze aufwachsen zu lassen, meine ich. Kinder müssen mündige Mediennutzer werden. Und man muss Phantasie über das eigene Erleben oder über das Lesen von Büchern entwickeln. Wir hatten damals in Südtirol lange Zeit keinen Fernseher und waren die letzten im Dorf, die einen bekommen haben. Meiner Mutter habe ich als Kind spaßeshalber „gedroht“, dafür später zum Fernsehen zu gehen… Das habe ich dann sogar getan.

Spätestens seit Ihrem Auftritt im „Bibel-Quiz“ oder Ihrer Berichterstattung für RTL aus Rom wissen Ihre Kollegen und die Zuschauer, dass Sie ein Mensch sind, dem Glaube und Kirche wichtig sind. Wie reagieren Ihre Kollegen darauf?

Die finden das gut! Ich habe mit keinerlei Vorurteilen zu kämpfen. Vielleicht waren einige Kollegen und Zuschauer überrascht, dass sich ein RTL-Modertor, der im Ressort Boulevard tätig ist, mit Bibel und Glaube beschäftigt. Dazu sage ich nur: wer von Euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein!

Mit Markus Lanz haben Wolfgang Baake und Andreas Dippel in Köln gesprochen. Foto: Christoph Görlach

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