„Marsch des Lebens“ nach Dachau

Rund 500 Freikirchler wollen sich auf einen „Marsch des Lebens“ zum Konzentrationslager Dachau begeben. Lutheraner und Juden gehen indes auf Distanz.
Von PRO
Im April will die Initiative "Marsch des Lebens" zum KZ Dauchau wandern. Gegen die Pläne der Freikirchler gibt es Widerstand

70 Jahre nach der Befreiung des Konzentrationslagers (KZ) Dachau will die neupfingstliche Initiative „Marsch des Lebens“ vom 23. bis 26. April 2015 auf drei Routen zu der KZ-Gedenkstätte wandern. Damit soll der Opfer und Überlebenden der grauenvollen Todesmärsche gedacht werden.
Die drei Routen führen von Hersbruck, Kaufering und Mühldorf nach Dachau entlang der Wegstrecken, die KZ-Häftlinge in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges zurücklegen mussten. Zu der Gedenkfeier, die zum Abschluss des Marsches an der Gedenkstätte geplant ist, erwartet Mathias Barthel, einer der Organisatoren, laut der Süddeutschen Zeitung (SZ) rund 500 Teilnehmer.

Neupfingstler mit damönologischer Geschichtsdeutung

Der Landesbeauftragter der Evangelischen Kirche für Gedenkstättenarbeit, Pfarrer Björn Mensing, warnte unterdessen vor der weltweiten Bewegung, wie die Zeitung berichtet. Es handelte sich „um eine neupfingstliche Gruppierung mit einer dämonologischen Geschichtsdeutung“.
Die Initiative „Marsch des Lebens“ veranstaltet seit 2007 Gedenk- und Versöhnungsmärsche an Orten des Holocaust in Europa sowie in den USA und Lateinamerika. Dahinter stehe laut SZ die „TOS Dienste Deutschland e.V.“ (bis 2010 „Tübinger Offensive Stadtmission“), die von Jobst und Charlotte Bittner 1990 in Tübingen gegründet wurde.
„Der Marsch des Lebens steht für die Aufarbeitung der Vergangenheit, für Vergebung und Versöhnung sowie für eine deutliche Stellungnahme gegen Antisemitismus und für Israel“, heißt es auf der Internetseite der Initiative. Ein Marsch des Lebens sei „keine politische Demonstration, sondern eine Gebets- und Gedenkveranstaltung“ heißt es dort weiter.

Gedenkstätte kann Veranstaltung nicht verbieten

Nach der Evangelischen Kirche habe sich auch der Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern von der geplanten Veranstaltung distanziert. Dessen Geschäftsführerin, Karin Offmann, erklärte gegenüber der SZ: „Wir sind nicht begeistert und schließen uns der Einschätzung von Björn Mensing an.“ Mensing, der auch Pfarrer der Versöhnungskirche an der KZ-Gedenkstätte ist, hatte gesagt, er sehe „theologische Sonderwelten“ aus „einer dämonologischen Deutung des Nationalsozialismus und seiner Verbrechen mit psychologischen, genetischen und biblizistischen Deutungen“.
Der Stiftungsrat der Gedenkstätte versagte der Initiative nach Informationen der Zeitung jegliche Unterstützung. In seiner Sitzung am 26. Januar hatten sich die Mitglieder unter Vorsitz des bayerischen Kultusministers Ludwig Spaenle (CSU), eindeutig gegen den „Marsch des Lebens“ ausgesprochen. „Da es sich um keine verfassungsfeindliche Gruppierung handelt“, sei „ein stilles Gedenken genehmigt“ worden, so die Leiterin der KZ-Gedenkstätte Dachau, Gabriele Hammermann. Sie störe, „dass das Schicksal der Überlebenden nicht im Vordergrund steht.“ Es gehe „eher um die Befindlichkeiten der Teilnehmer.“
Der SPD-Chef und Vizekanzler Sigmar Gabriel hatte der Initiative „Marsch für das Leben“ seine „volle Sympathie“ versichert. „Es handelt sich um ein wichtiges Zeichen gegen alten und neuen Antisemitismus“, schrieb er in einem Grußwort in dem „InfoMagazin“ der Bewegung im April 2014. (pro)

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