Von 1.000 Beiträgen in Fernsehnachrichten stehen die katholische oder die evangelische Kirche statistisch nur in vier Beiträgen im Mittelpunkt. Das sagte Christian Kolmer, Redakteur bei Media Tenor, am Montag bei einer Podiumsdiskussion in Berlin, die auf einem von der Katholischen Fernseharbeit veranstalteten Kongress stattfand.
In den öffentlich-rechtlichen Nachrichten seien die Kirchen in nur 0,41 Prozent aller Beiträge ein Thema, stellten die Medienanalysten fest. Bei Privatsendern komme die katholische Kirche in 0,07 Prozent der Beiträge vor, die evangelische Kirche sei so gut wie nicht nachweisbar. Der Studie zufolge wird insgesamt positiv über die Kirchen berichtet. Die katholische Kirche steht demnach bei der Berichterstattung klar im Vordergrund. Die Hälfte aller Berichte über religiöse Organisationen galt der Katholischen Kirche, die Evangelische Kirche kam dagegen nur auf etwas mehr als 1/5 der Berichterstattung. Mit jüdischen Gemeinschaften beschäftigten sich 15, 1 Prozent der Berichte, mit muslimischen 11 Prozent.
Seit der Wahl Benedikt des XVI. zum Papst berichtete das Fernsehen wesentlich intensiver über die Katholische Kirche. Zudem erntete die Katholische Kirche die positivste Berichterstattung – im Gegensatz zu den 90er Jahren, wo das Thema Schwangerenberatung Kritik brachte. Auch beim Blick auf einzelne Repräsentanten der Kirchen fällt auf, dass vor allem katholische Geistliche in den Medien vorkommen. Von den evangelischen ist es Bischof Wolfgang Huber, von dem, an vierter Stelle nach dem Papst, Karl Kardinal Lehmann und Bischof Mixa, berichtet wird.
„Media Tenor“ hatte im Zeitraum zwischen Januar 2001 und Juli 2008 die Nachrichtensendungen „Tagesschau“ (ARD), „heute“ (ZDF), „RTL aktuell“, „Sat.l News“ (jetzt: „Sat.1 Nachrichten“) und „ProSieben Newstime“ untersucht.
Auch das Thema Religion allgemein werde insgesamt wenig beleuchtet, sagte Kolmer. Während etwa das Thema Kriminalität 2,7 Prozent der Sendezeit der öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen einnehme, blieben für religiöse Themen nur 1,17 Prozent. Bei den Privatsendern liege der Anteil sogar bei nur 0,93 Prozent.
Zu wenig Kirchen-Experten in den Redaktionen
Der ZDF-Journalisten Peter Frey, der an der Diskussion teilnahm, äußerte laut einem Bericht des Evangelischen Pressedienstes (epd) die Ansicht, dass das, was im kirchlichen Milieu passiere, von Medien nicht mehr so stark wahrgenommen werde wie in der Vergangenheit. Ein Grund dafür sei, dass es in immer weniger Redaktionen ausgewiesene Experten für das Thema Kirche gebe. Zudem seien viele kirchliche Aktivitäten von geringem öffentlichen Interesse: „Kirche dreht sich zu sehr um sich selbst und erreicht die Menschen außerhalb nicht.“
Frey meinte zudem, dass die Kirche von deutschen Journalisten „mit Samthandschuhen angefasst“ werde. Als Beispiel nannte er die Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche in Deutschland. Die Berichterstattung sei im Vergleich zu den USA wesentlich zurückhaltender, so der Leiter des ZDF-Hauptstadtstudios am Montag bei einer Podiumsdiskussion in Berlin.
Der Chefredakteur des Nachrichtensenders N24, Peter Limbourg, der auch die „Sat.1 Nachrichten“ moderiert, verwies darauf, dass sich die Mehrheit seiner Zuschauer nicht für Kirche interessiere. Dies beeinflusse die Nachrichtenauswahl eines Privatsenders wie Sat.1 noch stärker als die eines Nachrichtenprogramms. (PRO)